Das nennt man wohl einen klassischen Vorführeffekt: Als Steffen Bilger (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, sich am Montagnachmittag ein Bild von der Stausituation auf der B 34 und vor der Gemeinschaftszollanlage zwischen Waldshut und Tiengen machen wollte, lief der Verkehr flüssig und Lastwagen waren nur vereinzelt zu sehen.
"Auch wenn jetzt nichts los ist, glaube ich Ihnen, dass hier sonst Stau ist", sagte Steffen Bilger beim Vor-Ort-Termin im Gewerbepark Hochrhein. Auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Felix Schreiner und Oberbürgermeister Philipp Frank war der 39-jährige Politiker aus Berlin nach Waldshut-Tiengen gekommen, um über mögliche Lösungsansätze für die Verkehrsprobleme zu diskutieren.

Wie schlimm der Stau zu Spitzenzeiten ist, zeigte der OB dem Gast aus der Hauptstadt auf: "An Chaostagen können wir uns vor Zuschriften von Bürgern nicht retten", sagte Frank. Kilometerweit steht der Verkehr dann auf der B 34, weil die Lastwagen auf ihre Abfertigung warten. Der Rathauschef fasste die Situation kurz zusammen, die Nikolai Rose, Leiter des Zollamts Waldshut, mit einem Nicken bestätigte: "Morgens ab 5 Uhr kommen die Lastwagen zur Verzollung, ab 7 Uhr fahren die Leute zur Arbeit – dann ist die Straße zu", sagte Frank mit Blick auf die Bundesstraße.
Die Dringlichkeit des Problems unterstrich auch die Anwesenheit von Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, die ebenfalls auf Einladung von Felix Schreiner an den Hochrhein gekommen ist. "Vor einem Jahr hat uns das Problem bewogen, eine Arbeitsgruppe zu gründen", erinnerte Frank. Er und Felix Schreiner waren am 15. Juni dieses Jahres in Berlin, um mit Steffen Bilger über kurz- und langfristige Maßnahmen zu sprechen.
Mögliche Lösungsansätze
Als kurzfristige Lösung nannte Philipp Frank einen zusätzlichen Vorstauraum für die Zollabfertigung. "Der Gemeinderat hat grünes Licht gegeben, kostbare Gewerbeflächen dafür herzugeben", sagte der Oberbürgermeister. Als langfristige Maßnahmen führte er eine zweite Rheinbrücke und eine dritte Spur auf der B 34 östlich des Kreisverkehrs beim Obi auf. In einer dick gefüllten Mappe überreichte Frank dem Staatssekretär die Lösungsvorschläge aus Waldshut-Tiengen. "Wir versuchen als Stadt, ein Problem zu lösen, das im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegt", sagte Frank an den Gast gewandt.
Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer lobte die Eigeninitiative der Stadt Waldshut-Tiengen: Es sei gut, "dass die Stadt bereits auf Flächensuche geht und und nicht wartet, dass der Bund etwas tut". Zu einer zweiten Rheinbrücke sagte Schäfer: "Wir gucken uns das schon lange an." Sie verwies darauf, dass die Nachbargemeinde Koblenz bislang einen zweiten Übergang über den Rhein auf der dem Gewerbepark gegenüberliegenden Rheinseite abgelehnt habe, weil dort ein Wohngebiet liegt.
"Die zweite Brücke muss unbedingt realisiert werden", sagte auch Kurt Wyss, Leiter des Zollinspektorats Schaffhausen. Nicht nur für den Schwerverkehr, sondern auch mit Blick auf den Einkaufstourismus. Über die 2011 in Betrieb genommene Gemeinschaftszollanlage sagte er: "Diese ist zu klein gebaut." War man anfangs von 600 Lastwagen pro Tag ausgegangen, werden dort heute in Spitzenzeiten zwischen 1100 und 1200 Fahrzeuge abgefertigt. "Wenn wir beidseits der Grenze die Brücke angehen, kommen wir zum Ziel", zeigte sich Wyss optimistisch.
Wie es nun weitergeht
"Wir begrüßen alles, was zur Verbesserung beiträgt", sagte Steffen Bilger, nachdem er sich die Sorgen und Wünsche vor Ort angehört hat. "Das Projekt Rheinbrücke sehen wir positiv, auch wenn es nicht Teil des Bundesverkehrswegeplans ist." Der Politiker sieht aufgrund der guten Haushaltslage Chancen auf eine Realisierung. Allerdings sei zunächst die Stadt am Zug, wie Bilger auf Nachfrage in einem anschließenden Redaktionsgespräch, über das wir noch gesondert berichten werden, sagte. Erst wenn die Pläne der Stadt über die Schreibtische des Regierungspräsidiums und des Landesverkehrsministers gewandert sind, landen sie beim Bundesverkehrsministerium in Berlin. Wie bei der A 98 gilt auch bei der zweiten Rheinbrücke: Je mehr Einigkeit über das Projekt herrscht, desto größer die Chance auf eine Umsetzung.

Maßnahmen gegen den Stau vorm Zoll
Oberbürgermeister Philipp Frank hat Staatssekretär Steffen Bilger eine Mappe mit konkreten Maßnahmen gegen das Stauproblem mit auf den Weg nach Berlin gegeben. Das sind einige der Eckpunkte.
- Die Gemeinschaftszollanlage: Fast auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 8. August 2011, nahm die Gemeinschaftszollanlage im Gewerbepark Hochrhein ihren Betrieb auf. Zuvor wurden die rund 600 Lastwagen, die damals täglich die Grenze überquerten, direkt an der Grenze abgefertigt. Dies verursachte häufig Stausituationen auf der Rheinbrücke. Aus Platzgründen entschied man sich damals, die neue Anlage zwei Kilometer im Landesinneren zu bauen, was einmalig in Deutschland ist.
- Der zweite Vorstauraum: Der Stau hat sich von der Rheinbrücke auf die B 34 verlagert. Dort stauen sich die Lastwagen, die auf die Abfertigung beim Zollhof warten, oftmals über den Kreisverkehr hinaus bis auf die B 34. Einer der Lösungsmöglichkeiten wäre ein zweiter Vorstauraum. „In Spitzenzeiten sind es 80 bis 100 Stellplätze zu wenig“, sagte Dieter Bollinger, Leitender Baudirektor beim Baureferat Süd des Regierungspräsidiums.
- Die dritte Spur: Eine zusätzliche Spur auf der Bundesstraße 34 nannte Oberbürgermeister Philipp Frank als weitere Maßnahme gegen den Stau. Der dreistreifige Ausbau ist von der A 98-Abfahrt bis zum Kreisverkehr auf der B 34 beim Obi vorgesehem. Eine Machbarkeitsstudie wurde bereits aufgestellt. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Dieter Bollinger. Dennoch rechnet er mit der Fertigstellung frühestens in fünf bis zehn Jahren.