Mehr als drei Jahrzehnte lang war sie an vorderer Stelle Teil des kommunalpolitischen Geschehens Waldshut-Tiengens und des Landkreises Waldshut. Als Anerkennung dieses Engagements erhält Rita Mosel (80) das Bundesverdienstkreuz. Am Freitag, 6. September, wird die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges Mosel die Auszeichnung im Rahmen einer Feierstunde in der Waldshuter Stadthalle überreichen. Im Gespräch mit unserer Zeitung zieht die Geehrte persönlich Bilanz über Jahre, die turbulent und bisweilen anstrengend waren, aber auch immer menschlich gewinnbringend und reich an Überraschungen.
Wahl zur Stadträtin eine große Überraschung
Schon allein der Umstand, dass sie 1989 um einen Sitz im Gemeinderat von Waldshut-Tiengen antrat und dann auch noch gewählt wurde, sei eine handfeste Überraschung gewesen, erinnert sich Rita Mosel aus heutiger Sicht: „Als Zugezogene habe ich mir keine großen Chancen ausgerechnet.“ Und dennoch habe sie sich vom damaligen CDU-Gemeinderat Otto Straub wie auch von ihrem Ehemann Alfred Mosel zu diesem Wagnis überreden lassen.
Alfred Mosel war 1986 als Chefarzt der Gynäkologie aus dem westfälischen Hamm ans Krankenhaus nach Waldshut-Tiengen gewechselt, und Ehefrau Rita und die beiden gemeinsamen Töchter waren mit an den Hochrhein gezogen. „Mir hat es hier von Anfang an wahnsinnig gut gefallen“, sagt Rita Mosel. Sie habe sich schnell ins Vereinsleben integriert, insbesondere als Sängerin beim Liederkranz Waldshut. Die Menschen, die Stadt, die kurzen Wege, auch zu Schulen und Arbeitsplatz – es habe viele Aspekte gegeben, die der Familie das Ankommen am Hochrhein erleichtert haben.
Als Hebamme habe sie zudem schnell einen engen Draht zu jungen Familien geknüpft. Bis heute gibt sie regelmäßig Geburtsvorbereitungskurse und Kurse in Babymassage: „Ich halte es für wichtig, auch auf junge Menschen zu hören und deren Anliegen und Bedürfnisse ernst zu nehmen“, nennt Mosel als Credo ihres Schaffens.
Ob diese Haltung auch zu ihrem Erfolg bei den Wählern beigetragen hat, ist natürlich spekulativ. Fakt ist aber, dass ihr trotz vermeintlich fehlender Bekanntheit und wenig aussichtsreichem Listenplatz bei der CDU auf Anhieb der Sprung in den Gemeinderat von Waldshut-Tiengen gelungen ist.

Nach zehn Jahren Gemeinderat auch Sprung in die Kreispolitik
Nachdem sie mit der Parteipolitik anfangs noch etwas gefremdelt habe, entschied sich Mosel ein Jahr später auch für den Eintritt in die CDU. Und: „Da meine Wahlergebnisse so gut waren, wurde ich bald nach der Kandidatur für den Kreistag angefragt.“ 1999 erfolgte ihr Einzug in dieses Gremium.
„Ich wurde danach immer wieder gewählt. Die Arbeit hat mir großen Spaß gemacht“, sagt Mosel heute. Jeweils drei Oberbürgermeister und drei Landräte habe sie in dieser Zeit erlebt. Zehn Jahre lang war sie Stellvertreterin des Oberbürgermeisters, zuletzt war sie fünf Jahre stellvertretende Vorsitzende des Kreistags.
Unbequeme Themen und Entscheidungen begleiten Tätigkeit

Aber ehrenamtlich Politik zu machen, an der Weichenstellung für städtische und Landkreis-Entwicklung mitzuarbeiten, sei durchaus anstrengend gewesen, denn damit mache man sich zwangsläufig nicht nur Freunde. Erst recht, wenn man die Fülle an Aufgaben, Krisen und Kontroversen bedenkt, die die vergangenen Jahre und Jahrzehnte begleitet haben.
Der Bau der Verbindungsbrücke von B 500 an die B 34, die Abschaffung der unechten Teilortswahl, auch das noch immer relativ angespannte Verhältnis zwischen Waldshut und Tiengen seien bestimmende Themen ihrer ersten Jahre im Amt gewesen, sagt Mosel. Dass sich gerade die Befürchtung der Benachteiligung der Ortsteile nicht bewahrheitet habe und Vorbehalte zwischen den beiden Städten im Lauf der Zeit abgebaut werden konnte – es seien Erfolge die vielen Protagonisten, die sich dafür eingesetzt hätten, so Mosel.
Aber auch auf Kreisebene habe es viele unangenehme Themen gegeben – gerade im gesundheitspolitischen Bereich. Die Beschlüsse zur Schließung der Krankenhäuser in Bad Säckingen und Stühlingen seien hier Höhepunkte gewesen: „Wir als Entscheidungsträger wurden massiv angefeindet, teilweise bis heute“, so die kommunalpolitische Veteranin.
Und gerade die Einschnitte im Gesundheitswesen seien ihr aufgrund ihrer persönlichen Verbundenheit durch ihre Arbeit als Hebamme sehr nahe gegangen. Aber dennoch habe es sich um Entscheidungen gehandelt, die unumgänglich gewesen seien, weil die vorhandene Situation aus damaliger wie heutiger Sicht nicht mehr tragbar gewesen sei.
Ende der politischen Laufbahn bewusst gewählt
Ebenso wichtig wie der engagierte Einsatz zum Wohle der Allgemeinheit war für Rita Mosel aber auch, den richtigen Zeitpunkt für das Ende ihrer politischen Laufbahn zu finden. „Man muss irgendwann einfach an Jüngere übergeben“, sagt sie. Sie hat den Abschied bereits vor fünf Jahren eingeläutet, als sie sich nicht mehr um einen Gemeinderatssitz beworben hatte. In diesem Jahr folgte der Abschied vom Kreistag.
„Es war eine wirklich gute Zeit, ich hatte es mit guten Kollegen im Gremium zu tun, es gab viele interessante Begegnungen und durchaus auch Erfolge. Aber jetzt ist es auch in Ordnung, dass es vorbei ist“, resümiert Mosel.
Denn das gewähre ihr auch wieder mehr Freiheit ohne Terminstress und öffentliche Verpflichtungen. „Ich kann mir jetzt aussuchen, wohin ich gehen möchte, habe mehr Zeit für Hobbys, berufliche Themen und meine vier Enkel“, bringt Mosel es auf den Punkt. Freilich bleibe sie aber auch weiter sehr interessiert, was die Themen der Region anbelangt – und die Lektüre unserer Zeitung gehöre für sie weiterhin zum morgendlichen Pflichtprogramm, um über alles auf dem Laufenden zu bleiben.
Auszeichnung überrascht Mosel sehr
Aber wie Rita Mosels politische Laufbahn mit einer Überraschung begonnen hat, so bildet auch eine Überraschung deren krönenden Abschluss. Denn dass sie für ihre Leistungen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wird, damit habe sie nicht gerechnet: „Ich war wirklich perplex, als ich davon erfahren habe“, konstatiert sie.
Gerade weil ihr diese Arbeit so viel Spaß gemacht habe, sei ihr eine solche Ehrung gar nie in den Sinn gekommen. Umso größer die Freude und Dankbarkeit, dass ihr nun auf Antrag des CDU-Bundestagsabgeordneten Felix Schreiner diese Ehre zuteil werde: „Natürlich habe ich über die Jahrzehnte viel Zeit und Energie in die ehrenamtliche Arbeit investiert. Da ist diese Auszeichnung wirklich eine besondere Form der Anerkennung.“