Während die Atmosphäre bei der ersten Kandidatenvorstellung in Waldshut noch rauer und aggressiver war, hatten sich die Gemüter tags drauf in Tiengen etwas beruhigt. Die Fragen aus dem Publikum waren in der Summe projektbezogen und erhielten sachliche Antworten.

Kleine Ausnahmen waren nur jene kritischen Anfragen, bei denen Amtsinhaber Philipp Frank zu etwas Patzigkeit neigte, wie er sich auch in seiner Vorstellungsrede larmoyant über den teils ruppigen Wahlkampf beklagte.

Philipp Frank antwortet auf eine Bürgerfrage.
Philipp Frank antwortet auf eine Bürgerfrage. | Bild: Völk, Melanie

Bei einigen Themenbereichen zeigte sich Frank sprechfähiger als sein Herausforderer, da er als amtierender OB auf dem aktuellen Sachstand war. Gruner musste sich hier offen zur Lücke bekennen.

Martin Gruner bei seiner 15-minütigen Vorstellung.
Martin Gruner bei seiner 15-minütigen Vorstellung. | Bild: Völk, Melanie

Unterm Strich hielten beide Kandidaten die ähnliche Vorstellungsrede wie zuvor in Waldshut. Auffallend auch in Tiengen: Bei den Bürgerfragen meldeten sich viele Gemeinderäte zu Wort, teils mit ähnlichen Fragen wie am Vortag.

Bei der Bewerbervorstellung meldeten sich viele Gemeinderäte zu Wort, wie hier Claudia Linke (Grüne).
Bei der Bewerbervorstellung meldeten sich viele Gemeinderäte zu Wort, wie hier Claudia Linke (Grüne). | Bild: Völk, Melanie

Wie steht es um die Zukunft des Pflegeheimes St. Josef?

Spezielle Tiengener Themen kamen von örtlichen Bürgern. Dies betraf beispielsweise die Zukunft des Altenpflegeheimes St. Josef. Waldemar Herz aus Tiengen macht sich um die Einrichtung Sorgen, die bekanntlich 2026 die neue Heimbauverordnung erfüllen muss. Danach steht jedem Bewohner ein Einzelzimmer zu. Um- oder Neubau am bisherigen Standort werden ausgeschlossen.

Waldemar Herz aus Tiengen stellte eine Frage zur Zukunft des Altenpflegeheims St. Josef in Tiengen.
Waldemar Herz aus Tiengen stellte eine Frage zur Zukunft des Altenpflegeheims St. Josef in Tiengen. | Bild: Völk, Melanie

OB Philipp Frank konnte von Bemühungen und der Unterstützung der Stadt bei der Grundstückssuche des kirchlichen Trägers berichten, die bislang jedoch erfolglos war. Er versprach alles zu tun, um das Heim in Tiengen zu halten. Aber auch wenn dies gelänge, so Frank, bleibe die große Herausforderung, einen Investor und ausreichend Personal zu finden. Herausforderer Gruner kannte hier den aktuellen Stand der Entwicklung nicht im Detail. Gleichwohl sieht auch er es als wichtige Aufgabe, dieses Pflegeheim für im Stadtteil Tiengen zu halten.

Kritik aus Gurtweil

Kritik an OB Frank kam aus der Gurtweiler Ecke. Engelbert Meier, der sich für eine Verlegung des Umspannwerkes engagiert hatte, warf dem Amtsinhaber vor, sich hier nicht ausreichend ins Zeug gelegt zu haben. Das Areal wäre für Gurtweil eine bedeutende Potenzialfläche gewesen, so Meier. „Warum haben Sie das Thema nicht zur Chefsache gemacht?“, fragte Meier den OB.

Engelbert Meier wollte von OB Philipp Frank wissen, warum er die Verlegung des Umspannwerkes nicht zur Chefsache gemacht hat.
Engelbert Meier wollte von OB Philipp Frank wissen, warum er die Verlegung des Umspannwerkes nicht zur Chefsache gemacht hat. | Bild: Völk, Melanie

Der konterte: „Sie wissen nicht, wieviel Zeit ich mit diesem Thema verbracht habe.“ Das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie habe aber gezeigt, dass eine Verlegung des Umspannwerkes etwa auf den Hungerberg 100 Millionen Euro kosten würde. Die betreffenden Netzbetreiber seien bei dieser Summe nicht dazu bereit gewesen. Und für die Stadt sei dies nicht zu schultern, so Frank

Kandidat Martin Gruner gab Engelbert Meier recht, was die Bedeutung der Fläche für Gurtweil und die Gesamtstadt angeht. Unter Umständen wäre dies sogar eine Fläche für das Zentralklinikum gewesen, so Gruner, das nun stattdessen bei Albbruck gebaut wird. „Vielleicht hat die Stadt da auch ein bisschen zu früh aufgegeben“, war eine der wenigen Sticheleien an diesem Abend, der aber prompt vom Amtsinhaber widersprochen wurde.

Themen-Mix von E-Mobilität bis Personalgewinnung

Weitere Themen des Abends waren etwa E-Mobilität, Ladeninfrastruktur in der Innenstadt, Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden, Jugendbeteiligung sowie Personalgewinnung durch Anreize bei der Akquise. Die beiden Bewerber sahen hier gemeinsam durchweg Handlungsbedarf und hatten ähnliche Vorstellungen.

Martin Gruner und Philipp Frank stellen sich bei der Bewerbervorstellung den Fragen der Bürger.
Martin Gruner und Philipp Frank stellen sich bei der Bewerbervorstellung den Fragen der Bürger. | Bild: Völk, Melanie

Mehrkosten-Thema öffentlich oder nicht-öffentlich?

Den Schlusspunkt der Fragerunde setzte Gemeinderat Thomas Hilpert mit den Mehrkosten bei der Feuerwehr-Kita. Er störte sich daran, dass das Thema am kommenden Montag offenbar nicht-öffentlich im Gemeinderat beraten werden soll. Hilpert verlangte stattdessen eine öffentliche Beratung.

Gemeinderat Thomas Hilpert fragte, warum die Mehrkosten bei der Feuerwehr-Kita im nicht-öffentlichen Teil des Gemeinderats behandelt werden.
Gemeinderat Thomas Hilpert fragte, warum die Mehrkosten bei der Feuerwehr-Kita im nicht-öffentlichen Teil des Gemeinderats behandelt werden. | Bild: Völk, Melanie

„Die Bürger haben ein Recht, das zu erfahren“, begründete er seine Forderung. Philipp Frank nahm jedoch weder zur Frage der Nicht-Öffentlichkeit noch zu den Mehrkosten Stellung. Er sei als Kandidat hier in der Halle und nicht als OB und werde dazu nur soviel sagen: „Der Gemeinderat wird eine genau Kostenaufstellung erhalten.“

Herausforderer Gruner konnte keinen Grund für eine nicht-öffentliche Behandlung des Themas erkennen. „Solche Bausachen sollten öffentlich behandelt werden,“ forderte auch er. Aber OB Frank beharrte: „Und es gibt doch Gründe für Nichtöffentlichkeit“. Welche ließ er offen.

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