Auf großes Interesse stieß am Freitagabend die Gründungsversammlung der „Interessensgemeinschaft Pro Wehratalbahn“ (IG): Die Vereinsräume der Eisenbahnfreunde Wehratal, die die Initiative federführend vorbereitet hatten, waren proppenvoll: 40 Interessierte zeigten die Bedeutung der Initiative. 22 von ihnen entschlossen sich noch am selben Abend, bei der IG, die künftig als Verein geführt wird, mitzumachen. „Es ist nur ein Schritt auf dem Weg zur Reaktivierung der Wehratalbahn, aber es ist ein wichtiger Schritt“, hob Bürgermeister Michael Thater hervor.

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„Wir bekommen in Stuttgart nur Gehör, wenn sich auch die Bürger für das Projekt positionieren.“ Wie der künftige Vorsitzende der IG Johann Heimlich betonte, gehe darum zu zeigen, dass die Idee der Reaktivierung „kein Hirngespinst von vier Bürgermeistern ist, sondern ein realistisches und vernünftiges Projekt.“ Er verwies auf drei andere Bahnstrecken in Baden-Württemberg, die in den letzten 20 Jahren reaktiviert worden seien und die die zuvor gestellte Prognose der Fahrgastzahlen mittlerweile bei weitem übertroffen haben. Dass auch die Wehratalbahn Potential für eine Reaktivierung habe, hatte der Nahverkehrsexperte Ulrich Grosse schon vor gut zehn Jahren festgestellt. Derzeit erstelle Grosse für die Stadt eine aktualisiertes Kurzgutachten, teilte Michael Thater mit.

Über 60 stillgelegte Strecken hatte das Verkehrsministerium schon vor einigen Jahren ins Auge für eine mögliche Reaktivierung gefasst. Davon sind aktuell 41 in einer vereinfachten Potentialuntersuchung, mit der die Zahl bis Ende 2020 auf rund 15 Strecken reduziert wird. Diese Strecken werden dann vertieft untersucht und eine erste Kostenabschätzung erstellt. „Da müssen wir dabei sein“, so Bürgermeister Michael Thater. Er sieht die Wehratalbahn nicht nur als wichtiges Nahverkehrsprojekt für Schopfheim, Hasel, Wehr und Bad Säckingen, sondern auch als Teil einer Ringbahn für den Großraum Basel. Deshalb erwartet er auch Interesse und Unterstützung der Schweizer Nachbaren – ähnlich wie bei der Wiesentalbahn oder der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke.

Unterstützung bekam die IG auch von der „IG Pro Schiene Dreiland“. Deren Vorsitzender Karla Argast, der auch für die SPD im Lörracher Kreistag sitzt, wünschte dem Verein einen langen Atem. „Man muss auch gegen Ignoranten ankämpfen“, so Argast. Allerdings sei der öffentlicher Nahverkehr in den letzten Jahren in aller Munde. „Lange ging da nicht viel. Aber seit 2014 rennen wir mit dem Thema offene Türen ein.“

Zuspruch bekam die IG im Vorfeld schon von der Politik: Auch wenn sich von den vier direkt betroffenen Bürgermeistern drei wegen anderer terminlicher Verpflichtungen entschuldigten, hätten alle ihre Unterstützung zugesagt, so der künftige Vereinsvorsitzende Johann Heimlich. Auch von Landräten, Landtags- und Bundestagsabgeordneten habe es schon im Vorfeld positive Rückmeldungen gegeben: Neben den Landräten Marion Dammann (Lörrach), Martin Kistler (Waldshut), den Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), Felix hätten auch die Landtagsabgeordneten Sabine Hartmann-Müller (CDU), Rainer Stickelberger (SPD) und Joshua Frey (Grüne) ihre Unterstützung für das Projekt zugesagt hatten.

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Ein Wortgefecht lieferten sich am Rande der Versammlung Bürgermeister Thater und sein Amtsvorgänger Klaus Denzinger. Als einer der Sprecher der „IG Bahnhof Brennet“ hatte Denzinger zwar betont, die neue Initiative zur Wehratalbahn stehe in keinerlei Konkurrenz zu seiner IG. Er nutzte die Aussprache allerdings zur Kritik an der Stadt in Bezug auf den Bahnhalt in Brennet. „Ein Trauerspiel“ sei, dass die die Stadt nichts zur Aufwertung des Bahnhaltepunktes beitrage, dies habe aus seiner Sicht Priorität vor einer „Vision Wehratalbahn„. Mit Blick auf die nahende Elektrifizierung sei der Bahnhalt Brennet „eine Aufgabe, die heute ansteht“. „Mir kommen die Tränen, wenn ich das sehe“, so Denzinger zu den aus seiner Sicht mangelnden städtischen Aktivitäten. Thater nannte Denzingers Vorwürfe „glatt gelogen“: „Die Stadt wird im Zuge der Elektrifizierung 1,8 Millionen Euro in den Bahnhof Brennet investieren.“ Als Kreisrat wisse das Denzinger natürlich alles, daher sei diese Kritik unzutreffend und reiner Populismus. Auch der städtische Verkehrsbeauftragte Clemens Thoma wies die Kritik Denzingers zurück: Gerade erst habe er potentielle Interessenten durch das Bahnhofsgebäude geführt. „Sie wissen doch gar nicht, was läuft“, so Thoma.

Der Verein

Zum Vorsitzenden des neuen Vereins „Interessensgemeinschaft Pro Wehratalbahn“ wählte die Versammlung einstimmig Johann Heimlich aus Efringen-Kirchen, der auch Vorsitzender der Eisenbahnfreunde ist. Stellvertreter ist der frühere Bad Säckinger Stadtbaumeister Michael Rohrer, Kassierer Clemens Thoma. Schriftführer ist Christian Heinemann, Beisitzer sind Helmut Steinebrunner und Ralf Maltry. Beim Wehrer Nikolausmarkt am 7. Dezember wird die IG mit einem Informationsstand vertreten sein.