Schafe auf einer Streuobstwiese im Gewann Kronbühl oberhalb von Ludwigshafen, Sonnenschein und beste Seesicht – mehr Idylle geht kaum. Dabei übernehmen die Tiere auf dieser Fläche eine wertvolle Aufgabe: Sie betreiben Biotop-Pflege.
Die 51 Schafe und 64 Lämmer auf dem ersten Flächenabschnitt gehören den Schäfern Ingo Hinze und Bernhard Wünsche vom Waasenhof in Sentenhart (Gemeinde Hohenfels). Täglich kommen sie her, um zu kontrollieren, dass es den Tieren gut geht und der Zaun intakt ist. Außerdem wird das Trinkwasser aufgefüllt und die Hunde bekommen etwas zu fressen. Zwei Herdenschutzhunde behüten die Schafe nämlich Tag und Nacht.
Sven Gebhart vom Landschaftserhaltungsverband (LEV) Konstanz ist mit den beiden Männern vor Ort, um über Sinn und Zweck der Beweidung zu informieren. Er sagt, die Fläche, die als Kernfläche ein wichtiger Teil des Biotopverbunds ist, sei insgesamt fünf Hektar groß.
Fast das ganze Gebiet wird beweidet
Gut vier davon würden nach und nach beweidet. Er spricht von einer Portionsweide. „Wenn das Gras hier zu etwa zwei Dritteln heruntergefressen ist, ziehen die Tiere um“, erklärt Ingo Hinze. Stück für Stück weiden die Tiere also auf der gesamten Fläche.
Die Schafe halten die Wiese kurz und beißen Gehölze zurück. Damit erhalten und pflegen sie die Offenlandschaft und schaffen gute Bedingungen für die Ansiedlung selten gewordener und speziell angepasster Tier- und Pflanzenarten. Denn überall gibt es dank ihnen verschiedene Wuchsstadien, die Insekten und andere Tiere anziehen.
Flächeneigentümer mussten zustimmen
Über die Wintermonate wurde die Fläche, die zur Gemarkung Espasingen gehört, aber direkt an das Wohngebiet an der Kronbühlstraße grenzt, vorbereitet. Einige Stellen wurden gemulcht, weil es dort beispielsweise extrem viele Brombeersträucher gab. Die Flächeneigentümer wurden zuvor durch den LEV schriftlich um ihr Einverständnis bezüglich der Beweidung gebeten, sagt Sven Gebhart.
Zwei unterschiedliche Rassen sind hier beieinander: Die eine, Scottish Blackface, ist eine urtümliche Landschaf-Rasse aus dem Norden Großbritanniens, die andere ist das Zackelschaf, eine alte ungarische Rasse.
Vor allem die Zackelschafe seien genügsam, erklärt Bernhard Wünsche. „Sie fressen Brennnesseln, haben unempfindliche Klauen, können auch in feuchteren Gebieten stehen und verbeißen Sträucher.“ Ziel des Einsatzes sei es schließlich, die Fläche offen zu halten. Deshalb werden auch zunächst keine weiteren Bäume gepflanzt.
Vorhandene Bäume werden geschützt
„Es gibt immer weniger Räume für Tiere, die solche offenen und halboffenen Flächen benötigen“, macht Sven Gebhart klar. Die Schäfer betonen, die Schafe gingen eher nicht an die vorhandenen Obstbäume. Doch im Laufe des Jahres und im nächsten Jahr würden die Stämme der Streuobstbäume noch mit Maschendraht vor Verbiss und Schälen durch die Weidetiere geschützt – vor allem durch die Ziegen, die dann auf der Fläche sein werden.

Die italienischen Herdenschutzhunde der Rasse Cane da Pastore Maremmano-Abruzzese, die vierjährige Bella und der anderthalbjährige Zerberus, kommen gleich angesprungen. Ein wenig sehen sie aus wie eine Kreuzung aus Eisbär und Schaf.
Rangordnung in der Herde ist klar
Bernhard Wünsche sagt zu ihrer Aufgabe: „Sie sollen selbst entscheiden, was eine Gefahr darstellt. Sie sollen sich als Teil der Herde fühlen, nicht als Chefs.“ Beobachte man zum Beispiel Trampelpfade, müsse mal der Hund, mal das Schaf ausweichen.
„Die Hunde schützen ihre Herde vor allem, was gefährlich werden könnte“, fährt der Schäfer fort. „Sobald der Hund denkt, jemand will den Schafen etwas tun, wird derjenige als Feind gesehen.“ Deshalb sollten die Tiere nicht gestreichelt oder gefüttert werden.
Außerdem sei normalerweise Strom auf dem Zaun. Falls der Hund den Zaun berühre, weil er Gefahr durch einen Menschen wittere, und einen elektrischen Schlag bekomme, denke er, der Mensch habe ihm wehgetan.
Gassirunde sollte nicht nachts zu Schafen führen
Auch Ingo Hinze wirbt um Verständnis: In den ersten Nächten auf einer neuen Fläche hätten die Hunde etwas mehr zu tun. Ein Problem seien nächtliche Spaziergänger. „Da schlagen die Hunde an. Auch Beutegreifer sind hauptsächlich nachts unterwegs. Es muss ein Umdenken stattfinden, gegenseitige Rücksichtnahme ist erforderlich“, bittet er und schlägt vor, dass Hundebesitzer ihre nächtliche Runde so legen, dass sie nicht an den Schafen entlangführt. Ein Spaziergang auf dem Weg oberhalb der Fläche bei Tageslicht sei dagegen unproblematisch.
Raubtiere sind mittlerweile zur Gefahr geworden
Beide Schäfer bekräftigen, ohne Herdenschutzhunde könne man eine solche Beweidung mit Schafen und Ziegen inzwischen kaum noch leisten. „Lange hat es ohne Hunde funktioniert, doch ein Luchs oder ein Wolf, der in die umzäunte Fläche eindringt, stellt eine große Gefahr für die Schafe dar, die nirgendwohin entkommen können.“ Und es gebe sowohl in Bodman wie auch in Ludwigshafen einen Luchs, betont Hinze.
Besucher, die kommen, um die Tiere zu beobachten, sind gern gesehen. Im Sommer gibt es vielleicht einen weiteren Grund für eine Stippvisite: Die vierjährige Bella soll Welpen bekommen. Diese werden draußen zur Welt kommen und in die Herde, also gewissermaßen in ihr Rudel, hineingeboren.