Ein kurzer Piks, und Lukas Menges hat es geschafft. Der 32-jährige Konstanzer hat über eine WhatsApp-Gruppe von Freunden erfahren, dass die Malteser seit Montag dreimal pro Woche abends im Bürgersaal impfen. „Ich habe mir sofort einen Termin gebucht und kam zum Glück noch zum Zug“, so Menges. Nun hat er seine dritte Spritze gegen das Coronavirus im Arm.

Hier gibt es Impftermine

So viel Glück wie er haben nicht alle Bürger. „Als wir die Termine für diese Woche freigeschaltet haben, war nach drei Stunden alles ausgebucht“, sagt Martin Schröpel, bei der Stadt Konstanz zuständig für bürgerschaftliches Engagement und auch beteiligt beim Aufbau von Impf-Infrastruktur für Konstanz.

„Die Malteser sind mit Herzblut dabei“

Weitere Termine werden bewusst nicht zu lange im Voraus freigegeben. „So werden Doppelungen mit Buchungen bei den Hausärzten verhindert“, sagt Schröpel. Er lobt den Einsatz der Ehrenamtlichen, die nun im Bürgersaal einen offiziellen Impfstützpunkt organisiert haben: „Die Malteser sind mit Herzblut dabei, schon beim Aufbau hat es hier vor Energie vibriert. Die Malteser sind top organisiert und unverzichtbar.“

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Auch Thomas Traber, Leiter des städtischen Personal- und Organisationsamts, ist dankbar für den beherzten Einsatz der Ehrenamtlichen: „Wir als Stadt hätten es nicht so schnell geschafft, die Infrastruktur nach dem Schließen der Impfzentren wieder aufzubauen. Deshalb sind wir sehr froh über die Hilfe der Malteser, denn auch die niedergelassenen Ärzte tun zwar, was sie können, aber es muss schneller vorangehen mit dem Impfen.“

Denselben Gedanken hatte auch Michael Norgauer, Stadtbeauftragter der Malteser, Gliederung Konstanz. „Vor gut einer Woche habe ich gesagt, dass wir was tun müssen“, erzählt er dem SÜDKURIER. „Es ist naiv zu denken, dass die Politik das schon richten wird oder dass der Hausmeister das ehemalige Impfzentrum einfach wieder aufschließt.“ Er telefonierte mit Stefan Senn, dem stellvertretenden Bezirksgeschäftsführer der Malteser Bodensee, und mit dem Vereinsarzt Volker Kurzweg.

Michael Norgauer, Stadtbeauftragter der Malteser Konstanz.
Michael Norgauer, Stadtbeauftragter der Malteser Konstanz. | Bild: Kirsten Astor

Die drei aktivierten ihre Kontakte zu Ärzten und anderem medizinischen Personal. Auch die rund 170 Malteser-Mitglieder in Konstanz wurden gefragt, ob sie helfen möchten. Schnell wurde klar: Das klappt. „Doch dann fing es mit unendlich viel Bürokratie an, schließlich sind wir in Deutschland“, sagt Michael Norgauer und lacht. Drei Tage lang klärte er logistische und Haftungsfragen, organisierte Impfstoff und Material, kümmerte sich um Stempel und QR-Codes.

Volker Kurzweg, Leitender Notarzt und Gliederungsarzt der Malteser Konstanz.
Volker Kurzweg, Leitender Notarzt und Gliederungsarzt der Malteser Konstanz. | Bild: Kirsten Astor

„So einfach ist der Aufruf, dass Mann und Maus jetzt impfen sollen, überhaupt nicht“, sagt Norgauer im Hinblick auf das Zitat von Lothar Wieler, Leiter des Robert-Koch-Instituts. Doch Norgauer, genau wie Anästhesist und Leitender Notarzt Volker Kurzweg, ist seit rund 40 Jahren Mitglied der Malteser und weiß, was zu tun ist. So sagt auch Pressesprecherin Silvia Baumann: „Wir sind Katastrophenschützer und können einfach organisieren.“

„Die Leute sind alle sehr dankbar“

So halten rund 50 Ehrenamtliche und zehn Ärzte den Impfstützpunkt im Bürgersaal am Laufen. Sie haben sich fast schon häuslich eingerichtet, mit Kaffeemaschine und Brötchen. Die jüngsten Helfer sind 18, die ältesten 75. Weitere Freiwillige dürfen sich gern melden (Kontaktdaten siehe oben). Aufgebaut sind zwei Impfstraßen, in denen alle drei Minuten geimpft wird. „So schaffen wir insgesamt rund 160 Impfungen pro Abend“, rechnet Michael Norgauer vor. Diese Woche kommt Biontech zum Zug, kommende Woche zusätzlich Moderna.

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„Welchen Impfstoff wir erhalten, können wir nicht beeinflussen“, sagt Norgauer. Doch klar ist: Es wird genug sein. Thomas Traber erklärt: „Als offizieller Impfstützpunkt haben wir direkten Zugriff auf die Zentralapotheke des Konstanzer Klinikums und die wird gut versorgt.“ Weitere Vorteile von Impfstützpunkten sind, dass auch pensionierte Ärzte direkt über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen können und dass Haftungsfragen geklärt sind. Deshalb soll bald das Bodenseeforum zum zweiten Impfstützpunkt in Konstanz werden.

Es ist 20.30 Uhr, noch immer herrscht Hochbetrieb im Bürgersaal. Dort werden wenige Erstimpfungen verabreicht; die meisten kommen zum Boostern. „Die Leute sind alle sehr dankbar“, erzählt Volker Kurzweg, der schon als Jugendlicher zu den Maltesern stieß. „Es muss einfach vorangehen mit dem Impfen, auch wenn es für die vierte Welle nicht mehr viel hilft. Aber wir wollen ja keine fünfte mehr.“

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Auch Jan Clemens, 24-jähriger Gesundheits- und Krankenpfleger am Klinikum Konstanz und Malteser-Mitglied, ist durch seinen Beruf direkt von der Pandemie betroffen. Motivation genug, um nach dem anstrengenden Arbeitstag auch noch ehrenamtlich anzupacken: „Ich will meinen Beitrag dazu leisten, dass weniger Menschen im Krankenhaus landen.“ Ihm gegenüber am Tisch sitzt Hubert Weber, beide ziehen den Impfstoff auf Spritzen auf. Weber ist Krankenpfleger am Zentrum für Psychiatrie Reichenau und drückt seine Motivation noch anders aus: „Die Politiker schwätzen und wir machen halt.“