Die Umstellung von Einweg- auf Mehrweggeschirr in der Konstanzer Gastronomie ist dem Umweltschutz dienlich. Ab dem kommenden Jahr sind Restaurants, Caterer und Lieferdienste, mit Ausnahme kleiner Betriebe, verpflichtet, ihren Kunden Mehrweg- als Alternative zu Einwegbehältern anzubieten.

Der Konstanzer Gemeinderat will den Gastronomen deshalb Anreize zur Einführung von Mehrweggeschirr bieten. Die Stadtverwaltung hat jetzt dem Haupt- und Finanzausschuss (HFA) einen Vorschlag unterbereitet, der nicht jeden Stadtrat überzeugt. Der Fördertopf beinhaltet 5000 Euro. Interessierte Betriebe müssen einen Förderantrag stellen und erhalten maximal 250 Euro.

(Archivbild) Mülleimer in Konstanz – hier am Konstanzer Hafen im Mai 2021 – quellen regelmäßig über. Denn während der ...
(Archivbild) Mülleimer in Konstanz – hier am Konstanzer Hafen im Mai 2021 – quellen regelmäßig über. Denn während der Pandemie ging der Trend zum Mitnahme-Essen. | Bild: SK-Archiv/Eva Marie Stegmann

Die Zielrichtung ist klar: Mehrweggeschirr soll die Einwegbehälter ersetzen, „um die Müllmengen zu reduzieren und CO2 zu sparen“, wie FGL-Stadträtin Dorothee Jacobs-Krahnen während der HFA-Sitzung feststellte. Ihre Fraktion hatte nämlich beantragt, die Stadt Konstanz solle eine Verpackungssteuer nach Tübinger-Modell einführen sowie Förderrichtlinien in Sachen Mehrwegverpackung in der Konstanzer Gastronomie ausarbeiten.

Verpackungssteuer in Tübingen gescheitert

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) habe die Tübinger Satzung zur Verpackungssteuer für unwirksam erklärt, berichtete Helge Kropat von der Kämmerei und folgerte: „Für Konstanz würde das genauso schiefgehen.“ Auch ein Tübinger Kollege hätte ihm gegenüber geäußert, „wir sollen die Finger davon lassen“. Erleichtert stellte SPD-Stadtrat Jan Welsch fest, dass es gut gewesen sei, dass Konstanz diesbezüglich nicht gleich den Tübingern gefolgt sei. Mit Blick auf das Urteil meinte er: „Es erstaunt, wie wenige Argumente die Tübinger hatten.“

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Noch mehr verwunderte Welsch, dass der VGH festhielt, dass das zentrale Ziel der Müllvermeidung nicht erfüllt worden sei. „Ich hätte mir gewünscht, wenn wir ein Steuerungsinstrument hätten“, so Simon Pschorr (Linke Liste). Allerdings habe Tübingen gezeigt, dass es gar nicht so effektiv sei. Er sei zwar „ein Freund juristischer Experimente“, aber er wisse in dieser Sache nicht, „wie die Entscheidung ernstzunehmend zu Fall“ gebracht werden könnte.

„Wir wollen nicht durchsetzen, was rechtlich scheitern würde“, meinte Jacobs-Krahnen, warb aber umso mehr, für die Förderrichtlinien zu stimmen, welche die Verwaltung ausgearbeitet habe. In der Vorlage wird eine pauschale Fördersumme mit bis zu 250 Euro aus dem Gesamtbudget von 5000 Euro von der Stabsstelle Klimaschutz favorisiert. Konstanzer Gastronomiebetriebe, die Mehrweggeschirr anschaffen, können eine Förderung – zumindest für Anschaffung und Logistik von Mehrweggeschirr – beantragen. Hierzu müssten die Betriebe allerdings einen Förderantrag stellen.

5.000 Euro: „Ein Nasenwässerchen“

Jan Welsch sieht in dieser Förderung „den Versuch der Quadratur des Kreises“. Er wies auf die viele Arbeit hin, sowohl für die Gastronomen, als auch für die Verwaltungsmitarbeiter; ein solcher Aufwand für 50 bis 250 Euro. „Das ist ein Nasenwässerchen“, stellte er, der hierin keinen Mehrwert erkennen könne, fest. „Ich bin hin- und hergerissen“, bekannte Simon Pschorr (Linke Liste). „Ich teile die Zielsetzung, aber die Summe erfüllt keinen ernstzunehmenden Zweck.“ Roger Tscheulin (CDU) und Jürgen Faden (Freie Wähler) hingegen fanden, es sei einen Versuch wert.

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Die Stadt Tübingen habe für eine derartige Förderung 60.000 Euro zur Verfügung gestellt, erläuterte die Konstanzer Wirtschaftsförderin Beate Behrens. „60.000 Euro; das ist ein anderes Wort; dann lohnt es sich tatsächlich“, formulierte Jürgen Ruff (SPD). Das wenige Geld, das in Konstanz zur Verfügung gestellt werden solle – sein SPD-Ratskollege bezeichnete die Fördersummen als „Kleckerlesbeträge“ – verpuffe und koste nur Zeit. Gleichwohl stimmte der HFA bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung für die Förderrichtlinien.

Was sagt die Basis?

„Es macht keinen Sinn“, fasst Tino Schumann, Vorsitzender des Konstanzer Wirtekreises, auf SÜDKURIER-Anfrage zusammen. „Wenn man ein Mehrwegsystem richtig anpacken will, dann muss man 1000 bis 2000 Euro in die Hand nehmen“, so Schumann, der aber sofort anfügt: „250 Euro sind sinnlos. Das heißt aber nicht, dass wir mehr Geld wollen.“ Er weiß, dass viele seiner Kollegen entweder schon Mehrweg eingeführt hätten oder nach guten Lösungen suchten. Wichtiger als finanzielle Hilfen seien pragmatische, unbürokratische Unterstützung seitens der Verwaltung, zum Beispiel, wenn es um Außenbestuhlung handle.

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Manfred Hölzl, zweiter Vorsitzender der Kreisgeschäftsstelle Konstanz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), wähnt in diesem Versuch eine Pseudo-Geschichte. „Man fragt sich bei einer solchen Summe: Was will man damit bewirken?“ Es stünde außer Frage: „Mehrweg ist absolut nötig. Das ist der Weg in die Zukunft“, so Hölzl.

Doch von dieser Fördermaßnahme hält er nichts. Die Summe sei zu gering und die Kollegen würden „durch einen Fragenkatalog geschickt“; ein erschwerlicher Weg, der „Sinn und Zweck nicht erfüllt“. Hölzl glaubt nicht, dass sich seine Kollegen um diese Förderung reißen werden. „Viel wichtiger ist, gute Beispiele vorzustellen“, Wissen und Erfahrungen zu vermitteln. Die 5000 Euro, so findet Hölzl, sollten besser investiert werden: „Beispielsweise in Öffentlichkeitsarbeit“.

EBK loben die Konstanzer Gastronomen

Die Konstanzer Gastronomiebetriebe „haben schon früh Eigeninitiative gezeigt“, attestieren die Entsorgungsgebetriebe der Stadt Konstanz (EBK) in einer veröffentlichten Pressemitteilung. „Mittlerweile sind bereits verschiedene Mehrwegangebote für die Getränke und Mahlzeiten im Einsatz.“ Auch die Nachfrage seitens der Verbraucher steige. „Begleitet und geleitet wird der Trend zum Mehrweg von verschiedenen Gesetzen und Vorgaben auf EU-, Bundes- und kommunaler Ebene“, so die EBK.

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Sie schreiben weiter: „Die EU-Einwegkunststoffrichtlinie verbietet seit Juli 2021 den Verkauf von bestimmten Einwegkunststoffprodukten, wie Trinkröhrchen und Wattestäbchen, aber auch Plastik-Einwegbesteck sowie Styropor-Essensverpackungen und Becher. Die Konstanzer Abfallwirtschaftssatzung geht noch einen Schritt weiter und schreibt bereits seit 2020 den Einsatz von Mehrweggeschirr und -behältnissen für Speisen und Getränke bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum vor.“

Ausnahmen von der Mehrweg-Vorgabe stellten essbare Behältnisse, wie Eiswaffeln und Papiertüten dar. Aber die EBK stellen auch fest: „Aktuell können noch Engpässe bei der Verfügbarkeit von Mehrweggeschirr auftreten, darum werden in begründeten Einzelfällen Ausnahmen von der Abfallwirtschaftssatzung ausgesprochen.“