Tatort Wessenbergstraße. Zwei Männer betreten im Jahr 2012 ein Goldschmiedegeschäft. Ein heute 41-Jähriger lenkt die Verkäuferin mit Fragen ab, der andere räumt den offenen Tresor im hinteren Raum aus. Die beiden erbeuten Schmuck und Bauteile von Schmuck im Wert von 40.000 Euro. Mindestens ein anderer, der das Geschäft nicht betritt, ist auch an der Tat beteiligt. Dass der Fall überhaupt aufgeklärt werden konnte, ist der Aufmerksamkeit eines Zivilbeamten der Bundespolizei zu verdanken.
Der letzte der drei geschnappten Täter ist nun vor dem Amtsgericht Konstanz wegen schweren Bandendiebstahls zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zudem muss er Wertersatz in der Höhe von 15.400 Euro leisten, und noch 5500 Euro aus einer anderen Strafe abbezahlen. Ein Teil des Schmuckes war wieder zurück ans Geschäft gegangen. Das wertvollste Stück aber, das geschätzt 15.000 Euro eingebracht hätte, taucht nie wieder auf.
Zivilbeamter kam der Bande auf die Schliche
Sie habe ein komisches Gefühl gehabt. Das sagt die Goldschmiedin, die damals im Laden war, rückblickend als Zeugin vor Gericht. Dieses komische Gefühl hatte auch ein Zivilbeamter der Bundespolizei. Er berichtet vor Gericht: Während einer Großveranstaltung zum Milchpreis auf der Marktstätte, seien ihm zwei Personen aufgefallen, die nicht dazu passten. Als diese beiden dann auch noch Lederjacken tauschten, um zu verdecken, dass ein Umschlag vom Komplizen zum Angeklagten wanderte, sei das Misstrauen des Beamten geweckt worden. „Ich fand das ein auffälliges Verhalten. Ich hatte das Gefühl, da stimmt was nicht.“
Er und ein Kollege seien den beiden dann hinterher. An der Ampel zur Bodanstraße hätten sich die Verdächtigen getrennt: Der eine sei in ein nahes Schnellrestaurant, der andere in ein Restaurant am Bodanplatz gegangen. Der Mann im Restaurant sei verhaftet worden. Der andere Mann habe das Schnellrestaurant ohne die Lederjacken wieder verlassen. Erst später sei dann dort, gut versteckt, ein Teil des gestohlenen Schmucks gefunden worden.
Der Angeklagte, der sich vergangene Woche vor Gericht verantworten musste, lebte nach der Tat in Konstanz in Großbritannien. Er wurde erst neun Jahre später durch Zufall geschnappt. Der 41-Jährige kommt mit einer relativ milden Strafe davon, weil er geständig ist, und ihm nach Auffassung des Gerichts keine anderen Taten nachzuweisen waren.
Staatsanwalt fordert zweieinhalb Jahre Haft – ohne Bewährung
Staatsanwalt Simon Pschorr plädierte auf zwei Jahre und sechs Monate Haft ohne Bewährung. Er ist der Überzeugung, dass der Angeklagte seit Jahren seinen Lebensunterhalt mit Diebstählen bestreitet. Er rechnet dem fünffachen Familienvater vor, dass der angegebene Verdienst gar nicht ausreicht, um das tägliche Leben zu finanzieren. Er ist überzeugt, dass der 41-Jährige der Kopf der Band war, der den Tatplan entwickelte, und die anderen dazu brachte, aus dem Ruhrgebiet nach Konstanz zu fahren.
Verteidigerin Julijana Hermann plädierte für eine Bewährungsstrafe unter zwei Jahren. Ihr Mandant habe in dem Diebstahl keine erhebliche Rolle gespielt. Den gefährlichsten Part habe der übernommen, der den Tresor ausräumte. Eine Führungsrolle des Angeklagten könne sich nicht erkennen: „Nach meinem Verständnis steht ein Chef im Hintergrund.“
Auch habe sich ihr Mandant der Strafverfolgung nicht entzogen, sondern einfach in Großbritannien gelebt. „Seit 2012 ist er unter einer festen Anschrift zu finden.“ Mit einem internationalen Haftbefehl hätte man den Mann schnappen können. Im Prozess hieß es immer wieder, dass die Behörden in Großbritannien wenig hilfsbereit seien. Die Verteidigerin führte zudem auf, dass seit neun Jahren keine neuen Delikte bekannt geworden waren.
Richterin: „Wir haben den Eindruck, dass es noch mehr Straftaten gab“
Richterin Heike Willenberg stellte während der Verkündung des Urteils fest, mit den Schöffen sei die Frage heftig diskutiert worden, ob hinter dem Fall mehr stecke. „Auch wir haben den Eindruck, dass es noch mehr Straftaten gab. Aber wir wissen es nicht. Wir dürfen uns nur auf das stützen, was wir haben.“ Falls der Verurteilte seinen Bewährungsauflagen nicht nachkomme, dann, so sagte die Richterin, werde sie keine Mühe scheuen, an ihn heranzutreten, auch wenn er sich in Großbritannien aufhalte.