Roland Ballier ist enttäuscht. Eigentlich hätte der Gemeinderat Ende September entscheiden sollen, wie es mit dem Flugplatz weitergeht. Und eigentlich hatten sich die Parteien, die unterschiedliche Interessen mit dem Gelände verfolgen, auf einen Kompromiss geeinigt. Eigentlich.
Dann hatte die CDU-Fraktion die Idee, auf der großen Wiese eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage zu bauen und stellte den Antrag an die Stadtverwaltung, dies zu prüfen. In der jüngsten Gemeinderatssitzung am 29. September hätten die Stadträte nun zumindest über die Verlängerung des Flugbetriebs für ein weiteres Jahr entscheiden sollen, um Zeit für tiefergehende Planungen zu gewinnen.
Pilot möchte endlich Klarheit haben
Doch der Tagesordnungspunkt wurde nicht behandelt. Laut Hauptamtsleiterin Charlotte Biskup hätten Stadträte der Verwaltung signalisiert, dass vor einer Entscheidung noch Klärungsbedarf bestehe. Ein weiteres Gutachten soll nun Licht ins Dunkel bringen.
„Das ärgert mich“, sagt Roland Ballier, der den Flugplatz gern als Pilot nutzt. Ihm geht es aber vor allem darum, endlich Klarheit zu schaffen bei einem Thema, das seit Jahren zu Diskussionen führt. Braucht Konstanz einen Flugplatz oder ist das Luxus? Die CDU-Fraktion würde den Flugbetrieb am liebsten schon zum Jahresende einstellen.

Und die Stadt will vor allem erreichen, dass die Kommune wieder über ihre eigene Fläche verfügen kann. „Es geht um die kommunale Planungshoheit für eine der letzten großen Reserveflächen auf der Gemarkung der Stadt Konstanz“, so Biskup.
Ursprünglich sollten zwei Optionen für den Flugplatz geprüft werden: PV-Anlage und Gewerbe oder Flugbetrieb und Gewerbe. In einer nicht-öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im April sagte Oberbürgermeister Uli Burchardt dann aber zu, einen weiteren Kompromissvorschlag prüfen zu lassen.
Dieser lautete: Möglichst schnelle Umsetzung einer Freiflächen-PV-Anlage, dafür aber eine möglichst lange Betriebsdauer für den Flugplatz. Dazu mussten mehrere Gespräche mit dem Regierungspräsidium (RP) Stuttgart und dem Verkehrsministerium des Landes geführt werden. Das Thema verzögerte sich weiter.
„Das Hickhack hätte ein Ende“
„Jetzt haben wir Mitte Oktober“, sagt Roland Ballier. „Weniger als drei Monate vor dem Ende des aktuellen Pachtvertrags wissen die Flughafengesellschaft, die Flugschulen, Mitarbeiter im Tower und die Vereine nicht, wie es mit dem Flugplatz weitergeht.“ Davon hängen unter anderem Vollzeitstellen und Fluglehrerverträge ab.
So sagt etwa Minky Schweizer, Flugleiterin und Beauftragte der Luftaufsicht: „Ich fürchte um den Verlust meines Arbeitsplatzes. Seit zehn Jahren bin ich hier im Tower und kann jetzt nichts anderes tun als abzuwarten, wie es ab Januar weitergeht.“ Mit dem ursprünglich ausgehandelten Kompromiss (Gewerbe plus Flugplatz) hätte sie gut leben können. „Dann hätte das Hickhack um die ständig nur kurzfristig verlängerten Pachtverträge ein Ende.“

Ein zentraler Punkt in der komplexen Gemengelage ist die Flugbetriebspflicht. Das heißt, der Verkehrslandeplatz ist Teil der Konstanzer Infrastruktur und darf laut Regierungspräsidium nicht leichtfertig aufgegeben werden. Das RP Stuttgart und das Verkehrsministerium signalisierten zwar der Stadt Konstanz, dass sie eine Weiterentwicklung des Geländes positiv sehen. Doch auf welchem Verfahrensweg dies rechtlich möglich wäre, ist noch unklar.
Wer darf über den Platz entscheiden?
Im Kern geht es um die Frage, in welchem Fall das RP überprüfen darf, wie eine bestmögliche öffentliche Nutzung aussieht. „Nach aktueller Rechtsauffassung darf dies seitens des RP nur erfolgen, wenn die Flughafengesellschaft einen Antrag stellt – und nicht, wenn die Kommune als Grundstückseigentümerin, die immer nur einer zeitlich befristeten Nutzung zugestimmt hat, den Pachtvertrag beendet“, erläutert Charlotte Biskup. „Dies würde aber massiv die dem öffentlichen Gemeinwohl verpflichtete Stadt in ihrem Wirkungskreis beschneiden.“
Wohl auch deshalb will die Verwaltung die Gespräche mit allen Gesellschaftern der Flughafen Konstanz GmbH wieder aufnehmen. Ziel: Alle Anteile sollen in städtischen Besitz überführt werden. Quasi als Gegenleistung würde zugesichert, den Flugbetrieb bis 2030 aufrecht zu erhalten. Doch auch über diesen Punkt wurde im Gemeinderat nicht entschieden.
Schon wieder ein Gutachten
Und was soll nun der Ausweg aus dieser verzwickten Situation sein? Extern eingekaufte Expertise – mit anderen Worten: Das vierte Gutachten zum Thema Flugplatz. Geprüft werden die rechtlichen Möglichkeiten der Stadt Konstanz für den Fall, dass sie den Pachtvertrag mit der Flughafengesellschaft nicht verlängert.
Roland Ballier drückt es so aus: „Wie immer, wenn man keine eigene Verantwortung übernehmen will, soll ein Gutachten her. Das ist doch ein Armutszeugnis! Schließlich haben alle Beteiligten ihre eigenen Juristen.“ Wie viel Geld das Gutachten kostet, weiß die Verwaltung nicht, da der Auftraggeber das Verkehrsministerium ist.

Die Nutzer kämpfen weiter für den Erhalt des Flugplatzes, der nicht nur dem Vergnügen von Privatpiloten diene: „Zuletzt landete dort am Mittwoch, 5. Oktober, der Rettungshubschrauber, weil am Klinikum zu viel Nebel war“, sagt Ballier. Auch das Max-Planck-Institut braucht den Flugplatz. Außerdem hätten weitere mögliche Nutzer Interesse angemeldet.
Laut Hauptamtsleiterin Charlotte Biskup soll das neue Gutachten noch in diesem Herbst vorliegen. Minky Schweizer hat noch Hoffnung. „Bislang ging es immer irgendwie weiter“, sagt die Flugleiterin. „Die Aufgabe dieses sehr schönen Verkehrslandeplatzes fände ich wirklich traurig. Das wäre unwiederbringlich.“