Ohne Fernglas kann man es von außen kaum sehen: Hinter der Absperrung zum Büdingen-Park stehen einige Bäume inmitten einer Großbaustelle. Sie sind noch kahl, haben kaum Blätter. Auf einem von ihnen, ganz oben in der Baumkrone, blitzen weiße Federn zwischen Ästen und Gestrüpp hervor. Zwischen Baulärm, Staub und Kränen haben sich offenbar zwei Weißstörche ein Nest gebaut.

Wer hinter dem Bauzaun an der Seestraße steht, sieht es bei genauer Betrachtung: Das Storchennest in einer Baumkrone auf der ...
Wer hinter dem Bauzaun an der Seestraße steht, sieht es bei genauer Betrachtung: Das Storchennest in einer Baumkrone auf der Büdingen-Baustelle. | Bild: Maike Stork

Das Problem an der Sache: Auf dem Gelände will der Schweizer Investor Hans Jürg Buff ein Luxus-Gesundheitshotel errichten. Schon in der Vergangenheit kritisierte der Verein Bürgerpark Büdingen das Bauprojekt mehrfach aus Umweltschutzgründen.

So sagte beispielsweise Vereinsvorstand Patrick Pfeiffer gegenüber dem SÜDKURIER Ende 2021, dass der Baumbestand auf dem Gelände nicht ausreichend geschützt werde. Außerdem forderte der Verein in einem Schreiben, dass keine weiteren Bäume mehr gefällt werden dürfen, um „freie Sichtachsen für Hotelgäste auf den See zu schaffen“.

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Das Konstanzer Baurechtsamt sah damals jedoch alle Auflagen als erfüllt an und genehmigte das Projekt. Trotz des Widerstands der Umweltschützer gibt es weiterhin eine Liste mit Bäumen, die dem Hotel bald weichen müssen.

Weißstörche suchen Nähe zu Menschen

Ist es nicht ungewöhnlich, dass die Tiere ausgerechnet eine laute Baustelle als ihr neues Zuhause auserkoren haben? Das haben wir den Radolfzeller Storchenvater, Wolfgang Schäfle, gefragt. „Nein“, meint der Experte, „ganz im Gegenteil.“

Störche ziehe es dorthin, wo Menschen leben und viel los ist. „Sie wollen nicht irgendwo in die Walachei.“ Warum das so ist, dafür hat Schäfle keine konkrete Erklärung. „Das ist aber die Beobachtung, die ich seit 40 Jahren mache.“

Dieses Archivbild zeigt den Storchenvater des Landkreises Konstanz, Wolfgang Schäfle, mit einem Pflegling.
Dieses Archivbild zeigt den Storchenvater des Landkreises Konstanz, Wolfgang Schäfle, mit einem Pflegling. | Bild: Kupferschmid | SK-Archiv

Weil die Tiere vor knapp 30 Jahren in Deutschland fast ausgestorben waren, drängt sich umso mehr die Sorge auf: Darf das Storchenpaar seinen Nachwuchs friedlich auf dem Büdingen-Gelände ausbrüten? Oder wird das Nest dem Bauprojekt zum Opfer fallen?

Dieser Sorge entgegnet Bauherr Hans-Jürg Buff auf Nachfrage: „Die Störche waren letztes Jahr bereits bei uns und haben mit Baumaterialien, die rumlagen, ihr Nest gebaut. Sollte der Baum einer der zu fällenden Bäume sein, dann wird dieser sicher nicht gefällt. Wer hat denn schon einen Storch auf seinem Grundstück?“

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„Der Storch gilt weiterhin als streng geschützt“

Selbst wenn die prächtigen Vögel auf dem Gelände unerwünscht wären – bleiben dürften sie dennoch. Wie Wolfgang Schäfle erklärt: „Der Storch gilt weiterhin als streng geschützt.“ Abgesehen davon dürften laut Naturschutzgesetz von April bis September ohnehin keine Bäume gefällt werden. Der Storchenvater ergänzt: „Die Tiere kehren jedes Jahr zur Brutzeit zurück in ihren Horst. Der Baum ist somit ganzjährig geschützt, er darf auch im Herbst nicht gefällt werden.“

Für Hans-Jürg Buff ist das kein Problem, wie er sagt. Die Bauarbeiten sieht der Investor durch die Tiere nicht beeinträchtigt: „Die Störche haben den Bau nie gestört.“ Andersherum scheint es laut Buff genauso zu sein. Denn schon letztes Jahr sei es auf dem Areal laut gewesen – das habe sie am Nestbau aber nicht gehindert.

(Archivbild) Investor Hans-Jürg Buff freut sich über die gefiederten Gäste. Er meint: „Wer hat denn schon einen Storch auf seinem ...
(Archivbild) Investor Hans-Jürg Buff freut sich über die gefiederten Gäste. Er meint: „Wer hat denn schon einen Storch auf seinem Grundstück?“ | Bild: Hanser, Oliver | SK-Archiv

Abschließend findet der Investor folgende Worte: „Wir sind stolz und glücklich, dass diese Tiere auf unserem Grundstück ansässig geworden sind und werden auch diesen Baum hegen und pflegen.“