Die Intendantin des Theaters Konstanz Karin Becker wird auf eigenen Wunsch ihren auf fünf Spielzeiten geschlossenen Vertrag über die Spielzeit 2024/25 hinaus nicht verlängern. Das gibt das Theater Konstanz in einer Pressemitteilung bekannt. Im September 2020 hatte sie diese Position am Theater Konstanz angetreten – mitten in der Corona-Pandemie.

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Die Intendantin zieht in der Pressemitteilung eine vorläufige Bilanz: „Ich bin stolz auf das, was wir in den letzten Jahren am Theater Konstanz erreicht und aufgebaut haben. Ein großartiges, engagiertes Team und offene Diskussionsräume, ein spannender und abwechslungsreicher Spielplan mit Themen, die unter den Nägeln brennen.“

Zudem lobt sie ausdrücklich ihr „exzellentes Ensemble, das alles in die Waagschale wirft, was Theater kann und bedeutet. So starteten wir mit einer Vielzahl von ausverkauften Vorstellungen und großartiger Resonanz zu allen Produktionen fulminant in diese Spielzeit.“

Auf die Pandemie folgt die Spardebatte

Allerdings sei das Haus in den letzten Spielzeiten immer wieder Gegenstand von Diskussionen zur Haushaltskonsolidierung geworden. Die Auswirkungen dieser Debatten beeinflussten hätten die künstlerischen Prozesse und forderten zusätzliche Kräfte. Der Gemeinderat hatte in seiner Sitzung Ende Oktober massive Kürzungen in der Konstanzer Kultur abgewendet.

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„Trotz dieser herausfordernden Umstände habe ich mit vollem Einsatz für das Theater Konstanz als Ort der Begegnung und einer lebendigen künstlerischen Vielfalt sowie für den Erhalt der Arbeitsplätze gekämpft“, erklärt Karin Becker in der Mitteilung des Theaters. Für eine persönliche Stellungnahme war Karin Becker am Dienstag für die Redaktion nicht zu erreichen.

Sie verspricht, sich „mit voller Energie für die laufende und die kommende Spielzeit 2024/2025“ einzusetzen – mit ihrem Team, das sie als „großartig“ lobt. Denn das Theater Konstanz habe noch viele Pläne für die kommenden eineinhalb Jahre.

Bürgermeister Osner spricht von „herbem Verlust“

Bürgermeister Andreas Osner äußert sein ausdrückliches Bedauern als Reaktion auf die Nachricht. „Das ist ein herber Verlust. Dennoch respektiere ich ihre persönliche Entscheidung“, schreibt er auf Anfrage des SÜDKURIER. Konstanz verliere mit Intendantin Karin Becker eine engagierte, innovative und kämpferische Persönlichkeit, die in den vergangenen Jahren viel für das Haus und für Konstanz erreicht habe.

„Auch in der hitzigen Diskussion um die Einsparungen hat sie für ihr Haus gekämpft und das mit Erfolg“: Andreas Osner, ...
„Auch in der hitzigen Diskussion um die Einsparungen hat sie für ihr Haus gekämpft und das mit Erfolg“: Andreas Osner, Kulturbürgermeister, über den bevorstehenden Abschied von Intendantin Karin Becker. | Bild: Hanser, Oliver

Sie habe das Theater mit einem neuen Führungsstil weiterentwickelt und neu geprägt. Becker habe es nicht gescheut, Dinge deutlich anzusprechen und für die Belange ihres Theaters einzustehen. „Auch in der hitzigen Diskussion um die Einsparungen hat sie für ihr Haus gekämpft und das mit Erfolg.“

Stadt will Intendanz rechtzeitig ausschreiben

Wie es nun weiter geht? Die Stadt werde die Intendanz rechtzeitig ausschreiben, so dass es möglichst einen nahtlosen Wechsel geben könne. Konstanz sei trotz angespannter Haushaltslage, die alle Kommunen treffe, eine attraktive Stadt für Kulturschaffende, schreibt Osner und begründet so seinen Optimismus, spannende Bewerbungen zu erhalten.

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Karin Becker hat in ihrer bisherigen Intendanz viele Konstanzer durch ihr Engagement für das Theater, für den Dialog und für die Bereitschaft, politische Sachverhalte anzugehen, beeindruckt. So führte sie den „Vollmond“ in der Spiegelhalle ein, ein Format, das den Blick von der Bühne hin zu Menschen öffnete, deren Alltag weit entfernt vom Glanz der Theaterwelt stattfindet.

Karin Becker sieht immer auch das Politische in der Kunst

Sie setzte sich mit ihrem Ensemble für Alieu Ceesay aus Gambia ein, der beim Theater an einer Tanzaufführung teilgenommen hatte, als diesem die Abschiebung drohte – verhindert werden konnte die Ausreise des jungen Gambiers nicht.

Anlässlich des Jahrestags des Ukraine-Kriegs organisierte sie eine Solidaritätsveranstaltung für die Ukraine, bei der auch der russische Autor und Regimegegner Vladimir Sorokin aus seinem Buch las – und stellte sich den Kontroversen, die dies unter ukrainischen Studenten auslöste. Schließlich trat sie vor Kurzem mit ihrem Team vor den Gemeinderat, um sich mit Nachdruck gegen die von der Verwaltung zunächst geforderten Sparvorgaben zu wenden.

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