Der Terminplan am Schmotzigen Dunschtig war für Bürgermeister Stefan Keil so richtig vollgepackt. Denn nachdem die Fasnacht im vergangenen Jahr nur in einem sehr eng begrenzten Rahmen stattfinden konnte, war dieses Jahr wieder volles Programm geboten und er musste am Schmotzigen Dunschtig erstmals sein Bürgermeisteramt in Orsingen-Nenzingen mit seiner Rolle als Gerichtsnarr in Stockach unter einen Hut bringen.
Trotzdem konnte er die Fasnacht genießen, wie er im Gespräch mit dem SÜDKURIER im Nachgang zu den tollen Tagen erzählt. „In Orsingen-Nenzingen war die Freude groß, dass wieder eine normale Fasnacht möglich war“, berichtet Keil.
Faszination für Fasnachtstraditionen
In der Doppelgemeinde hatte das närrische Treiben dieses Jahr schon mit dem großen Jubiläumstreffen in Nenzingen begonnen. „Das spannende in unserer Gemeinde ist, dass jeder Ort seine eigenen speziellen Veranstaltungen und Traditionen zur Fasnacht hat“, sagt der Bürgermeister.

So haben ihn die Zimmerleute in Orsingen in die zeitlichen Details rund um das Abholen und Stellen des Narrenbaums eingeweiht, während das in Nenzingen alles streng geheim sei. In Orsingen ziehen am Schmotzigen Dunschtig Essenssammler durch das Dorf, um ein großes Büfett für die Narren zusammenzustellen, während es in Nenzingen natürlich den Rathaussturm gibt.
„Ich bin froh, dass von den Erwachsenen keiner vergessen hat, wie man richtig Fasnacht macht. Nun müssen wir nur dafür Sorge tragen, dass wir auch die Jugend wieder für die Fasnacht begeistern können, damit es in die Zukunft geht“, so Keil.
Da es im vergangenen Jahr keinen richtigen Rathaussturm mit Amtsenthebung gegeben hatte, musste Keil dieses Jahr erstmals den Rathausschlüssel abgeben. „Das hat mir großen Spaß gemacht. Auch wenn die vorgebrachten Anschuldigungen gegen mich natürlich völlig an den Haaren herbeigezogen waren“, sagt Keil mit einem Augenzwinkern.
Immer auf dem Sprung zwischen den Ortsteilen
Nach dem Umtrunk mit den Narren im Rathaus hat er den Tag über verschiedene Fasnachts-Veranstaltungen in beiden Ortsteilen besucht. „Es ist natürlich schwierig, alles unter einen Hut zu kriegen. Ich war eigentlich immer am hin- und herfahren“, berichtet Keil.
Seine Mitgliedschaft im Stockacher Narrengericht war dabei immer wieder auch Thema für die Narren. „Ich wurde oft darauf angesprochen, wie ich damit an Fasnacht umgehen werde. Gerade auch im Nachgang zu der Berlinfahrt des Narrengerichts„, sagt Keil.

Narren müssen zusammenhalten
Doch für ihn steht fest: „In erster Linie kommt es darauf an, dass wir Narren gemeinsam das Brauchtum pflegen. Da müssen wir alle unseren Beitrag leisten, egal in welchem Häs.“ Für ihn sei immer klar gewesen, dass er am Schmotzigen Dunschtig in Orsingen-Nenzingen ist – aber dass er auch an der Verhandlung des Narrengerichts teilnimmt, wenn es sich zeitlich ausgeht.
„Dass ich im Rahmen der Gerichtsverhandlung auch die Möglichkeit habe, mit den Landes- und Bundespolitikern ins Gespräch zu kommen, die bei uns zu Gast sind, ist zudem sicherlich nicht von Nachteil für die Gemeinde“, betont der Rathauschef.
Hat der Bürgermeister an Fasnacht frei?
Doch Hand aufs Herz: Ruht die Arbeit im Rathaus eigentlich wirklich nach der Amtsübernahme durch die Narren? Da muss Stefan Keil lachen. „Ich habe den Narren beim Rathaussturm aufgezählt, was noch alles zu tun ist bis Dienstag, da haben sie mich groß angeschaut“, sagt er.
Tatsächlich sei er am Freitag schon wieder im Büro gewesen. Die Aufgaben und Herausforderungen für die Gemeinde laufen schließlich weiter. Egal ob Fasnacht ist oder nicht.
Dass der Kommunalpolitiker am Schmotzigen Dunschtig in seiner Eigenschaft als Gerichtsnarr einen anderen Politiker verurteilen muss, ist für ihn kein Spagat. „Wer etwas angestellt hat und deshalb vor dem Narrengericht als Beklagter steht, über den muss auch Recht gesprochen werden“, sagt Keil mit breitem Grinsen.
Sein Mitleid hält sich in Grenzen
Ganz davon abgesehen, würden die Beklagten ja auch freiwillig kommen und haben sogar oftmals am Ende der Verhandlung die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. „Bis auf ein grobgübstiges Strafmaß geht der Beklagte ja erhobenen Hauptes aus der Halle“, sagt Keil. Bei der Verhandlung gegen Thomas Strobl habe ihm das Publikum sogar stehend applaudiert. „Vor diesem Hintergrund hält sich mein Mitleid als Kommunalpolitiker sehr in Grenzen“, scherzt Keil.
Auf die nächste Fasnacht fiebert er trotz der stressigen tollen Tage schon jetzt hin. „Ich freue mich auf den 8. Februar 2024, wenn wieder Schmotziger Dunschtig im Kalender steht“, sagt er.