Mit nur vier statt wie noch im Vorjahr sieben Rednern startete die Narrizella Ratoldi zwar mit einem deutlich dünneren Programm als gewohnt in die Fasnacht, hatte aber dennoch mindestens genauso viel Spaß. Und das, obwohl auch der Promi in der Bütt fehlte – Bundestagswahl sei Dank. Die warf auch thematisch ihren Schatten voraus beim Männerfrühschoppen an Dreikönig in der Aula des Friedrich-Hecker-Gymnasiums.

Denn der eigentlich als Gastredner in der Bütt eingeplante CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung war zwar zu Besuch, wollte laut Narrizella-Präsident Martin Schäuble wegen des laufenden Wahlkampfs allerdings nicht auftreten, um nicht einen Vorteil gegenüber anderen Kandidaten zu haben. Er musste daher ebenso wie ein weiterer Redner aus Villingen kurzfristig absagen.
Für gute Stimmung im Saal sorgten stattdessen Moderator Benni Bromma sowie als Büttenredner dessen Sohn Felix Bromma, Tobias Bauer und Michael Zeiser, der seinen Sohn Christoph Zeiser vertrat. Der ist momentan nämlich auf Weltreise. Und spätestens als Urgestein Josch Frengele als vierter Redner mit mintgrünem Sakko, Sonnenbrille und italienischem Akzent den eigenen Präsidenten Martin Schäuble durch den Kakao zog, gab es bei den Narren in der Aula kein Halten mehr.

Nachdem die Narrenmusik zum Start für gute Stimmung gesorgt hatte, begrüßte Schäuble zunächst allerdings noch bestens gelaunt die Besucher. Er dankte dem FHG für die Gastfreundschaft und zahlreichen Gästen für ihr Kommen, darunter Oberbürgermeister Simon Gröger, mehrern Gemeinderäte und eben Andreas Jung.
Er beklagte aber auch, nur die Politik komme auf die Idee, eine Bundestagswahl am Sonntag vor der Fasnacht anzusetzen. In Schienen habe man deshalb sogar einen Umzug verschieben müssen. „So ist es halt, wenn es nur eine Straße im Ort gibt“, scherzte er.
Ernste Worte und der närrischen Zeit
Danach bat Moderator Benni Bromma seinen Sohn Felix als ersten Redner in die Bütt. Und dieser schlug nach zwei starken Auftritten in den Vorjahren dieses Mal ungewohnt ernste Töne im Fass an. Er verwies auf Kriege in Osteuropa und dem Nahen Osten, sprach vom „braunen Allefanz“ Björn Höcke in Thüringen und warnte vor Intoleranz und Ausländerhass.

Doch gerade jetzt sei es wichtig, Fasnacht zu feiern und zusammenzustehen – egal ob Holzhauer, Hansele oder Narrenmusiker, das „ist unsere Pflicht“. Denn, sagte er: „Nie wieder, das ist jetzt!“ Für Lacher sorgte Brommas Auftritt nicht, der dieses Thema auch gar nicht närrisch-witzig zu verpacken versuchte. Wohl aber für einen langen Applaus.
Danach kündigte der gewohnt scharfzüngige Moderator Benni Bromma den sichtlich geschockten ehemaligen CDU-Stadtrat Helmut Villinger für die Bütt an. Doch das war natürlich nur ein Versehen. „Herkunft Villingen“ stehe auf seinem Zettel, korrigierte Bromma mit Blick auf einen eingeplanten Redner aus dem Schwarzwald, der kurzfristig absagen musste.
Sie rocken die Radolfzeller Fasnacht
Stattdessen stieg Tobias Bauer ins Fass. Er selbst, ein typisch gemütlicher Bassist, stehe wohl zum letzten Mal in der Bütt. Ihn ziehe es nämlich als Nachfolger von Dusty Hill, der im Jahr 2021 verstorbene ehemalige Bassist der Band ZZ Top, in die USA. Zumindest den passenden Bart habe er schon einmal. Danach bat er Thomas Bracht als neuen Lemmy Kilmister, Sascha Hein samt Foto von dessen Ehefrau und Hanselevater Reinhold Brandt nach vorne. Gemeinsam werde man die Fasnacht rocken, so Bauer.
Als dritter Redner übernahm Michael Zeiser, dessen Sohn Christoph gerade bei Neuseeland auf einer Schiffsreise unterwegs ist. Der Vater erinnerte daran, dass er nur aus Versehen wegen seines „seckelbleeden“ Sohns in der Bütt stehe und kein Mann der großen Worte sei. Seine Sache machte er dennoch gut – und nahm dabei die bunten Kopfbedeckungen der Gruppierungen der Narrizella genauer unter die Lupe.

Ob wackelnder Fuchsschwanz beim Narrenrat, „brauner Kuhfladen“ beim Fanfarenzug oder Kuhmelkerkäpple der Narrenmusik: „Wo Narrekappe umenander schwinge, wird Fasnetlaune schnell erklingen“, reimte er.
„Was erlaube Schäuble?“ – Trapattoni-Wutrede von Josch Frengele
Für den Höhepunkt des Vormittags sorgte dann aber Urgestein Josch Frengele. Zunächst erinnerte er mit ernsten und emotionalen Worten noch einmal an den verstorbenen Lothar Rapp, sorgte dann aber schnell wieder für gute Laune.
Sicher, der Männer-Frühschoppen mit Zutrittsverbot für Frauen sei bestimmt etwas aus der Zeit gefallen – aber auch etwas Besonderes. Er habe doch nichts gegen Frauen, schließlich habe er einen ganzen Stall voll daheim. Und bei der Wahl, ob Auto oder Frau, frage sich jeder Mann im Saal doch nur, ob E-Auto oder Verbrenner.

Anschließend brachte er den Saal zur Melodie von „Oh, Champs Elysees“ mit seinem Lied „Oh, die Fasnet ist schön“ zum Singen. Getoppt wurde dies nur noch durch seine an Giovanni Trapattoni erinnernde Wutrede als „Luigi aus Radolfzell“, in der er Narrizella-Chef Martin Schäuble aufs Korn nahm und ihm empfahl, in Rente zu gehen. Und das alles mit perfektem italienischem Akzent.
„Was erlaube Schäuble?“, rief Frengele mehrmals empört in die Aula des FHG. Schließlich sei „Lackeaffe“ Schäuble im vergangenen Jahr am Mittwoch eine Stunde zu spät zum Narrenbaumfällen gekommen und selbst seine Oma könne mit ihrem Gebiss besser kleppern als Schäuble mit den Klepperle. „Was ise das für eine Kapitän?“, fragte Frengele.
Nachdem er seine Rede stilgerecht mit „Ich habe fertig“ beendet hatte, erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt. Die Narren im FHG forderten lautstark eine Zugabe. Die blieb zwar aus. Doch dafür kündigte Narrizella-Präsident Martin Schäuble, der die Spitzen seiner Narren mit Humor nahm, für das kommende Jahr eine deutlich längere Büttenrednerliste an – und dann auch wirklich eine mit CDU-Mann Andreas Jung.