Meine beiden Brüder sind gleich alt wie ich. Okay, der eine ist eine Minute und der andere ganze zwei Minuten jünger als ich. Dieser minimale Zeitunterschied ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass wir, wie 0,01 Prozent der Menschheit, Drillinge sind.
„Ein weiteres Mal gehe ich nicht zum Frauenarzt“
Bei der Frage: „Wie alt sind deine Geschwister?“ komme ich somit immer wieder in Erklärungsnot. Beschränken lässt sich die Reaktion nach meiner Antwort auf zwei Varianten. Entweder es folgt ein Erstauntes: „Wirklich?“ Oder ein Bemitleidendes: „Deine armen Eltern“. Beides in Kombination ist natürlich auch möglich. Und die letztere Reaktion kann vor allem meine Mutter nachvollziehen.
„Eigentlich haben wir nur mit einem Kind gerechnet“, erzählt sie immer. Beim ersten Ultraschall-Termin habe der Frauenarzt auch nur ein Kind auf dem Bildschirm erkennen können. Beim zweiten Termin tauchte dann ein zweites Kind auf. Und beim dritten Ultraschall waren es auf einmal Drillinge. „Ein weiteres Mal gehe ich nicht zum Frauenarzt“, habe sie damals gesagt, wie sie sich oft lachend zurückerinnert. Meine Oma sei direkt in Ohnmacht gefallen, nachdem sie erfahren hat, dass ihre Enkel Drillinge werden.
Dreimal Windelwechseln gleichzeitig
Nun war meine Mutter nicht nur mit einem, sondern drei Kindern schwanger. Die weitere Kinderplanung habe sich damit auch direkt erledigt. Der Bauch war dementsprechend groß, die Stimmungsschwankungen dementsprechend intensiv. So drückt es mein Vater zumindest aus.
Man könnte meinen, es sei eine Erleichterung gewesen, als wir alle gesund und munter auf die Welt kamen. Vom Gewicht her war es das bestimmt. Doch im Alltag, habe man kaum von einer Erleichterung sprechen können: Dreimal Windeln wechseln, dreimal füttern, dreimal waschen und dreimal Zähne putzen. So ziemlich all das, womit sich jede Mutter herumschlagen muss, nur eben für drei kreischende Kleinkinder gleichzeitig.
Drillings-Dasein hat einige Vorteile
Ich persönlich kann weder Erstaunen noch Mitleid nachempfinden. Ich habe zwei Brüder, die zufälligerweise am selben Tag wie ich geboren sind, anders kenne ich es nicht. Außerdem habe ich meine Geschwister und mich natürlich als äußerst pflegeleicht in Erinnerung. Nichtsdestotrotz zieht das Drillingsdasein auch einige Vorteile mit sich. So haben meine Brüder und ich uns darauf geeinigt, uns nichts zu Geburtstagen zu schenken – da wir ja selbst das Geburtstagskind sind. Zwei Geburtstagsgeschenke im Jahr können somit als Drillingskind eingespart werden.
Ein weiterer Vorteil, der zunächst unverständlich klingt ist Essen, viel Essen. Das gab es früher immer bei sogenannten Drillings-Treffen. Ein Haufen an Drillingen traf sich etwa einmal im Jahr, bei Stockbrot, Wurstsalat, und Käseplatten. Und während wir Drillinge alle miteinander spielten, waren Mütter froh, ihr Leiden mit Gleichgesinnten teilen zu können.
Das Klischee, dass Mehrlinge immer die gleiche Kleidung tragen, erfüllte sich in unserem Fall eigentlich nicht. So dachte ich zumindest, bis ich die ersten Bilder sah, auf denen wir alle drei den selben Ski-Anzug trugen. Optisch unterscheiden wir uns auch, da wir glücklicherweise nicht eineiig sind. Es wäre auch komisch, würde ich als Frau so aussehen, wie einer meiner Brüder. Außerdem falle ich etwas kleiner aus als die Beiden: Während meine Brüder beide 1,90 Meter groß sind, hat es bei mir nur für knappe 1,60 Meter gereicht.

Es passieren skurrile Zufälle
Auch unsere Charakterzüge sind ziemlich unterschiedlich. Während ich gerne Mal ein Risiko eingehe, steht mein Bruder allem eher etwas ängstlicher entgegen. Zum Glück gibt es den Dritten im Bunde, der sich irgendwo dazwischen befindet. Manchmal aber, kommt es zu skurrilen, fast schon gruseligen Situationen. So sagen wir öfters zur gleichen Zeit die gleichen Dinge. Oder laufen zur selben Zeit aus unseren gegenüberliegenden Zimmern heraus. Oft treffen wir uns auch ungeplant, zur selben Zeit, nachts vor dem Kühlschrank, da wir gleichzeitig Hunger bekommen haben.
Heute sind wir 19 Jahre alt und unsere Eltern müssen glücklicherweise nicht mehr drei Windeln gleichzeitig wechseln. Auf Toilette gehen können wir nun selbst. Denn genauso, wie der ganze Stress im Dreierpack kam, ist er auch zu selben Zeit wieder vorbei.