Anastasiia Korchynstka ist im April 2022 aufgrund des Krieges in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Die 34-Jährige kam mit ihren Eltern aus Odessa. Seit dem 19. Februar arbeitet sie nun im Büro der Gärtnersiedlung, einem Gemüseanbaubetrieb zwischen den Singener Stadtteilen Beuren und Hausen. „Eine Bekannte hat mir die Anzeige gezeigt und ich habe mich beworben“, erklärt die junge Frau. In der Ukraine arbeitete sie als Dolmetscherin für Englisch und in der Buchhaltung, deshalb bewarb sie sich.

Max Meissner, einer der Inhaber und Geschäftsführer der Gärtnersiedlung GmbH& Co.Kg, stellte sie ein, obwohl abzusehen war, dass fehlende Sprachkenntnisse die Einarbeitungszeit verlängern. „Wir sind grundsätzlich sehr offen, auch wenn jemand nicht alle Qualifikationen mitbringt“, erklärt Meissner. „Viel wichtiger ist, dass jemand Interesse und Spaß an der Arbeit hat“, so seine Einstellung. Die Offenheit gegenüber Mitarbeitern aus dem Ausland in seinem Betrieb sei deshalb da, weil die Gärtnersiedlung viele Mitarbeiter in erster Linie aus Rumänien, aber auch aus Polen und Moldawien beschäftige. Gerade arbeite auch ein Elektriker aus der Ukraine zur Probe im Betrieb.

Arbeitsagentur bezuschusst Einarbeitungsphase

Ein weiterer Faktor, warum Max Meissner die Ukrainerin eingestellt hat, war die Unterstützung durch die Agentur für Arbeit: Sie bezuschusse die Stelle ein halbes Jahr mit bis zur Hälfte des Lohns, erklärt Claudia Walschburger, die den Bereich Arbeitsvermittlung beim Jobcenter des Landkreises leitet. Der Grund sei, dass die Einarbeitung von Geflüchteten meist aufgrund von Sprachbarrieren, aber auch anderen Standards, länger dauere.

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Auch nach einer Einstellung würde die Arbeitsagentur Deutschkurse, aber auch Weiterqualifikationen unterstützen. „Viele Geflüchtete fangen auf dem Helferniveau an und haben so die Möglichkeit, in einem Betrieb aufzusteigen“, erklärt Claudia Walschburger. Von den rund 4000 Geflüchteten, die derzeit im Kreis Konstanz lebten, seien 2000 aus der Ukraine. Sie bräuchten im Gegensatz zu anderen Geflüchteten keine Arbeitserlaubnis.

In der Gärtnersiedlung wird auf rund 17 Hektar Gewächshausfläche ganzjährig Gemüse angebaut. Viele Arbeitsschritte sind automatisiert.
In der Gärtnersiedlung wird auf rund 17 Hektar Gewächshausfläche ganzjährig Gemüse angebaut. Viele Arbeitsschritte sind automatisiert. | Bild: Joachim Sauer

Viele Ukrainer gehen in die Gastronomie

Das bedeute, sie könnten sehr schnell arbeiten. Landesweit würden rund ein Viertel der Menschen aus der Ukraine in Arbeit sein. „Da tut sich aber gerade viel, seit Jahresanfang fanden mehrere Hundert eine Beschäftigung“, erklärt die Bereichsleiterin. Die Berufe, in denen die Ukrainer arbeiten, seien vielfältig. Erfreulich sei, dass die Bereitschaft, in der Gastronomie zu arbeiten, hoch sei. Dort könnten sie sich auf Englisch verständigen. „Viele Frauen haben einen mathematischen oder buchhalterischen Hintergrund“, berichtet Claudia Walschburger zu den Vorkenntnissen.

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Der Geschäftsführer der Gärtnersiedlung begrüßt diese Unterstützung durch die Arbeitsagentur. Bei den Erntehelfern sei die Sprache nicht wesentlich. Im Gewächshaus sei es größtenteils so, dass über die Teamleiter kommuniziert werde, erklärt Meissner. Diese erhielten auch vom Betrieb organisierten Deutschunterricht. Im Büro spiele aber der Austausch über komplexere Vorgänge eine Rolle, da seien gute Deutschkenntnisse gefragt. Deshalb will Anastasiia Korchynska zusätzlich zu den schon besuchten Deutschkursen jetzt noch privat Unterricht nehmen.

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Die Ukrainerin ist froh, die Arbeit gefunden zu haben. Ein Hindernis für viele Ukrainer, sich auf eine Stelle zu bewerben, sei die Angst, den Ansprüchen nicht zu genügen, berichtet sie. Diese Angst will die 34-Jährige ihren Landsleuten nehmen und sie ermutigen, es zu probieren.

Dass in der Gärtnersiedlung viele Nationen arbeiten, sieht sie für sich als Vorteil: „Ich fühle mich hier nicht als Ausländerin.“ Alle seien sehr nett zu ihr. Es brauche zur Integration in den Arbeitsmarkt nicht nur Menschen, die Arbeit annähmen, sondern auch Arbeitgeber, die Leute einstellten, die am Anfang etwas mehr Unterstützung brauchen, erklärt Eva Schmidt, Pressesprecherin der Arbeitsagentur Konstanz-Ravensburg.