Wenn man dieser Tage die Kreisgeschäftsstelle der CDU in Singen besucht, fällt zuallererst auf: Der Wahlkampf ist noch nicht so richtig vorbei. Ein großer Stapel Wahlplakate mit dem überlebensgroßen Gesicht von Andreas Jung liegt noch in Heike Kempes Büro. Er hat im Februar das Direktmandat für die CDU verteidigt. Sie ist seit Dezember Kreisgeschäftsführerin der CDU und sagt: „Wir sind noch am Aufräumen.“

Die Kreisgeschäftsstelle ist in einem historischen Gebäude in der Ekkehardstraße untergebracht, einst prangte ein Schild mit der Aufschrift Theopont-Diez-Haus am Gemäuer. Das erinnerte an den ersten Oberbürgermeister Singens nach dem Zweiten Weltkrieg, der bis 1933 Mitglied der Zentrumspartei war und nach dem Krieg zur CDU gehörte. Dessen Vater wiederum war der Reichstagsabgeordnete und Zentrumspolitiker Carl Diez.

In dem Gebäude war auch mal ein muslimisches Gebetshaus

Und es wird noch historischer. Bevor es Theopont-Diez-Haus hieß, war das Gebäude an der Ekkehardstraße das Gebetshaus der muslimischen Gemeinde, das im Sommer 1994 einem Brandanschlag zum Opfer fiel. Danach entstand die Moschee in der Südstadt, seit 1997 trägt das Gebäude seinen jetzigen Namen. Und seit Jahrzehnten hat die CDU dort Büros – die Kreisgeschäftsstelle, Abgeordnetenbüros. Zeitweise war auch das Wahlkreisbüro der Grünen-Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger im Gebäude. Es geht um ein Bauwerk mit historischem Bezug.

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Das Schild ist inzwischen weg, die CDU ist da. Und für die Geschäftsstelle, praktisch den Maschinenraum der Partei im Landkreis, ist seit knapp vier Monaten Heike Kempe verantwortlich. Ihr Einstieg ins neue Amt erfolgte in denkbar bewegten Zeiten. Nicht einmal einen Monat zuvor war die Ampelregierung in Berlin zerbrochen. Den Arbeitsvertrag hatte sie da noch nicht unterschrieben, erzählt sie bei Kaffee und Wasser. Kempe wusste also, was auf sie zukommt. „Es ging sehr schnell los“, sagt sie denn auch.

Der Wahlkampf im Winter war kurz und intensiv – und er musste drinnen stattfinden. Top-Termin in Singen aus Sicht der CDU war zweifellos der Auftritt von Kanzlerkandidat Friedrich Merz in der Stadthalle. Das war eigentlich keine Veranstaltung der Kreis-CDU, Merz‘ Wahlkampftour wurde von der Berliner Parteizentrale organisiert. „Für viele war aber klar: Ich frage die Kreisgeschäftsstelle“, erzählt Kempe.

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Auch bei ihr fiel also viel Organisationsaufwand an, das Telefon habe nicht stillgestanden, manche benachbarte Kreisverbände wären am liebsten mit einem ganzen Bus angereist. Am Ende sei die Veranstaltung gut gelaufen – und die Wahl für die CDU im Kreis gut ausgegangen. Andreas Jung verteidigte nicht nur das Direktmandat, er habe dafür auch einen engagierten Wahlkampf geführt, viele Gäste aus der Parteiprominenz in den Kreis geholt, zahlreiche öffentliche Termine angeboten, erzählt Kempe.

Sie engagiert sich im Landeselternbeirat Kita

Einer Kreisgeschäftsführerin komme eher eine Rolle im Hintergrund zu, so schildert es die Stelleninhaberin: „Politisch habe ich gar keinen Einfluss.“ Kraft Amtes gehöre sie aber zum Kreisvorstand und da melde sie sich auch zu Wort bei Themen, in denen sie Expertise habe. Und die sieht sie im Bereich Bildung.

Kempe ist Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Kita in Konstanz, wo ihre Tochter noch eine Kita besuche. Außerdem gehört sie zum Vorstand des Landeselternbeirats, für den sie kürzlich für zwei weitere Jahre wieder gewählt wurde – unter 140 Bewerbern, die angetreten waren. Als alleinerziehende Mutter kennt sie auch die Situation, Arbeit und Kinderbetreuung miteinander vereinbaren zu müssen. Das klappe soweit gut, sagt Kempe: „Aber wenn ein Kind krank ist, wird es zur Herausforderung.“

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Mitglied in der CDU sei sie zur Kommunalwahl im Juni 2024 geworden, bei der sie in Konstanz für Gemeinderat und Kreistag angetreten ist. In beide Gremien wurde sie nicht gewählt, doch über zu wenig Beschäftigung kann Heike Kempe nicht klagen.

Ins Amt kam sie über ihre frühere Tätigkeit für die Landtagsabgeordnete Katrin Schindele, die den Wahlkreis Freudenstadt in Stuttgart vertritt. Für sie habe sie größtenteils aus dem Homeoffice heraus Recherchen und Pressearbeit gemacht, erzählt Kempe. Einen Umzug habe sie nicht gewollt, erzählt sie, zu sehr fühle sie sich als gebürtige Radolfzellerin, die in Konstanz studiert hat, der Bodenseeregion verbunden. Und als sich der vorige Kreisgeschäftsführer Jürgen Hermann beruflich neu orientieren wollte, sei Bezirksgeschäftsführer Andreas Züfle auf sie zugekommen, der sie über die Arbeit bei der Abgeordneten gekannt habe.

Als nächstes kommt die Landtagswahl

Und was macht nun ein Kreisgeschäftsführer bei der CDU? „Ich unterstütze die Ehrenamtlichen im Kreis und in den Ortsverbänden“, sagt Kempe, und zwar mit allem, was diese nicht selbst machen können. Dass für ihre 50-Prozent-Stelle genügend Arbeit anfällt, die sie gemeinsam mit einer Minijob-Kraft erledigt, zeigt eine Zahl: Die CDU habe im Landkreis etwa 1180 Mitglieder.

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Und nach der Bundestagswahl, von der noch Plakate in der Geschäftsstelle liegen, ist schon vor der Landtagswahl. Die soll im Frühjahr 2026 stattfinden. Und im April nominiert die CDU ihre Landtagskandidaten in den Wahlkreisen Singen und Konstanz. Bisher auf der Bewerberliste stehen Andrea Gnann aus Radolfzell für den Wahlkreis Konstanz sowie Stefan Leichenauer aus Tengen, Jürgen Schuhwerk aus Singen und Christoph Stetter aus Stockach für den Wahlkreis Singen. Die Arbeit geht nicht aus.