Es war die zweite öffentliche Info-Veranstaltung zum geplanten Neubaugebiet Bettenäcker in Schlatt mit 46 Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften. Sie sollte die Bedenken und die Ablehnung gegen die Pläne zerstreuen. Doch das gelang nur teilweise.
Die Bürgerinitiative, die gegen das Vorhaben mobil macht, sieht die Bebauung weiterhin mehr als kritisch. Es zeigte sich aber auch, dass viele Schlatter das Baugebiet wollen, weil es die einzige Möglichkeit ist, das Dorf weiterzuentwickeln. Auch der Ortschaftsrat mit Ortsvorsteher Markus Moosbrugger steht hinter dem Vorhaben.

Oberbürgermeister Bernd Häusler bedankte sich für das Engagement der Bürgerinitiative und dafür, dass sie ihre konstruktive Kritik schriftlich eingereicht hätten. So habe die Verwaltung die Möglichkeit, die Kritikpunkte abzuarbeiten. Ziel sei ein transparentes Verfahren. Die Kritikpunkte bezogen sich hauptsächlich auf die Themen Wasser, Boden und Umwelt. Geologin Stefanie Ruschek moderierte den Abend und sorgte in der teils emotional geführten Diskussion für Sachlichkeit.
Kann Hochwasser das Gebiet bedrohen?
Laut der Bürgerinitiative komme es in dem Gebiet regelmäßig zu Überflutungen und die Anwohner haben mit feuchten Kellern zu kämpfen. Sie befürchten, dass durch die Bebauung das Grundwasser nach oben drückt und für Schäden an den Gebäuden sorgt.
Dass es zu Überflutungen komme, stehe außer Frage. Das Neubaugebiet sei aber oberhalb des Überflutungsgebietes geplant, sodass das Wasser nach unten abfließen könne und das Gebiet nicht betroffen sei, wie Stadtplanerin Sandra Fleschhut erklärte, die zusammen mit dem Leiter der Stadtplanung, Adam Rosol, gekommen war. „Es handelt sich beim Wasser in dem Gebiet nicht um Grundwasser, sondern um Sickerwasser“, erklärte sie. Deshalb bestehe auch keine Gefahr, dass Grundwasser hochdrücke.
Es solle möglichst wenig in den bestehenden Wasserkreislauf eingegriffen werden, erklärte Beate Richter, Leiterin der Stadtentwässerung, zum Kanalbau. „Was versickert, verdunstet und abläuft, soll das auch weiterhin tun“, sagte sie. Es soll ein Regenrückhaltebecken gebaut werden und ein Schmutzwasserpumpwerk, das das Wasser in den Verbandssammler pumpt. Das Wasser in dem Gebiet laufe oberflächlich ab und sie erwarte nicht, dass die Wassermengen durch das Baugebiet zunähmen.
Wie steht es mit dem Baugrund und den Auswirkungen auf die Umwelt?
Der selbstständige Baustatiker Thomas Relling sieht den Baugrund als unproblematisch an, zumal in dem Gebiet ohne Keller und in leichter Bauweise gebaut werden soll. Zum Vorgehen erklärte er: Der Humus müsse abgetragen werden, dann werde ein Kieskoffer und ein Geovlies als Untergrund eingebracht und schützen das Gebäude vor dem Absenken.

Bestehende Gebäude würden von den Neubauten nicht beeinflusst. Er habe sich die angrenzenden Häuser angeschaut: „Es gibt Schäden an den Außenanlagen, Belägen und Treppen, aber nicht an den Gebäuden.“ Diese Schäden lägen an der damaligen Bauweise.
Die Stadt bietet den Anwohnern auch ein Beweissicherungsverfahren an, wie Sandra Felschhut erklärte. Dafür würde ein Gutachter ins Haus kommen und den Zustand des Gebäudes und mögliche Mängel und Schäden festhalten. Damit könne im Streitfall geklärt werden, wer verantwortlich sei.
Negative Auswirkungen des Neubaugebiets auf die Tierwelt sieht Heidrun Ernst vom Landschaftsarchitekturbüro 365 Grad ebenfalls nicht. Sie prognostiziert eher eine Aufwertung des Gebietes durch entstehende Feuchtwiesen und Ausgleichsmaßnahmen. So soll der Tägerwiesgraben einen breiteren Gewässerrandstreifen bekommen, was der Tier- und Pflanzenwelt zugutekomme.
Was sagen die Bürger zur vorgestellten Planung?
Sonja Fetzer von der Bürgerinitiative ist nicht davon überzeugt, dass das Baugebiet und angrenzende Gebäude sicher sind. „Für uns ist nicht eindeutig, was da geplant ist und wie das dann rauskommt“, sagte sie zum Beispiel in Bezug auf das Gefälle und die noch nicht feststehende Straßenplanung.
Auch seien in dem Gebiet Schadstoffe wie Arsen, teilweise in für Kinder gefährlichen Konzentrationen gefunden worden, wie Barbara Weiler von der Bürgerinitiative erklärte. „Wenn es im Boden Schadstoffe gibt, werden die gerade im Bereich des Kinderspielplatzes abgetragen, das machen wir überall in der Stadt so“, erklärte Bernd Häusler.
In Bezug auf Wasser und Boden habe das Landratsamt in seiner Einschätzung von „ungünstigen Grundwasserständen“ geschrieben und das Gebiet sei nicht prädestiniert für ein Baugebiet, warf Barbara Weiler ein. „Nicht prädestiniert heißt nicht optimal, da gibt es viele Gebiete, auf denen trotzdem gebaut wurde“, entgegnete Häusler.
„Schlatt braucht die Dorfentwicklung“
Jürgen Gabele, dessen Familie seit mehreren Generationen im Ort wohnt, sprach sich vehement für das Neubaugebiet aus: „Die Dorfentwicklung ist wichtig für Schlatt.“ Der Stadtteil brauche diese Entwicklung und junge Familien, die in den Ort ziehen, um das Vereins- und Gemeindeleben lebendig zu halten und dafür zu sorgen, dass Vereine Nachwuchs und eine Zukunft haben.
Er erinnerte daran, dass man vor 40 Jahren im Rahmen der Flurneuordnung auf die gleichen Probleme gestoßen sei und trotzdem sei gebaut worden. „Das ist der gleiche Boden, auf dem Ihre Häuser stehen“, erklärte er in Richtung der Bürgerinitiative. Die Initiative habe rund 115 Unterstützer: Das zeige, dass 85 Prozent der Schlatter dieses Neubaugebiet wollen. Der Gemeinderat hat jetzt das letzte Wort, ob das Baugebiet realisiert wird: Einige Gemeinderäte verfolgten die Diskussion. Am 29. Juli will der Gemeinderat eine Entscheidung zum Thema fällen?