Die Schreckensbilder vom Einsturz der Carolabrücke in Dresden im vergangenen September sind unvergessen. Damit das Risiko eines solchen Unglücks minimiert werden kann, werden Brücken alle drei Jahre überprüft. Im vergangenen Jahr waren die Stockacher Brücken mit der Überprüfung an der Reihe. Die Ergebnisse wurden nun in der jüngsten Sitzung des Stockacher Planungsausschusses vorgestellt.
Rund 40 Brücken gehören der Stadt Stockach, erklärte Bürgermeisterin Susen Katter. Das Ingenieurbüro Rothenhöfer aus Karlsruhe hat diese auf Herz und Nieren geprüft und kam dabei zu einem guten Ergebnis, wie Paul Wirtz, Inhaber des Büros in der Sitzung betonte. „Ich kann der Stadt Stockach nur gratulieren. Stockach hat einen guten Bauwerksbestand“, so Wirtz.
Zwei Brücken mit akutem Handlungsbedarf
Lediglich bei zwei Brücken sei akuter Handlungsbedarf festgestellt worden. 72 Prozent der Bauwerke haben bei der Untersuchung die Note 2,4 oder besser bekommen, weitere 20 Prozent liegen im Bereich zwischen 2,5 und 2,9. „Das System funktioniert ähnlich wie bei Schulnoten, allerdings geht bei uns die Skala nur bis zur Note 4“, erklärte Wirtz. Erhält eine Brücke die Note 4, müsse sie sofort gesperrt werden. In Stockach sei das bei keiner Brücke der Fall. „Von so einer guten Statistik können andere Städte nur träumen“, so Wirtz.
Eine Brücke, bei der laut Untersuchung allerdings akuter Handlungsbedarf besteht, ist die Brücke beim Eisweiher in Espasingen. Sie kommt nur auf eine Note von 3,6. „Das Widerlager ist komplett unterspült und die Standsicherheit auf Dauer damit nicht mehr gegeben“, so Wirtz. Allerdings könne die Brücke momentan noch gehalten werden. Bei den Widerlagern handelt es sich um die Unterkonstruktion der Brücke, die mit dem Erdreich an den Ufern verbunden ist.
„Wir schauen uns auch immer an, welchen Verkehrsbelastungen eine Brücke ausgesetzt ist“, erklärt Wirtz weiter. Bei der Brücke in Espasingen müsse man sich Gedanken machen, ob es sich überhaupt lohne, diese zu erhalten. „Wenn es der einzige Rettungsweg für einen Hof ist, ergibt das sicherlich Sinn, aber wenn die Brücke sonst keine große Bedeutung für den Verkehr hat, muss man überdenken, ob sich eine Erneuerung der Brücke lohnt“, so Wirtz. Bei der zweiten Brücke, die bemängelt wurde, handelt es sich um die Fußgängerbrücke über die Stockacher Aach in Zizenhausen. „Diese wurde bereits erneuert“, berichtete die Bürgermeisterin.
Oft reichen schon geringe Maßnahmen aus
Bei allen anderen Brücken reichen laut Wirtz auch geringere Maßnahmen aus, um diese in einem guten Zustand zu halten. „Fugen schließen, Unkraut entfernen und Reinigungsmaßnahmen. Das ist alles mit geringem Aufwand zu machen“, sagt er. Wichtig sei es, präventiv zu arbeiten. „Wenn die Brücke im Wasser liegt, wie damals in Dresden, ist es zu spät“, so Wirtz.
Die Normen, denen Brücken genügen müssen, seien im Zuge des damaligen Unglücks nochmals nachgeschärft worden. „Deshalb kann es sein, dass sich der Zustand einer Brücke gar nicht verändert hat, die Note, die sie bekommt, aber dennoch schlechter geworden ist, seit der letzten Prüfung“, so Wirtz. So könne es auch vorkommen, dass gerade erst neu gebaute Brücken nicht die Schulnote 1 erreichen.
Handlungsempfehlungen sollen Zustand sichern
Stadtrat Marcel Reiser (SPD) erkundigte sich nach den Brücken mit Zustandsnote 2,9. „Kann man davon ausgehen, dass das auf diesem Niveau bleibt bis zur nächsten Prüfung in drei Jahren, oder muss man mit einer Verschlechterung rechnen?“, wollte er wissen. Wirtz verwies darauf, dass er der Stadtverwaltung eine Datei mit Handlungsempfehlungen übergeben habe, aus der hervorgeht, welche Maßnahmen in den kommenden Jahren durchgeführt werden sollten, um die Brücken weiterhin in einem guten Zustand zu halten.
Doch was ist mit den Brücken, die nicht in städtischem Besitz sind? Das wollte Stadtrat Martin Bosch (CDU) wissen. „Jeder, der ein Brückenbauwerk besitzt, ist verpflichtet, dieses regelmäßig überprüfen zu lassen“, erklärte Wirtz. Das gelte für Kommunen genauso wie für private Brücken.