Ramona Löfflerr

Ein Tag der offenen Tür im Gefängnis? Geht das? Wenn es leer ist und kurz vor dem Abriss steht – ja. Genau das war im Jahr 1976 in Stockach der Fall. Die Stadt hatte bis zum 7. Dezember jenen Jahres ein Gefängnis-Gebäude. Es stand an der Richard-Wagner-Straße hinter dem Amtsgericht, wo heute der große Parkplatz ist. „Man durfte am Ende durchlaufen“, erinnert sich Alt-Bürgermeister Franz Ziwey.

Wo heute der Parkplatz an der Richard Wagner-Straße ist, war bis 1976 das Stockacher Gefängnis. Rechts im Hintergrund ist durch die ...
Wo heute der Parkplatz an der Richard Wagner-Straße ist, war bis 1976 das Stockacher Gefängnis. Rechts im Hintergrund ist durch die Bäume das Amtsgericht zu sehen. | Bild: Löffler, Ramona

Zum Zeitpunkt der Öffnung vor dem Abriss habe das Gebäude, das laut dem Buch „Aus Stockachs Vergangenheit“ im Jahr 1899 gebaut wurde, aber bereits viele Jahre leer gestanden, erzählt der ehemalige Stadtrat Fritz Metterhauser senior.

Er erinnert sich noch an den Gefängnis-Aufseher namens Bär. „Er war ein ruhiger, netter Herr, der bis zum Ende geblieben ist“, sagt Metterhauser. An der Stelle des heutigen Gebäudes mit Kik (zuvor Vögele und Streco) habe früher ein flaches Gebäude gestanden, in dem der Gefängnis-Aufseher gewohnt habe. Das Gefängnis sei bereits so lange leer gewesen, dass es 1951 beim Narrentreffen für Übernachtungen genutzt worden sei.

Der helle Platz in der Mitte beim Amtsgericht war der Standort des Stockacher Gefängnisses. Es wurde 1976 abgerissen. Dieses Foto ist im ...
Der helle Platz in der Mitte beim Amtsgericht war der Standort des Stockacher Gefängnisses. Es wurde 1976 abgerissen. Dieses Foto ist im April 1977 entstanden. | Bild: Dietmar Geistmann
Am Standort des einstigen Gefängnisses (Mitte) ist heute ein Parkplatz. Der Gebäudekomplex rechts in der Mitte ist das Amtsgericht.
Am Standort des einstigen Gefängnisses (Mitte) ist heute ein Parkplatz. Der Gebäudekomplex rechts in der Mitte ist das Amtsgericht. | Bild: Gerhard Plessing

Das Gebäude habe dem Land gehört, das Gelände hingegen der Stadt, erzählt Ziwey. Die Stadt habe nichts mit den Abrissplänen zu tun gehabt. Metterhauser ergänzt: „Die Stadt hat nicht über einen Kauf nachgedacht.“ Es sei zwar Wohnraum benötigt worden, doch die Mitarbeiter im ehemaligen Landratsamt, das zum Rathaus wurde, hätten Parkplätze gebraucht. Es habe auch viel Verkehr von außerhalb gegeben, der Parkraum notwendig machte. Es habe damals noch kein Parkhaus wie heute am Rathaus gegeben.

Fritz Metterhauser arbeitete 1976 bei der Sparkasse und hatte kurz zuvor die Leitung der Filiale in der Zoznegger Straße übernommen. Er habe den Abriss des Gebäudes mitbekommen, aber selbst nicht hingehen und zuschauen können.

Das leerstehende Stockacher Gefängnis wurde am 7. Dezember 1976 abgerissen. Rechts im Hintergrund ist das Amtsgericht zu sehen.
Das leerstehende Stockacher Gefängnis wurde am 7. Dezember 1976 abgerissen. Rechts im Hintergrund ist das Amtsgericht zu sehen. | Bild: SK-Archiv

Sprengstäbe hatten wenig Effekt

Der SÜDKURIER berichtete am 8. Dezember 1976 über den Abriss am Vortag in drei Bildern, die zeigten, wie ein Großteil des Gebäudes zusammengefallen war. Es klappte allerdings nicht schnell und einfach.

In der damaligen Ausgabe stand: „Hartnäckiger als erwartet, wehrte sich das alte Stockacher Gefängnis um sein Leben. Gestern Nachmittag, pünktlich um 15 Uhr, wurden 250 Sprengstäbe gezündet. Sie rissen nur einige Löcher in die poröse Muschelkalt-Fassage, der Total-Zusammenbruch blieb aber aus.“

Schaulustige verfolgten, wie das ehemalige Gefängnis am 7. Dezember 1976 teilweise einstürzte.
Schaulustige verfolgten, wie das ehemalige Gefängnis am 7. Dezember 1976 teilweise einstürzte. | Bild: SK-Archiv

Deshalb musste schließlich schweres Gerät anrücken, so der Text weiter: „Mit mehr Erfolg setzte dann ein schwerer Schaufellader das Zerstörungswerk an dem stark angeschlagenen Gebäude fort“, beschrieb der SÜDKURIER.

Dieser habe mit Hilfe eines Stahlseils in mehreren Etappen die durch den Sprengsatz freigelegten Stützpfeiler zum Einsturz gebracht. Im Anschluss fielen weitere Gebäudeteile zusammen, wie zum Beispiel der Nordturm.

Beim Abriss entstand eine große Staubwolke.
Beim Abriss entstand eine große Staubwolke. | Bild: SK-Archiv

„Mächtige Staubwolken umhüllten die Gefängnis-Ruine weiter.“ Nach dieser Aktion stand noch etwa ein Drittel des Gebäudes, dem die Baufirma Mühlherr-Wagner dann zu Leibe rückte, nachdem die Trümmerhaufen rundherum beseitigt waren.

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