Das Gras auf den Wiesen des Campingplatzes in Orsingen wächst, die Tische und Stühle des Restaurants sind unbesetzt und im Wasser des leeren Freibads spiegelt sich der Himmel. Jürgen Blum, Geschäftsführer des Camping- und Freizeitparks in Orsingen, hätte nie gedacht, dass er jemals über mehrere Monate gleich alle drei seiner Standbeine schließen muss: „Ich hatte es vor Corona endlich geschafft, mit dem Campingplatz, Restaurant und Freibad einen Ganzjahresbetrieb am Laufen zu halten.“
Damit das auch in Zukunft wieder klappen kann, hat Jürgen Blum sich Gedanken über neue Wege gemacht: „Wir wollen die Chance nutzen und beispielsweise die Reservierungen digital weiter ausbauen. Früher sind die Leute einfach mal drauf losgefahren. Das geht heute nicht mehr“, sagt Blum. Stattdessen müsse jetzt nahezu jeder Campingplatz im Vorhinein gebucht werden.
Auf seinem Gelände könne bereits jetzt jeder Besucher seinen Urlaub über das Internet buchen und sich den Platz auf dem Gelände aussuchen. Dafür habe der 34-Jährige einen 3D-Rundgang seines Campingplatzes erstellen lassen. „Die Kunden können so entscheiden ob sie lieber in Waldnähe zelten möchten oder doch näher an den sanitären Anlagen.“ Auch der Preis sei auf diese Weise sofort ersichtlich. Die Reservierungen der Restaurantplätze seien zwar ebenfalls praktisch, „trotzdem möchte ich spontanen Gästen auch in Zukunft noch einen Kaffee auf der Terrasse anbieten können.“

Wann es soweit ist, steht derzeit aber noch in den Sternen. Seit dem vergangenen Jahr ist Blums Lage vor allem eines: perspektivlos. Wann Jürgen Blum seinen Betrieb wieder aufnehmen darf, ist derzeit nicht absehbar. Und selbst wenn die Bundesregierung beschließen würde, dass die Gastronomie morgen wieder öffnen darf, wären die Lieferketten über Wochen hinweg überlastet.
Der 34-Jährige erklärt: „Stell dir das Szenario doch einfach mal am Beispiel Bier vor. Wenn auf einen Schlag alle Gastronomen wieder frisches Bier benötigen, kommen die Brauereien nicht mehr hinterher.“ Er habe sich schon viele Pläne und Maßnahmen überlegt, wie er mit der Wiedereröffnung umgehen könnte. Auch über die Luca-App, die bundesweit die Kontaktnachverfolgung erleichtern soll, habe er sich bereits informiert. Die Pläne lägen schon seit Monaten in der Schublade.
Es mache einfach keinen Sinn, jetzt etwas anzufangen. „Morgen kann es so oder so schon wieder ganz anders sein.“ Er verstehe nicht, wieso auch das autarke Wohnmobilgeschäft stillsteht. Die Anreise, der Check-in und alles Weitere könne er kontaktlos und sicher gestalten. „Hier wären die Urlauber wenigstens alle registriert und die Kontaktnachverfolgung gesichert. In Mallorca kümmert das niemanden“, macht er seinem Unverständnis Luft.
Paradox sei auch, dass er seine Mobilheime als Homeoffice-Büros anbieten dürfe. Von 7 bis 19 Uhr könnten Gäste die kleinen Wohnungen auf dem Campingplatz dafür beanspruchen. Angeboten hat er diese Option trotzdem nicht: „Wer will schon nach Orsingen, um von dort aus zu arbeiten? Auch wenn wir auf dem gesamten Gelände gutes WLAN haben, sind wir trotzdem ein Ferienort für Familien und kein mobiles Büro.“ Den wenigen Gästen, die anzurufen, könne er in der aktuellen Situation auf Anfragen keine Auskunft geben.
„Du hängst voll in der Luft und das Schlimme ist: Jeder will raus und sobald wir wieder öffnen dürfen, werden wir wahrscheinlich überrannt.“ Die aktuelle Lage belaste Jürgen Blum. Laufende Kosten wie beispielsweise Strom müsse er außerdem trotz der aktuellen Situation weiterhin bezahlen. „Wir konnten zwar alle elf Festangestellten behalten, aber momentan sind sie in Kurzarbeit“, sagt der Betreiber der Anlage in Orsingen-Nenzingen.
Und sein Netzwerk werde durch die Pandemie langsam brüchig. Aushilfen wie Studenten oder Saisonarbeiter muss er von Woche zu Woche vertrösten: „Ich kann ihnen nur das weitergeben, was durch die Medien ohnehin schon bekannt ist. Mein aufgebautes Netzwerk bricht so mehr und mehr weg, weil sich diese Menschen logischerweise anderweitig umsehen.“
Einnahmen fehlen
Im vergangenen Jahr war das Restaurant, der Campingplatz und das Freibad bereits von März bis Mai geschlossen. Die Monate Juli und August seien gut gewesen. „Da war das Gelände voll ausgebucht“, so der Blum. Aber: „Das Defizit konnte ich dennoch nicht nachholen.“ Selbst wenn die Türen geöffnet waren, durfte in seinem Restaurant nur die Hälfte der Bestuhlung stehen. Auch Feste und Events sind weggebrochen: „Eigentlich hatten wir im November und Dezember immer Weihnachtsfeiern im Restaurant.“ Für die Zukunft wünsche er sich mehr Perspektive.