Wie geht es der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch?
Wir blicken auf ein gutes Jahr 2019 mit hohen Wachstumsraten zurück. Wir konnten unseren Kreditbestand um etwa 30 Millionen Euro auf 525 Millionen Euro steigern und auch bei den Einlagen unserer Kunden ist das Volumen um 30 Millionen auf 637 Millionen Euro gestiegen. Der Blick zurück fällt daher positiv aus – jetzt ist aber alles anders. Aufgrund des Coronavirus hat sich die Welt in einer bisher nicht gekannten Dynamik und Heftigkeit in kürzester Zeit total verändert. Von daher sind wir – wie alle Menschen – derzeit verunsichert, wie diese Situation von der Gesellschaft bewältigt werden kann.
Wie macht sich die Corona-Pandemie im Arbeitsalltag bemerkbar?
Auch bei uns haben sich viele Aufgaben und Abläufe verändert und die Prioritäten sind jetzt andere. Die Gesundheit unserer Kunden und unserer Mitarbeiter steht dabei an erster Stelle. Wir beachten die Vorgaben und Empfehlungen der Gesundheitsämter und des Robert-Koch-Instituts. Banken und Sparkassen gehören zur sogenannten kritischen Infrastruktur, die aufrechterhalten werden muss. Unsere Aufgabe ist es, den Zahlungsverkehr und die Bargeldversorgung sicherzustellen. Hierzu haben wir bereits vor einiger Zeit eine konsequente Trennung unserer Bereiche Pfullendorf und Meßkirch vorgenommen und damit eine doppelte Bereithaltung unserer Leistungen sichergestellt. Zudem wurden auch die Kapazitäten für Home-Office von Mitarbeitern erweitert.
Einige Banken schließen schon Filialen – was plant die Sparkasse?
Unsere Geschäftsstellen sind grundsätzlich weiterhin geöffnet. Lediglich unsere kleinen Filialen in der Pfullendorfer Oberstadt, in Denkingen und Aach-Linz sowie in Großschönach und Leibertingen sind aktuell nicht geöffnet. Die Bargeldversorgung ist durch 13 Geldautomaten in unserem Geschäftsgebiet – davon drei Geräte auch mit Einzahlungsfunktion – gesichert. Es ist jetzt auch ein großer Vorteil, dass nahezu zwei Drittel unserer Kunden ihr Girokonto mittlerweile per Online-Banking oder Sparkassen-App führen. Zudem haben wir auch unser Kundenservicecenter personell verstärkt. Unter der zentralen Rufnummer 0 75 52/26 33 33 kümmern wir uns an allen Arbeitstagen von 8 bis 17.30 Uhr um die Anliegen unserer Kunden.
Wie ist der Zustand der heimischen Wirtschaft? Was berichten Ihnen Privatkunden und vor allem Unternehmer?
Wir verspüren insbesondere bei den Unternehmen eine große Verunsicherung. Die Corona-Krise hat alle Branchen völlig unerwartet und mit großer Wucht getroffen. Einnahmen und Umsätze sind innerhalb kürzester Zeit zum Teil komplett weggefallen, beispielsweise in der Gastronomie. Dabei haben die Unternehmen nichts falsch gemacht und selbst keine Fehlentscheidungen getroffen. Bei den Privatkunden steht momentan die Gesundheit an oberster Stelle. Mögliche wirtschaftliche Folgen sind derzeit noch nicht absehbar und sehr stark davon abhängig, wie lange es dauert, bis die Corona-Krise überwunden ist. Aber natürlich hat die Verunsicherung im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen auch bei unseren Privatkunden zugenommen.
Welche Probleme drücken Betriebe, Unternehmen und Selbstständige am meisten?
Das Hauptproblem der Betriebe ist der schlagartige Wegfall des Umsatzes. Oft kann derzeit nicht oder nur noch in sehr geringem Umfang gearbeitet und produziert werden. Von der gegenwärtigen Situation sind durchweg alle Branchen betroffen, was diese Krise aus unserer Sicht so gefährlich macht. Die vielen gegenseitigen Abhängigkeiten werden jetzt sichtbar. In diesem Zusammenhang wird derzeit viel von „unterbrochenen Lieferketten“ gesprochen, die zu Produktionsausfällen führen, weil benötigte Teilkomponenten nicht mehr verfügbar sind.
Können Sie alle Kreditwünsche erfüllen, die Sie erreichen?
Wir sehen es als unsere derzeitige Hauptaufgabe an, unsere Kunden in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. Bei den Kreditwünschen oder neuen Finanzierungen wurde die endgültige Ausgestaltung und Handhabung der staatlichen Hilfsprogramme inzwischen weiter präzisiert, wobei aktuell noch einige Detailfragen offen sind. Bund und Länder arbeiten weiterhin mit Hochdruck, damit die Förderprogramme auch schnell bei den Unternehmen ankommen. Die Antragstellung und Auszahlung erfolgt über die jeweilige Hausbank. Hier stehen wir bereit, müssen dabei aber sämtliche Vorgaben der Förderinstitute einhalten, sodass möglicherweise nicht jeder Kreditwunsch umsetzbar ist. Neben neuen Kreditwünschen sind auch die Belastungen aus bestehenden Darlehen zu beachten. Auch hier sind wir in Gesprächen mit unseren Firmenkunden im Hinblick auf Tilgungsaussetzungen und weitere Maßnahmen, um die Liquidität und Zahlungsfähigkeit der Firmen in dieser außergewöhnlichen Situation weiterhin sicherzustellen.
Wo hakt es aus Ihrer Sicht? Was muss verändert werden?
Die Corona-Krise ist eine neue und völlig unerwartete Situation. Aus unserer Sicht ist es positiv zu sehen, dass Bund und Länder die Situation sehr ernst nehmen und viele Maßnahmen sehr schnell auf den Weg bringen. Hier sind aber sicher noch weitere Schritte erforderlich: Nach unserer Auffassung muss zum richtigen Zeitpunkt ein staatliches Investitionsprogramm angestoßen werden, um die Wirtschaft dann wieder nachhaltig in Gang zu bringen. Aus unserer Sicht ist es zudem wünschenswert, einige regulatorische Vorgaben nochmals auf den Prüfstand zu stellen und abzuwägen, ob diese in Krisenzeiten tatsächlich nützlich oder eher Hemmschuhe sind.
EU, Bund und Land setzen Hilfs- und Unterstützungsprogramme für viele Milliarden Euro auf. Ist das der richtige Weg?
Es ist ein Weg, um die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise abzumildern, und in der gegenwärtigen Situation – bei der schnelles Handeln erforderlich ist – sicher richtig. Zu bedenken ist aber, dass die vorgesehenen Förderprogramme in aller Regel Kredite sind. Damit erhöht sich die Verschuldungsquote der Firmen weiter. Für eine gute Bonität benötigen Unternehmen aber eine möglichst hohe Eigenkapitalquote. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass im aktuellen staatlichen Maßnahmenpaket auch die Möglichkeit zur Beteiligung an Unternehmen vorgesehen ist.
Welche Lehren müssen nach Ihrer Meinung aus dieser Gesundheits-, Wirtschafts- und Finanzkrise besonders für den Finanzsektor gezogen werden?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es sicher zu früh, bereits Lehren und Schlussfolgerungen zu ziehen. Es ist aber sehr gut und sehr ermutigend zu sehen, welch große Leistungen bei uns viele Menschen erbringen, um die derzeitige Krise zu bewältigen, die unsere Infrastruktur in vielen Bereichen an ihre Grenzen bringt – insbesondere im Gesundheitswesen. Was den Finanzsektor anbelangt, muss die weitere Entwicklung abgewartet werden. Hilfreich ist dabei, dass Banken und Sparkassen heute über viel mehr Eigenkapital verfügen als in der Finanzkrise 2008 und somit wesentlich widerstandsfähiger und stabiler sind. Aus unserer Sicht muss die Vielzahl der regulatorischen Vorgaben hinterfragt werden, die in den vergangenen Jahren erlassen wurden. Es darf nicht sein, dass die Einhaltung dieser Vorgaben dazu führt, dass schnelle und dringend notwendige Unterstützungen für Firmen verzögert wird.