Die offensichtliche Wut und Verzweiflung eines Baggerfahrers, der an einem Neubau in Blumberg die Balkone herunterriss und Fenster einschlug, erinnert an einen ähnlichen Fall vor rund 30 Jahren ebenfalls in Blumberg. Es war um das Jahr 1990, als im Gewann Dämmlewiesen das Doppelhaus für die Aussiedler gebaut wurde. Mehrere Blumberger Unternehmen seien damals auf einem Großteil ihrer Kosten sitzen geblieben, berichtet Norbert Hinsch, der selbst betroffen war. Abgewickelt worden sei das Ganze auch über einen Bauträger, eine damalige Firma Aeges aus Augsburg, schilderte Hinsch dem SÜDKURIER, und erklärte: „Die haben alle Handwerker am Seil runtergelassen.“
Die Aufträge habe das Staatliche Hochbauamt Außenstelle Rottweil vergeben, die Handwerker hätten vom Bauträger anfangs alle eine Abschlagszahlung von zehn bis 30 Prozent erhalten und danach kein Geld mehr gesehen. Sie hätten dagegen geklagt, doch „die Klage wurde abgewiesen weil die Firma Aeges bankrott ging.“
Ein betroffener Unternehmer sei so wütend und aufgebracht gewesen, dass er dieses Haus ebenfalls platt machen wollte. „Den Fahrer mussten wir ins Auto setzen und festhalten“, für alle ein dramatischer Moment. Die eine Haushälfte steht heute noch, zuletzt war darin das Jugendhaus.

Im aktuellen Fall des Wohnkomplexes in der Vogtgasse kam es dagegen zur großflächigen Zerstörung. Allerdings sind nicht alle Wohnungen betroffen. Rund 16 Wohnungen auf der Südseite Richtung Buchberg, die der Bagger nicht erreichen konnte, seien nicht zerstört, sagte Ingo Fangerow, Geschäftsführer des Bauträgers Blumberger Sonnenblick Grundwert GmbH, dem SÜDKURIER. Wenn man den Eingang richten könne, „kann man die 16 Wohnungen nutzen.“ Ziel sei nun, diese Wohnungen zum 30. September zu vermieten.

Besonders freuen würde sich darauf die Blumberger Mutter Anna Müller. Sie wohnte mit ihren drei Kindern in der Schwarzwaldstraße und hatte vor zweieinhalb Monaten einen Wohnungsbrand, weshalb das Haus nicht bewohnbar ist. „Ich hatte die Befürchtung, dass ich vor dem Nichts stehe. Aber zum Glück ist meine Wohnung oben nicht beschädigt, sodass ich vielleicht in zwei Monaten einziehen kann. Ich sitze derzeit auf gepackten Koffern und Kisten, weil ich zum Einzug bereit bin.“ Aktuell wohnt sie mit den Kindern bei ihren Eltern. Doch sie wünscht sich für sich und die Kinder dringend wieder ein eigenes Domizil.
Die Nachbarn sind noch geschockt. Chiara Frick saß mit ihrer Familie gerade beim Abendessen, als sie den Lärm hörte. Dann machte sie das Video, auf dem zu sehen ist, wie der Bagger die Balkone herunterreißt.

„Wir haben es nur rauschen gehört. Dann hat es einen Moment aufgehört, und dann hat es wieder angefangen,“ sagt Konrad Basler. „Wie verzweifelt muss jemand sein?“ fragt sich Regina Basler. „Ich bin jetzt 60 Jahre in Blumberg, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Angelika Weber haben die Arme versagt: „Ich stand am Fenster und wollte filmen, aber ich konnte es nicht.“

Blumbergs Bürgermeister Markus Keller hatte den Betroffenen, die nach dem Vorfall von Obdachlosigkeit bedroht sind, Hilfe angeboten. Bislang sei aber noch niemand darauf zurückgekommen.