300 Jahre Lebenserfahrung an einem Platz in Donaueschingen vereint? Ja, das gibt es tatsächlich. Und die drei Damen, um die es sich dabei handelt, kennen sich gegenseitig recht gut. Auf die Frage wie man 100 Jahre alt wird, antworten sie unisono: „man muss nur nicht sterben.“ Und daran halten sich die Jubilare Olga Wetzel, Rosa Rusch und Waltraud König bis heute. Jede von ihnen wird 2024 ganze hundert Jahre alt.

Gemeinsam verkörpern sie ein großes Stück Donaueschinger Stadtgeschichte. Zur Schule gingen sie gemeinsam in die damalige Volksschule, der Vorläuferin der Heinrich-Feuerstein-Schule. Die meisten Namen der damaligen Lehrer sind ihnen heute noch geläufig. Nach der Volksschulzeit folgten entweder weiterführende Schulen, beispielsweise die höhere Handelsschule oder der direkte Weg in die Ausbildung.

Olga Wetzel ist in Donaueschingen bekannt als Sekretärin der Bürgermeister im Rathaus, sieben Bürgermeister hat sie betreut, bis sie nach 42 Jahren in der Ära von Bernhard Everke schließlich in den Ruhestand ging. Ihren Anteil am Vereinsleben gab sie im Kirchenchor St. Johann, was ihr „viel Freude über all die Jahre gebracht hat.“

Verschiedene Lebenswege

Einen anderen Weg ging Rosa Rusch, sie verbrachte ihre Berufsjahre bei der Post in Donaueschingen, nachdem sie mit Kriegsende vom Osteinsatz in der Landwirtschaft bei Posen wieder zurückgekommen war. In Donaueschingen war sie in ihrer Freizeit immer aktiv in der Narrenzunft „Frohsinn“ und verfolgt noch bis heute die närrischen Aktivitäten. Beide waren nie verheiratet. Dazu sagt Olga Wetzel: „Der Markt war damals leer, viele Männer waren im Krieg gefallen oder noch nicht aus der Gefangenschaft zurück. So hat es sich nicht ergeben.“

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Waltraud König war indes verheiratet und mit ihrem Mann, der Berufspilot war, viel auf Reisen: „Von Oslo im Norden bis Agadir im Süden waren wir immer wieder für längere Aufenthaltsphasen unterwegs.“ Sie selbst hat den Segelflugschein gemacht und war viele Jahre im Donaueschinger Segelflugverein aktives Mitglied. „Wenn wir uns in St. Michael treffen, haben wir fast jeden Tag ein Klassentreffen“, sagt Rosa Rusch schmunzelnd, „und erinnern uns noch an viele Anekdoten.“

Als der alte Fürst zum Baden kam

Etwa als das Parkschwimmbad in Betrieb genommen wurde: Es war ein im Sommer beliebter Treff für die Donaueschinger. Auch die Fürstenfamilie habe das Angebot genutzt. Olga Wetzel erinnert sich noch, dass dann die Bademeisterin Frau Herrmann laut rief: „usi mit dem Lumpezig, dä Fürst kunnt“ – und die Badenden machten das Becken frei.

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Da alle drei Jubilarinnen keine Kinder haben werden sie von ihren auch schon betagten Nichten oder Neffen besucht. Rosa Rusch hat noch einen 96-jährigen Bruder, „der sich um meine bürokratischen Angelegenheiten kümmert.“

Besser damit umgehen

Wichtige Einschnitte in ihrem Leben waren generationsbedingt die Kriegszeit und die Aufbauzeit danach und nun auch die Corona-Pandemie, die doch schwierig für alle drei war: „Und ich fürchte, da kommt wieder etwas“, ist sich Waltraud König sicher. „Und ich wünsche allen, dass wir besser damit umgehen.“

Das Zeitgeschehen und die Weltlage nehmen sie alle durch die tägliche Zeitungslektüre oder auch aus dem Fernsehen wahr. „Wenn ich in der Zeitung hinten ankomme, weiß ich nicht mehr, was am Anfang war, aber dafür funktioniert das Langzeitgedächtnis bestens“, sagt Waltraud König lachend.

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Ihre Tage in St. Michael verbringen sie entweder in Gemeinschaft, mit Besuchern oder auch allein. Rosa Rusch hat für sich ein Gymnastik- und Bewegungsprogramm zusammengestellt, das sie täglich absolviert. „Man kann nicht sagen, ob früher alles besser war, es waren andere Zeiten“, stellt Olga Wetzel klar. „Wir hatten viel mehr Aufwand im Haushalt, beispielsweise Waschen ohne Maschine, Kohlenöfen und anderes, aber es war alles viel ruhiger, übersichtlicher und entspannter als heute“, sagt Waltraud König.

Die Straße als Spielplatz

„Und als Kinder war die Straße unser Spielplatz, den wir alle ausgiebig und kreativ genutzt haben“, meint Rosa Rusch. Aus ihren Lebenserfahrungen würden sie nachfolgenden Generationen empfehlen: „Bescheiden und sparsam zu sein. Man muss nicht immer alles haben und nicht alles wegwerfen. Viele haben mehr, als man tatsächlich braucht“, sind sich die Drei sicher.