Baden-Württemberg hat die Maskenpflicht an Schulen zu großen Teilen gekippt. Seit Montag, 21. Juni, sollen nur noch in den Landkreisen Masken auf dem Schulgelände im Freien getragen werden müssen, in denen die Inzidenz über 50 liegt. Im Schwarzwald-Baar-Kreis liegen wir bereits seit einiger Zeit weit unter dem Inzidenzwert von 50. Ist es deshalb richtig, die Maskenpflicht an Schulen zu lockern?
„Baden-Württemberg hat die Maskenpflicht nicht gekippt, sondern gelockert“, stellt Mario Mosbacher, Rektor am Fürstenberg-Gymnasium in Donaueschingen, fest. „Während sie bei Inzidenzen unter 50 im Freien entfällt beziehungsweise bei Inzidenzen unter 35 in den Klassenzimmern, gilt sie weiterhin auf allen anderen Flächen und in allen anderen Räumen des Schulgebäudes: Flure, Aula, Treppen, Toiletten, Aufenthaltsbereiche“, verdeutlicht Mosbacher. Und damit liegt er absolut richtig, denn das Land knüpft die Lockerungen an die bestehen bleibende Regel, dass im Schulgebäude selbst weiterhin Maske getragen werden muss – das gilt sowohl für Schüler als auch für Lehrer.

Da die Gemeinden auf der Baar als Teile des Schwarzwald-Baar-Kreises mit einer derzeit konstanten Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 liegen, können sie laut den Vorgaben auf die Maskenpflicht während des Schulunterrichts verzichten. Voraussetzung dafür ist, dass es in den vergangenen zwei Wochen keine Corona-Fälle in der jeweiligen Schule gab. Am Fürstenberg-Gymnasium ist das gegeben, bestätigt der Schulleiter: „Es gab innerhalb der vergangenen 14 Tage keinen per PCR-Test nachgewiesenen positiven Corona-Fall an unserer Schule“, so Mario Mosbacher.
Vorsicht trotz aller Lockerungsfreuden
Und wie steht der Rektor ganz generell zu den Lockerungen im Bildungssektor? „Grundsätzlich ermöglichen sinkende Inzidenzzahlen schrittweise Lockerungen bei den Infektionsschutzmaßnahmen, und es ist natürlich verständlich, dass nach eineinhalb Jahren mit Corona der Wunsch groß ist, alles möge endlich vorbei sein“, sagt Mosbacher. „Das ist es aber nicht. Entwicklungen wie die Ausbreitung der Delta-Variante zeigen, dass wir weiterhin vorsichtig sein müssen – nicht nur mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen, sondern auch als Weichenstellung für den Herbst, so weit weg uns diese Zeit jetzt auch erscheinen mag“, ergänzt er. Daher müsse fortlaufend zwischen dem Wunsch nach Normalität und dem Schutz der Gesundheit abgewogen werden.
Jedem freigestellt
Ausgehend von den wissenschaftlichen Erkenntnissen sei es Mosbacher zufolge richtig, zunächst im Freien zu lockern. „Eine Aufhebung der Maskenpflicht im Freien und in den Unterrichtsräumen bedeutet im Umkehrschluss aber ja nicht, dass man dort keine Maske tragen darf. Dies ist natürlich weiterhin möglich, um sich selbst und die anderen Mitglieder der Schulgemeinschaft zu schützen – und viele Schüler und Lehrkräfte tun dies auch“, führt der Gymnasiumrektor aus. Bei sommerlicher Hitze müsse es nicht unbedingt eine FFP2-Maske sein; angepasst an die Temperaturen schütze auch eine OP-Maske schon gut.
Dass Mario Mosbacher ungebrochen vorsichtig agiert, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass er weiß, wie schnell eine Bildungseinrichtung dicht sein kann: „Wichtig für unseren Schulbetrieb ist, dass alle anderen Maßnahmen zum Infektionsschutz – Testungen, Lüften sowie die Ausnutzung der großzügigen Flächen unseres Schulhauses für möglichst große Abstände – konsequent weiter aufrechterhalten werden.“
Bildungslücken schließen
Während sich das laufende Schuljahr allmählich dem Ende entgegen neigt, blickt der Rektor bereits voraus. Mit welchen Hoffnungen und Wünschen geht er also in das nächste Schuljahr? Zunächst einmal wünsche er sich, dass das kommende Schuljahr möglichst wenig durch Corona beeinträchtigt wird. „Wir haben über die üblichen Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen im Vorfeld dieses Schuljahres unsere Schule durch verschiedene organisatorische und planerische Maßnahmen ‚Corona-resistenter‘ gemacht. Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung und die Datenlage werden diese Maßnahmen auch im kommenden Schuljahr nochmals in Kraft bleiben“, erklärt er. Sicher werde das anstehende Schuljahr zunächst im Zeichen der Aufarbeitung der vergangenen eineinhalb Jahre mit der Pandemie stehen, so Mosbacher. Damit meint er etwa das Schließen eventuell entstandener Lernlücken, was das Fürstenberg-Gymnasium durch schulinterne Förderprogramme unterstützen werde. Aber auch jenseits des Schulstoffes gelte es, im pädagogischen Bereich die vergangene Zeit aufzuarbeiten: So hätten sich zum Beispiel Klassengemeinschaften ein halbes Jahr nicht gesehen; die einzelnen Schüler seien unterschiedlich gut durch diese Zeit gekommen. Doch all das benötigt laut Mario Mosbacher Zeit, denn auch die Lehrer sowie die Schulverwaltung müssten sich austauschen, die Corona-Zeit reflektieren und Maßnahmen für die Zukunft ableiten. „Wir haben damit bereits im Rahmen einer Gesamtlehrerkonferenz begonnen“, berichtet er.
Eltern sind gegensätzlicher Meinung
Vonseiten der Vorsitzenden des Gesamtelternbeirats, Ramona Vogelbacher, ist auf Nachfrage zu erfahren, dass es bei den Eltern „unterschiedliche und konträre Sichtweisen“ gibt, was die Maskenlockerung anbelangt. Vor dieser Nachricht hätten sich Eltern gemeldet und gefragt, „ob ich nicht etwas gegen die Maskenpflicht tun kann oder wenigstens Lockerungen erwirken kann, da es durchaus Kinder gibt, die mit Kopfschmerzen nach Hause kommen“. Doch gegen die Verordnungen könne Vogelbacher natürlich nichts unternehmen. Seit die Meldung öffentlich ist, habe sie Kontakte, „dass es den Eltern zu schnell geht und sie ein mulmiges Gefühl dabei haben – vor allem vor dem Hintergrund, dass gerade vieles auf einmal gelockert wird und wir die Delta-Mutation in der Verbreitung haben“.
Ramona Vogelbacher selbst freue sich über alle Lockerungen, „die sinnhaft geschehen“. Sie wünscht sich laut eigener Aussage die Unterstützung der Wissenschaft, da sie nicht nach ihrem „Gutdünken“ entscheiden möchte. Das Wichtigste sei, dass wir nicht noch mal einen Rückfall erleiden und die Kinder wieder in den Wechselunterricht oder das Homeschooling wechseln müssen.
Kinder oder Erwachsene: Wer ist hier vernünftiger?
In ihrer Funktion macht Vogelbacher indes eine interessante Feststellung. Sie erzählt: „Ich bin in intensivem Austausch mit der Eltern- und Lehrerschaft und aus diesen Gesprächen festigt sich mein persönlicher Eindruck, dass viele Kinder und Jugendliche vernünftiger sind als die Erwachsenen und mit Regeln besser klarkommen, als wir denken.“ Dennoch wünsche sich diese Altersgruppe zu recht, „dass sich die Geimpften und Genesenen nun auch solidarisch mit den Jungen zeigen, die in den vergangenen Monaten so viele Einschränkungen auf sich genommen haben zum Schutz der gefährdeten Personen“. Leider erlebe die Elternbeiratsvorsitzende viele Erwachsene, die die Lockerungen mit einer egoistischen Haltung auskosten würden.