23 Grad Außentemperatur am Mittwochabend um 19.30 Uhr. Grillwetter. Und der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei bittet zum Wahlkampfabend im Bürgerzentrum von Mönchweiler.

Der Saal ist gut gelüftet, in den Stuhlreihen bleibt viel Luft. 25 Personen kommen, dazu der Gast des Abends: Marion Gentges. Die baden-württembergische Justizministerin aus dem Kinzigtal ist 100 Tage im Amt. Und Thorsten Frei kann schon wieder einen Polit-Promi aufbieten.

Der Bundestagsabgeordnete ist vor wenigen Tagen 48 Jahre alt geworden. Und sein Wahlkampfprogramm lässt aufhorchen. Die erste Reihe der Parteiprominenz gibt sich bei ihm im Revier die Klinke in die Hand.

Der Kandidat ist auf allen Kanälen präsent

Mit 56,7 Prozent der Erststimmen zog er 2012 in den Bundestag ein. Bei der Bundestagswahl 2017 holte er mit dem zweitbesten Stimmenergebnis in Baden-Württemberg erneut das Direktmandat. Und 2021 wirbelt er los, als müsse er mit letzter Kraft seinen Wahlkreis verteidigen. Am 11. Dezember 2018 wählte ihn die CDU-Bundestagsfraktion zum stellvertretenden Vorsitzenden. Thorsten Frei ist seit Monaten auf allen Kanälen präsent. Im Fernsehen, in langen Rundfunksendungen, am Rednerpult des deutschen Parlaments.

Marion Gentges ist Landesjustizministerin. Sie hält große Stücke auf Thorsten Frei und empfiehlt ihn konkret für ein Regierungsamt.
Marion Gentges ist Landesjustizministerin. Sie hält große Stücke auf Thorsten Frei und empfiehlt ihn konkret für ein Regierungsamt. | Bild: Trippl, Norbert

Daheim im Wahlkreis kann er auffahren, was Rang und Namen hat. Vor zwei Wochen gastierte zunächst der beliebte CDU-Prominente Wolfgang Bosbach in der Neuen Tonhalle. Nun die Landesjustizministerin in Mönchweiler. Als nächstes kommt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nach St. Georgen und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schaut noch im August für einige Stunden im Schwarzwald-Baar-Kreis vorbei.

Ganz ans Ende dieser Orchestrierung kommt der Kreisparteitag Anfang September in Bräunlingen. Nicht einfach so, sondern mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.

In vielen Wahlkreisen zusätzlich aktiv

Thorsten Frei macht es sich zwischendurch nicht auf den Balearen bequem. Zum SÜDKURIER sagte er im Juli, er sei fast immer auf Wahlkampf-Reise, er besuchte etwa „ein gutes Dutzend“ anderer Gebiete von Kollegen, um dort Position zu beziehen. Und um sich nördlich im Land noch besser bekannt zu machen, heißt eine der unausgesprochenen Antworten dazu.

Thorsten Frei tritt heute als Rechtspolitiker auf, nachdem er in seinen ersten Bundestagsjahren in die Außenpolitik geschickt wurde, Afghanistan, der Jemen, die USA. Auf seinem Wahlplakat steht: „Ich bin für Sie da.“ Frei startete in seine rechtspolitisch geprägten Jahre ab 2018 auffällig kantig. Manche nannten ihn deshalb einen schwarzen Sheriff, wenn er über Ausweisung von straffälligen Ausländern sprach. Die Strategie ist bis heute erkennbar: Das Spektrum nach rechts abdichten.

Auf kantig folgt noch geschmeidiger

Thorsten Frei tritt heute allerdings noch geschmeidiger auf. Er spricht viel von „den Menschen“, verteilt Lob, zum Beispiel auch an seine Besucherin in Mönchweiler, die „viel Erfahrung in das Amt“ mitbringe. Frei und Gentges kennen sich seit Jahrzehnten. Beide waren vor 30 Jahren Kreisvorsitzende der Jungen Union in ihrem Sprengel. Sie duzen sich. Am Abend in Möcnweiler darf man fragen, wer von beiden der Ranghöhere ist. Schon die Ministerin? Oder doch der „verehrte Herr stellvertretende Fraktionsvorsitzende“ , wie ihn Marion Gentges anfangs begrüßt.

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Gentges und Frei berichten den Anwesenden, überwiegend Mitglieder und Funktionäre aus der CDU-Region, wie gut es doch Baden-Württemberg vergleichsweise habe. Zum Beispiel bei der Versorgung des Landes mit Richtern und Staatsanwälten. Oder bei der Digitalisierung der Gerichte im Land. Frei macht klar: Die CDU müsse die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie vorantreiben.

Das Land steht für die Ministerin gut da

Für Gentges liegt Baden-Württemberg gut, auch bei kritischeren Themen, etwa der Sekundär-Migration. Davon spricht man, wenn geflüchtete in Länder wie Griechenland und Italien einreisen und von dort beispielsweise leichter nach Deutschland ziehen. Gentges: „Wir können nicht nach Griechenland abschieben, auch nicht nach Italien.“ Die Gerichte sei da klar dagegen. Grund sei die schlechte Versorgungslage der Menschen vor Ort. In Baden-Württemberg sei das aber „noch nicht ein so großes Problem“. Auch Thorsten Frei äußert sich zu Abschiebung von Straftätern: Nach Afghanistan könnten wir das wieder machen, wenn sich dort die Lage bessere. An diesem Mittwoch hatte Innenminister Horst Seehofer allerdings just einen Abschiebestopp nach Afghanistan verfügt. Im Saal wird gelacht über Freis Hoffnungen auf eine bessere Lage in Afghanistan. Keiner der Versammelten scheint das zu glauben. Marion Gentges sagt, das Recht müsse „von den Bürgern verstanden werden“, es gelte, es auch bei Straftaten „rasch durchzusetzen“.

Vom Hochwasser bis zu den Abschiebungen

In der Diskussion kommen auch Fragen aus dem wirklichen Leben an die beiden Diskutanten. Zum Beispiel, wie es mit dem Hochwasser- und Katastrophenschutz bestellt sei. „Wir waren da nicht vorbereitet, das muss man einfach so sagen“, formuliert Marion Gentges und schaut nach oben, so als richte sie den Blick nördlich in andere Bundesländer. Thorsten Frei assistiert: „Viele Bürger kennen die Warn-App nicht. Nur 16 Prozent haben schon einmal etwas von Nina gehört“, sagt er zum Smartphone-Programm, das sich jeder kostenlos auf sein Handy laden kann. Gentges und Frei sprechen auch über eine Bundestagssitzung diesen Sommer, bei der eine Verbesserung beschlossen werden solle. Warn-SMS sollen dann auf alle Handys geschickt werden können, die in einem geografisch eingegrenzten Funkgebiet liegen. Andere Staaten praktizieren das längst. In USA und Australien gibt es Hai-Alarm am Strand via SMS. Der Vorteil dieser Nachrichten: Sie öffnen sich direkt und ohne weiteres Zutun direkt auf dem Startbildschirm.

Thorsten Frei gibt im Wahlkampf alles und tritt locker auf. Ohne Krawatte sah man ihn früher auf einer Bühne nie.
Thorsten Frei gibt im Wahlkampf alles und tritt locker auf. Ohne Krawatte sah man ihn früher auf einer Bühne nie. | Bild: Trippl, Norbert

Bis zum 26. September wird die politische Positionierung er Bürger in Deutschland wohl in Bewegung bleiben. Am Mittwochabend in Mönchweiler ist keine Rede davon, das die CDU aktuell politisch Alarm hat. Die Christdemokraten sind in zwei an diesem Tag bekannt gewordenen Umfragen abgesunken, die Grünen sind nahe aufgerückt, die SPD kommt ebenfalls näher. kein Wort dazu in Mönchweiler.

Ein Name fällt den ganzen Abend über nicht

Auffällig auch: Ein Name fällt den ganzen Abend über gar nicht. der vom Spitzenkandidaten der CDU im Bund. Von Armin Laschet ist im Saal in Mönchweiler nicht die rede. Die Landes-CDU galt vor Jahresfrist dem Lager von Friedrich Merz zugeneigt. Die Bundespartei entschied sich dann aber mehrheitlich für den Ministerpräsidenten aus Nordrhein-Westfalen.

Bei der CDU im Schwarzwald-Baar-Kreis schaut man lieber auf sich und das Ländle. Schließlich gibt es ja Spannendes zu bereden. Wird Thorsten Frei Minister? Oder Staatssekretär? „Eher Innenminister als Justiz“, sagt CDU-Kreisgeschäftsführerin Tanja Hall an diesem Abend und fügt hinzu: „Ich würde es ihm von Herzen gönnen.“

Die Faktoren für Freis weitere Karriere

Ob das gelingen kann, hängt vor allem von der Zusammensetzung der neuen Bundesregierung ab. Wie viele Koalitionäre wird es geben – zwei oder drei, die sich solche Posten dann teilen? Und: In der CDU werden herausragende Bundesämter auch nach Regionen-Proporz vergeben. Aus Südbaden gilt auch der Konstanzer Andreas Jung als klarer Anwärter auf höchste Weihen. Geht es am Ende bei der Vergabe der Bundes-Posten auch darauf, wer das bessere Wahlkreis-Ergebnis hat?

Für Marion Gentges gibt es da nicht viel zu debattieren. Frei sei „ein herausragender Rechtspolitiker in Deutschland“. Sie sagt vor der Versammlung in Mönchweiler, als sie die Vorzüge von Thorsten Frei einmal mehr herausstreicht. „Am 26. September geht es darum, wem wir die neue Regierung anvertrauen wollen. Ich finde, so Leuten wie dem Thorsten Frei zum Beispiel.“ Im Saal klatscht keiner. Einschätzungen wie diese gelten offensichtlich als normal.