Was bedeuten die Wahlergebnisse für die Bürger der Region? Soviel steht fest: Es gibt eine gewaltige Verschiebung jenes Punktes, der gemeinhin als das Machtzentrum bezeichnet wird. Mit Folgen für VS.

  • Das Oberzentrum: Eines ist nach der Wahl am 14. März klar. Der Weg nach Stuttgart führt nun definitiv nicht mehr über die CDU. Auch nicht als Schleichweg wie zuletzt, als der Schonach Karl Rombach trotz Verlusts des Wahlkreises doch noch ins Parlament gerutscht war. Das Machtzentrum hat sich endgültig verschoeben. Erste Adresse als Transmissionsriemen für die Wählerschaft ist nun definitiv Martina Braun. Und auch Frank Bonath. Es wird sich voraussichtlich erst Ende nächster Woche abzeichnen, wie eine grün geführte Regierungs-Koalition aussehen könnte. Schafft es die waidwunde CDU doch noch mal auf die Ministerbank? Kommt es bei den christlichen Demokraten zur Einsicht, dass eine Neuaufstellung des eigenen Geschwaders in der Opposition zielführender gelingen könnte? Und: Wie sehr abgemeldet wären eigentlich die Strukturen der CDU außerhalb der über Jahrzehnte gewohnten Regierungsposition?
  • Roth und Bonath, Roth und Braun: VS-OB Jürgen Roth und mit ihm 86.000 Bürger müssen zur Kenntnis nehmen: VS hat mal wieder ein politisches Problem. Frank Bonath darf als Kritiker von Roth bezeichnet werden. Seit dem OB-Wahlkmapf sind die beiden immer wieder im Schützengraben,. Und jetzt? Bonath gibt sich konzilant und bestätigt ganz allgemein „Differenzen“, ist aber als Taktiker auch schlau genug, von politischen Schnittmengen zwischen ihm und dem OB zu sprechen. Die CDU hat im Wahlkreis VS kein Mandat mehr, höchstens ist da noch Guido Wolf aus Tuttlingen, der sogar in seiner Heimatstadt einen jungen grünen Handwerker deutlich passieren lassen musste im Stadtergebnis. Roth muss jetzt für VS-Wünsche an Stuttgart bei Martina Braun anklopfen. Er wird dies mit einem galanten Lächeln tun – müssen.
Frank Bonath und sein Wahlplakat in Bad Dürrheim. Bild: Norbert Trippl
Frank Bonath und sein Wahlplakat in Bad Dürrheim. Bild: Norbert Trippl | Bild: Trippl,Norbert
  • Breitbandversorgung: Die Millionen fürs Breitbandprojekt kamen und kommen vor allem aus Stuttgarter Fördertöpfen. Schon bislang gab es hier Schwierigkeiten. Während Schwarzwald-Baar Glasfaser bis an den letzten Bauernhof verlegen lässt, stockten die Zahlungen vom Land öfters. Über ein Jahr war Stillstand in Marbach bei Villingen. Gelder für das schnelle Internet kommen auch vom Bund. Der entscheidende Fördertopf für Glasfaserausbau ist aber im Innenministerium Baden-Württembergs verortet. Hier wirkt bislang Minister Strobl. Er hat gerade seinen Heimatwahlkreis Heilbronn mit 23 zu 30 Prozent an eine grüne Mitbewerberin verloren. Klar ist auch: Sowohl Martina braun wie auch Frank Bonath sind überzeugt vom Projekt, sollte das Ministerium vor einem politischen Farbenwechsel stehen.
  • B 523: Seit fast 30 Jahren wartet der Schwarzwald ab Mönchweiler und Sankt Georgen auf eine neue Trasse an der Stadteinfahrt von der Autobahn beim Schwarzwald-Baar-Center. Die Straße macht hier stadteinwärts eine 90-Grad-Kuve nach links und soll genau dort geradeaus zum Mönches führen und hier auf die B33 einschleifen. Vorbei an Feldern, einem Wäldchen und einem Villinger Wohngebiet. Zuständiger Minister ist Winfried Hermann. Er ist grüner Wahlgewinner. Der baden-württembergische Verkehrsminister baute sein Ergebnis von vor fünf Jahren (37,2 Prozent) weiter aus und setzte sich mit 39,8 Prozent der Stimmen durch. Übrigens direkt gegen Susanne Eisenmann, die CDU-Spitzenkandidatin. Gleichzeitig wollen die Grünen nun Ökologisches mehr in den Vordergrund rücken. Ob dies eine Bedeutung hat für die Querspange vor Villingen? Hermann gilt ökologisch als 100-Prozentiger, hat aber bislang Zustimmung zum B 523-Projekt signalisiert. Beruhigend wird abgewunken: Das Regierungspräsidium plane die Straße bereits. Klar ist aber auch: In Corona-Zeiten könnte das Geld auch anders eingesetzt werden. Die Maßnahme ist im aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 im vordinglichen Bedarf mit voraussichtlichen Gesamtkosten von 25,9 Millionen Euro eingestuft.
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  • Abgeordnete mit Funktion? Spannend zu sehen wird sein, ob Martina Braun oder Frank Bonath eine Position in ihrer Fraktion erhalten. Bei Martina Braun müsste eine solche Aufwertung nun eigentlich erfolgen. Sie hat glänzende Wahlergebnisse auf schwierigem Terrain geholt, 12 Prozent Anstand zwischen sich und die CDU im Wahlkreis gelegt, gemeinhin wird so etwas von Parteien mit einem Bonbon belohnt. Für Frank Bonath ist damit bereits jetzt in der FDP nicht unbedingt zu rechnen. Neulinge müssen zunächst den Politikbetrieb verstehen lernen. Martina Braun hat eben erst kundgetan, dass sie nun keine Anlaufzeit mehr benötigen würde. Sie kenne sich aus. Es klingt ein wenig wie: Ich will mehr.
Martina Braun, ganz konzentriert.
Martina Braun, ganz konzentriert. | Bild: Laurin Budnik
  • Automotive: Was das Wahlergebnis für die größte Branche der Region bedeuten kann, ist ungewiss. Ginge das Wirtschaftsministerium an die FDP, wäre wohl das Zeitfenster für den Technologiewechsel bei Fahrzeugantrieben nicht kurz vor der Schließung.
  • Geplante Militärübungen bei Tannheim: Die Grünen haben im Kreistag vor wenigen Tagen kategorisch gegen das Vorhaben gestimmt. Die politischen Entscheidungen fallen aber auf Bundesebene. Bis zur Bundestagswahl Mitte September ist das Verteidigungsministerium in Berlin CDU-geführt.
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