Am Abend des 23. Dezember 2021 soll ein 27-Jähriger im Furtwanger Ortsteil Neukirch seinen Vater niedergeschossen haben. Seit den furchtbaren Ereignissen ringt der 900 Einwohner große Schwarzwald-Ort noch immer mit den Ereignissen. Der verdächtige 27-Jährige befindet sich weiter in Haft und macht nach Angaben aus Ermittlerkreisen von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch.
Technischer Eingriff an der Waffe
Die Mühlen des Gesetzes mahlen aber in diesem Fall besonders genau – und unaufhaltsam. Aufhorchen lässt der aktuelle Stand der Untersuchungen: Demnach gibt es nun erstmalig gesicherte technische Erkenntnisse zur Tatwaffe. „Es handelt sich dabei um eine umgebaute Schreckschuss-Pistole, heißt es aus gut informierten Kreisen gegenüber dem SÜDKURIER.

Genau diese Umstände tauchen den Fall nun aber in ein anderes Licht. Wer eine Schreckschuss-Waffe mit sich führen will, der benötigt dazu den Kleinen Waffenschein. Wer eine Schreckschuss-Waffe so umbaut, dass sie als Tötungswerkzeug eingesetzt werden kann, der bekommt es mit anderen Dimensionen zu tun – sowohl bei der rechtlichen Würdigung als auch wie im Fall Neukirch bei der Strafverfolgung.
Vater verstirbt im Klinikum
Der schwere Verdachtsfall, dass am Ortsrand von Neukirch ein junger Mann auf dem Anwesen der Familie das Leben seines 61-jährigen Vaters mit gezielten Schüssen beendet haben könnte, veranlasste das Gericht, den Sohn des Erschossenen mittels eines Haftbefehls festzusetzen. Der dringend Tatverdächtige war noch am Abend des 23. Dezember mit seinem Auto von dem Anwesen hinab ins Tal Richtung Gutach geflüchtet, wo ihn die Polizei auf der Landesstraße widerstandslos festnehmen konnte.

Während der Sohn auf und davon raste, wurde der Vater schwer verletzt ins Klinikum geflogen. Dort verstarb er in den Morgenstunden von Heiligabend an den Folgen seiner Verletzungen.
Beigesetzt in der Region
Zurück bleiben eine Ehefrau, ein weiterer Sohn und ein ganzer Ort. Viele in Neukirch halten sich zu dem Fall bedeckt. Teilweise, um die schwer erschütterte Familienwelt zu schützen. In Neukirch gibt es bis heute keine neugierigen Fragen zu dem Vorgang aber eine große Bereitschaft, das Schicksal der Hinterbliebenen einfühlsam mitzutragen.
Das wurde nicht zuletzt bei einer Abschiedsfeier in der Kirche deutlich. Der getötete Vater fand an einem Bestattungsort in der Region still seine letzte Ruhe.

Nach dem ersten Klärungs-Schritt der Ermittler stellt sich die Frage, was der Umbau einer Schreckschuss-Waffe zum Tötungswerkzeug rechtlich bedeuten kann. Für das Frage des Vorsatzes und für die Unterscheidung zwischen Totschlag und Mord spiele ein solcher Eingriff in eine Waffe keine Rolle. Fahrlässigkeit oder Vorsatz werden durch die Motivation eines Täters bestimmt. Das Strafgesetzbuch unterscheidet die Verbrechensdimensionen gegen Leib und Leben in den Paragrafen 211 (Mord) und 212 (Totschlag).
„In besonders schweren Fällen ...“
Das Verbrechen eines Totschlags wird schon im Gesetzbuch unterschieden. Definiert ist: „1. Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen“, heißt es hier.
Paragraf 212 definiert ergänzend die Mordumstände. Er setzt damit auf dem vorsätzlichen Totschlag auf und legt fest: „Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.“
„Mit gemeingefährlichen Mitteln ...“
Für die Ermittler wird im Falle Neukirch aus dem Paragrafen 212 unter anderem die Formulierung „oder mit gemeingefährlichen Mitteln …“ rechtlich besonders zu würdigen sein. Genau hier beginnt für die Strafverfolgung die fall-spezifische Bedeutung der umgebauten Schreckschuss-Pistole.
Wer die Waffe umgebaut hat, wird derzeit nach Informationen dieser Redaktion untersucht. Der alleinige Besitz einer Schreckschuss-Waffe ist im Waffengesetz im Gegensatz zu Erwerb oder dem Führen einer solchen Waffe nicht geregelt. Eine umgebaute Schreckschusswaffe fällt jedoch klar unter das Waffengesetz. Schon der Besitz ist strafrelevant.
Die Suche nach einem möglichen Motiv des 27-Jährigen steht nun im Vordergrund der Ermittlungen. Vernehmungen und das Prüfen von Unterlagen dominieren aktuell die Arbeit der Ermittler. Das Schweigen des Inhaftierten erschwert diese Suche.
Betroffene Familie muss nicht alleine bleiben
In der Heimatregion bieten besorgte Verantwortungsträger der Familie Hilfe an. Sie soll, so dies von den Betroffenen gewünscht wird, nicht allein mit den Folgen der Tat umgehen müssen.