Schulaversives Verhalten ist grob umschrieben die Abneigung von Schülern gegen das Konstrukt Schule in seiner ganzen Form. Die Ursachen, die dahinter stecken, sind dabei ganz vielfältig. „Acht Menschen, acht Geschichten“ erklären auch Katja Scheele und Manuel Seeger. Die beiden sind Lehrer und kümmern sich gemeinsam mit Sozialpädagoginnen um die acht Schüler der Klassenstufen sechs bis acht aus Hauptschulen, Werkrealschulen, Real- und Gemeinschaftsschulen. Dabei geht es allerdings nicht um Schüler, die einfach so „die Schule schwänzen, weil sie keinen Bock auf Lernen haben“, betonen die Experten. „Es geht um Schüler, die aus diversen Gründen dem Unterricht nicht mehr folgen können und letztlich komplett verweigern“, erklärt Katja Scheele.

Für Schulverweigerer ist ein ganz normaler Schulalltag im Klassenzimmer nicht mehr vorstellbar. Ein neues Projekt soll jetzt dafür ...
Für Schulverweigerer ist ein ganz normaler Schulalltag im Klassenzimmer nicht mehr vorstellbar. Ein neues Projekt soll jetzt dafür sorgen, dass sie wieder Freude an der Schule finden. Bild: Philipp von Ditfurth | Bild: Philipp von Ditfurth

Die Ursachen hierfür können beispielsweise im familiären Umfeld, aber auch in der Schule selbst liegen. Im Zeitraum von sechs Monaten können diese Schüler, natürlich in Absprache mit dem Schulamt und den Eltern und den betreffenden Schülern, bei „Chance²“ einen neuen Sinn im eigenen Tun finden. Die Lehrer und Sozialpädagogen unterstützen die Schüler dabei, hilfreiche Strategien für das eigene Lernen zu finden. „Es geht aber auch darum, sich selbst anders oder neu kennenzulernen und sich auf Neues einzulassen“, sagt Manuel Seeger.

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Eines der Projekte, bei denen sich die jungen Schüler neu erfahren sollen, ist ein Graffiti-Projekt. Unter Anleitung des Graffiti-Künstlers Jonas Fehlinger wurde in diesen Tagen eine Wand mit Graffiti verziert. Fehlinger ist Kunststudent und erlangte im vergangenen Jahr mit seinem Graffiti einer Villinger Narro-Scheme am Gerber Ecke überregionale Aufmerksamkeit.

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Für ihn war es auch das erste Projekt dieser Art. „Ich arbeite oft mit jungen Leuten zusammen, aber die kommen freiwillig zu mir. Hier sind es Schüler, die das machen müssen.“ Das erforderte anfangs etwas Überzeugungsarbeit, erzählt der Graffiti-Künstler. Gemeinsam erarbeiten die Schüler eine Idee, welche Motive auf die Wand gesprüht werden sollten. Aus mehreren Vorschlägen wurde schließlich das Thema „Weltall“ gewählt.

Begeistert von der Idee

Die Wand wurde von der Baugenossenschaft Familienheim zur Verfügung gestellt. Deren Vorstandsmitglied Sebastian Merkle überzeugte sich persönlich von der Graffitikunst, die an der Garagenrückwand im Fasanenweg entsteht. „Wir waren von der Idee sofort begeistert und haben geeignete Flächen gesucht“, sagt er. Für Merkle soll sich die Unterstützung für „Chance²“ nicht nur in der Bereitstellung einer Garagenwand niederschlagen. „Wir können uns auch eine Kooperation mit unseren Handwerkern bei dem Punkt Berufsorientierung vorstellen“, betont Merkle weiter.

Sebastian Merkle
Sebastian Merkle | Bild: Goetz

Unterstützt wird das Projekt finanziell und materiell von vielen Förderern, beispielsweise von der Freizeitwerkstatt der Lions Clubs aus Villingen und Schwenningen. Deren Vertreter, Roland Brauner für die Villinger Lions und Theo Cordes von den Schwenninger Lions, waren ebenfalls vor Ort, um die Arbeit der jungen Künstlerinnen und Künstler zu bewundern. „Wir haben unser gutes Netzwerk ausgespielt, ohne Netzwerk ginge gar nichts“, sagte Brauner.

Neue Freude an der Schule

Das Team von Chance² betreut die Jugendlichen noch bis zum Beginn des neuen Schuljahres. Im September dann kehren die Schüler an ihre jeweiligen Stammschulen zurück und werden, so die Hoffnung aller Beteiligten, neue Freude an der Schule gefunden haben und vielleicht im nächsten oder übernächsten Jahr ihren Schulabschluss machen.