Eine große, grüne und unbebaute Fläche inmitten einer belebten Stadt. Davon träumen sicherlich viele Kommunen. Denn: Große, freie Bauplätze sind in vielen Städten Mangelware oder gar nicht vorhanden. Solche Flächen bieten enormes Entwicklungspotenzial und sind, wenn vorhanden, meist schnell vergeben.

Nicht so in VS-Villingen. Hier liegt seit etwa 25 Jahren das alte Tonhallenareal brach. 1998 wurde die alte Tonhalle abgerissen und mit ihr auch weitere anschließende Gebäude. Auf der gegenüberliegenden Seite entstand die Neue Tonhalle, die 1999 in Betrieb genommen wurde.

Verschiedenste Vorstöße, die frei gewordene Fläche zu beleben und sinnvoll zu nutzen, scheiterten. So war hier einmal ein Outlet-Center (Morrison) angedacht. Für viel Geld wurde dafür sogar schon der Untergrund mit Betonpfählen gesichert und ein Spatenstich fand statt. Doch der Investor sprang ab und die Stadt kaufte 2003 das Gelände zurück.

In den Folgejahren reihten sich viele weitere Investoren in die Interessentenliste ein. Die Firma Atrium Ullmann beispielsweise schlug ein Familienzentrum vor, die Schonacher Firma Kaltenbach wollte ein Zentrum für Oberbekleidungsangebote errichten, die Firma Hochtief liebäugelte mit einem neuen Einkaufszentrum für die Bereiche Sport und Lebensmittel.

Die Firma Züblin warf Pläne für einen Drogeriemarkt oder einen Elektronikfachhändler in den Ring, 2010 gab es einen erneuten Vorstoß des Baukonzerns Hochtief, der ein Sport-Bewegungszentrum realisieren wollte. Ab 2014 suchte die Gesellschaft Strabag Real Estate aus Freiburg nach potenziellen Mietern für ein Mischkonzept aus Einzelhandel, Büroflächen, Wohnraum sowie einem Hotel.

Am Ende aber scheiterten alle Pläne und erst jetzt, 25 Jahre nach dem Abriss der alten Tonhalle, scheint ein erfolgsversprechendes Konzept gefunden zu sein. Demnach sollen auf dem Areal ein Hotel, ein Vollsortimenter sowie ein Drogeriemarkt Unterkunft finden. Außerdem ist ein Gebäude für das Amtsgericht geplant, das mehrere andere Standorte bündeln soll.

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Geht bei diesem jüngste Anlauf alles gut, dann könnte die 8500 Quadratmeter unbebaute Fläche inmitten von Villingen nun doch bald Geschichte sein. „Ich finde die Wiese eigentlich ganz schön“, sagt dazu Gerhard Jordan, ohne eine Meinung zum angedachten Konzept zu haben. Es sei hier schon so viel geplant gewesen, das müssten andere entscheiden, so der 62-Jährige. Und dennoch hat Jordan mit dem Areal eine ganz besondere Verbindung. Hier standen einst die beiden Gebäude der Schreinerei Jordan. Hier ist Gerhard Jordan aufgewachsen und hat später in dritter Generation am neuen Standort an der Ecke Oberer Dammweg und Niederwiesenstraße übernommen.

Auf einem alten Luftbild von Willi Hönle aus dem Jahr 1992 ist die alte Tonhalle in Villingen noch zu sehen. Dort, wo die Neue Tonhalle jetzt steht, gab es damals einen geschotterte, staubige Parkfläche.

Blick von oben auf das alte und das neue Tonhallenareal früher und heute: Das alte Luftbild stammt von Fotograf Willi Hönle aus ...
Blick von oben auf das alte und das neue Tonhallenareal früher und heute: Das alte Luftbild stammt von Fotograf Willi Hönle aus Donaueschingen, der 1991 mit einem Flugzeug über der Region unterwegs war und den Überflug mit viele Fotos dokumentiert hat. Die alte Aufnahme zeigt noch die Alte Tonhalle sowie weitere Gebäude auf dem Gelände, die Ende der 90er Jahre abgerissen wurden. Dort, wo heute die Neue Tonhalle steht, gab es damals einen geschotterten Parkplatz. | Bild: Willi Hönle / Hans-Jürgen Götz

Zu dieser Zeit hatte die Familie die alte Firmen- und Wohngebäude aber bereits an die Stadt verkauft. „Wir sind 1989 hier raus“, erinnert er sich. Die Gebäude lagen im abgesteckten Sanierungsgebiet und es habe viele Gespräche mit Stadt und Bürgermeister gegeben. „Auch eine Enteignung stand im Raum“, so Jordan.

Letztlich habe man über eine Bank den heutigen Standort zur Übernahme angeboten bekommen. „Das war eine Verbesserung“, bilanziert er heute. Am alten Standort wären in den kommenden Jahren ebenfalls Veränderungen notwendig gewesen. „Die Lastwagen mussten über die enge Brigachstraße oder den Kaiserring auf das Gelände fahren“, erzählt Jordan.

Unser Bild zeigt die Gebäude der ehemaligen Schreinerei Jordan auf dem alten Tonhallenareal. Das Haus mit Ausstellungsraum im ...
Unser Bild zeigt die Gebäude der ehemaligen Schreinerei Jordan auf dem alten Tonhallenareal. Das Haus mit Ausstellungsraum im Vordergrund am Kaiserring hatte die Hausnummer 13. Das Gebäude im Hintergrund links war die Adresse Brigachstraße 14. | Bild: Gerhard Jordan

Trotz der Verbesserungen am neuen Standort hing die Familie noch an den alten Gebäuden, die laut Jordan in den Folgejahren von der Stadt als Unterkunft für Migranten genutzt wurden. Als alles im Jahr 1998 letztlich abgerissen wurde, blutete der Familie das Herz. „Mein Vater Heinz Jordan und ich konnten uns das nicht mit ansehen“, erinnert sich Gerhard Jordan. Erst Tage später habe man die Baustelle schweren Herzens doch besucht, um Abschied zu nehmen und in Erinnerungen zu schwelgen.

Schöne Erinnerungen

Und diese Erinnerungen gibt es reichlich. „Ich habe eine schöne Kindheit hier erlebt.“ Als Kind habe man an der Brigach oft Baumhäuser gebaut, erzählt Jordan. Sein Lieblingsbaum steht hier heute noch. Es ist ein markanter Baum in der zweiten Reihe zum Wasser mit vielen Astgabelungen.

„Einmal haben wir mit großen Brettern aus der Schreinerei die Brigach aufgestaut“, erinnert sich der 62-Jährige mit einem Schmunzeln. Dass dadurch bei einer Mühle weiter flussabwärts zeitweise kein Wasser mehr ankam, blieb nicht unbemerkt. Daran hatten die Kinder in ihrem Spiel aber nicht gedacht.

Später in der Zeit sind dem Schreinermeister die vielen Veranstaltungen in der Alten Tonhalle positiv in Erinnerung geblieben, wie etwa die Lollipop-Disco, Jungendbälle oder Fastnachtsveranstaltungen. Für Jordan waren diese quasi ein Heimspiel. Der Veranstaltungsort lag gleich um die Ecke.

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