Sie sind die Sorgenkinder der Villinger Innenstadt: Verwaiste Geschäfte, die manchmal schon seit vielen Monaten oder sogar Jahren leerstehen. Um das Städtle weiter zu beleben, will die Stadtverwaltung nun neue Wege gehen.
Wie Citymanager Thomas Herr von der stadteigenenen WIR VS GmbH verrät, soll 2025 eine Leerstands- und Ansiedlungsdatenbank entstehen. Sie soll dabei helfen, leerstehende Geschäftsräume schneller zu vermitteln.
Wird die Stadt dadurch zum Makler?
Die neue Datenbank sei nicht als Konkurrenz für die Immobilienmakler zu verstehen, sondern als wertvolles Ergänzungsinstrument, betont der Citymanager. „Es ist nicht unser Bestreben, die Rolle des Maklers zu übernehmen“, so Herr. Gegen Jahresende sei zudem ein Austausch mit den Maklern und Immobilienbesitzern der Innenstädte in Planung.
Eigentümer sind schwer zu erreichen
Immer wieder, so berichtet Citymanager Herr, würden sich bei ihm Interessenten melden, die ein leerstehendes Ladengeschäft anmieten möchten. „Die Herausforderung liegt oft auch darin, die Eigentümer zu erreichen, um einen entsprechenden Kontakt herzustellen“, sagt er.
Herr wirbt daher darum, immer auch das Citymanagement zu informieren, wenn eine Fläche frei wird. „Wir sind Bindeglied und Türöffner für beide Seiten.“ Erst kürzlich sei es gelungen, ein leerstehendes Geschäft an einen Interessenten zu vermitteln – um welches es sich handelt, verrät der Citymanager freilich noch nicht.
Ein Hindernis, das mögliche Pächter und Verpächter oft nicht zueinander finden lässt, seien allerdings laut Thomas Herr die „teils noch recht hohen Pachtforderungen“. Doch wie schlimm ist es denn wirklich bestellt um die Villinger Innenstadt?
Die Niedere Straße: Das Sorgenkind
Die meisten Leerstände, nämlich aktuell zehn, gibt es derzeit in der Niederen Straße. In der zugleich längsten Einkaufsmeile findet sich mit dem ehemaligen Deichmann auch die größte verwaiste Fläche.

Die 600 Quadratmeter Verkaufsfläche sind weiterhin zur Vermietung ausgeschrieben. Beim Mietpreis heißt es lediglich „Auf Anfrage“. Vor einem knappen Jahr war die Fläche noch für 12.000 Euro Pacht pro Monat angeboten worden. Doch es könnte sich bald etwas tun: „Nach unseren Informationen ist der Eigentümer in mehreren Richtungen aktiv“, so Thomas Herr.

Ein neuer Pächter wird derzeit auch für das ehemalige Schmuckgeschäft Blumenstock an der Niederen Straße 7 gesucht. Der Laden ist 52 Quadratmeter groß, das Haus wurde erst kürzlich aufwändig saniert.
Zirbenholzprodukte, Wollsocken, Felle oder Edelsteinschmuck – das Sortiment von „Mein Style“ konnte die Villinger offenbar nicht überzeugen. Auch dieser Laden steht derzeit leer.
Ein trauriger Anblick ist das verwaiste Geschäft zwischen Mode Broghammer und der Targobank. Von einem neuen Mieter gibt es hier zumindest auf den ersten Blick keine Spur.

Gleich vier Leerstände in unmittelbarer Nähe finden sich am Ende der Niederen Straße. Einst verkaufte die Berthold-Apotheke hier Tabletten und
Pülverchen, später zog die Santander-Bank ein – und wieder aus. Seit vielen Monaten steht die Ladenfläche nun leer.

Noch viel länger, eine gefühlte kleine Ewigkeit, sind die Fenster bei Feinkost Kiebler verrammelt. Jüngere Villinger kennen das Geschäft gar nicht mehr anders.

Tristesse auch ein paar Meter weiter in der Hausnummer 90: Früher wurden hier exklusive Dekoartikel verkauft, heute herrscht Leere in den Schaufenstern. Die 90 Quadratmeter Verkaufsfläche werden derzeit für 1000 Euro kalt angeboten.

Im Kapuziner schwang zuletzt ein Friseur Kamm und Schere. Jetzt sind die Fenster verhüllt, in den Räumen wird fleißig gearbeitet.
Verwahrlost wirkt die frühere Filiale der Imbisskette Kochlöffel. Seit einem Brand im August 2022 hat die Hähnchenbraterei geschlossen – Zukunft ungewiss.

Verlassen ist offenbar auch der vegetarische Imbiss im Haus Nummer 26: Leere Schaufenster, im Inneren ist nur noch die blanke Theke zu sehen, die Tür verschlossen. Das baufällige Haus benötigt ohnehin dringend eine Schönheitskur – der kleine Erker etwa muss extra durch Holzstützen gesichert werden.

Ein Leerstand hat sich in der Niederen Straße indessen gefüllt: Die Commerzbank-Filiale ist in neue Räume umgezogen. Villingen rätselt nun jedoch, was aus dem ehemaligen großen Domizil gegenüber dem Amtsgericht wird.
Die Rietstraße: Es geht was
Anfang 2024 haben umfangreiche Bauarbeiten an der früheren Ratsapotheke begonnen. Das grüne Gebäude im Besitz des Bauunternehmens Z7 wird kernsaniert. Für die seit 2020 leerstehenden Geschäftsräume wird ein Pächter gesucht, die Eigentümer schließen hier lediglich Gastronomie aus.

Schon Ende 2023 sollte nach den ursprünglichen Plänen die Weinbar mit Concept-Store namens Varia in der alten Stadtapotheke eröffnen. Heute, ein gutes halbes Jahr später, laufen im Inneren des seit 2017 leerstehenden Gebäudes zwar die Umbauarbeiten, ein neuer Eröffnungstermin ist indessen nicht bekannt.
In der ehemaligen Filiale des Modegeschäfts Peter Hahn schräg gegenüber ist unterdessen ein neuer Barbershop eingezogen.
Noch voraussichtlich bis September werden hier Schuhe verkauft, dann wird auch das Schuhhaus Kammerer endgültig die Ladentüren schließen.
Obere Straße: die ruhige Meile

In der Oberen Straße gibt es nur wenige Leerstände und Neuerungen. Das frühere Bekleidungsgeschäft Hauck etwa ist nur noch ferne Erinnerung. Für die Räume gab es bereits Umbaupläne für einen Lebensmittelladen. Die Baugenehmigung stammt jedoch aus dem Jahr 2021.

Auch der Unverpackt-Laden Fußabdruck steht vor Veränderungen. Inhaberin Silke Lopes will ihn spätestens bis Herbst in neue Hände übergeben.

Ein neues Modegeschäft ist unterdessen im Haus Nummer 22 entstanden: Es heißt D‘mur und ist seit wenigen Wochen geöffnet.