Ein damals 50-jähriger Iraker hatte sich am 17. August 2019 mit seiner damaligen Ex-Partnerin und deren Mutter gestritten. Im Neumarkt Brugg ergriff er dann unvermittelt die Beine seiner damals dreijährigen Tochter, hob sie über den Kopf und schleuderte sie zu Boden. Die Folge war ein Schädel-Hirn-Trauma.

So urteilte das Bezirksgericht Brugg 2023

Heute geht es dem Mädchen körperlich den Umständen entsprechend gut, sie lebt bei Pflegeeltern. Das Bezirksgericht Brugg sprach am 13. Januar 2023 einstimmig eine Freiheitsstrafe von neun Jahren aus. Der damals 53-Jährige wurde zudem für 13 Jahre des Landes verwiesen.

Gegen dieses Urteil wehrten sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Beschuldigte, deshalb befasst sich das Obergericht jüngst mit dem Fall.

Immer wieder gibt es Streit

Zwischen dem Beschuldigten und seiner damaligen Partnerin kam es immer wieder zum Streit, weil deren Mutter bei dem Paar wohnte. Diese wollte ihre Tochter unterstützen, die mehrere Operationen über sich hatte ergehen lassen müssen.

Schließlich kommt es zur Trennung

Nachdem es wiederholt zu Drohungen und körperlicher Gewalt gekommen war, trennte sich die junge Frau vom Beschuldigten und erstattete Anzeige. Dieser wurde vorübergehend festgenommen und vom Wohnort seiner Ex-Freundin bis am 13. August 2019 weggewiesen. Die Ex-Freundin brach den Kontakt ab, blockierte ihn auf sämtlichen sozialen Medien und auf Whatsapp.

Der Beschuldigte passt die Ex ab

Am 17. August 2019 passte der Beschuldigte seine Ex-Freundin ab, die zusammen mit Tochter und Mutter unterwegs war, stieg dann in denselben Bus und setzte sich auf die gegenüberliegende Gangseite.

Im Neumarkt kommt es dann zum Streit

Erst versuchte er, mit seiner Tochter ins Gespräch zu kommen und forderte sie auf, zu ihm zu kommen. Diese ignorierte ihn und schaute aus dem Fenster. Tochter, Ex-Freundin und deren Mutter verließen den Bus und begaben sich ins Einkaufszentrum Neumarkt, wo es zu einem Streit kam.

Der Beschuldigte packt das Mädchen

Der Mann packte das vierjährige Mädchen, hob es über seinen Kopf und schleuderte es zweimal zu Boden. Mehrere Passanten griffen ein und konnten den Mann davon abhalten, seine Tochter noch schwerer zu verletzen. Das Bezirksgericht Brugg sprach den Mann wegen versuchten Mordes schuldig.

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Der Verteidiger will die Strafe abmildern

Der Verteidiger argumentierte vor dem Obergericht, es handle sich um eine versuchte schwere Körperverletzung, allenfalls eine versuchte Tötung. Die Freiheitsstrafe von neun Jahren sei auf vier Jahre, bei versuchter Tötung auf fünf Jahre zu reduzieren. Die Staatsanwaltschaft fordert hingegen eine Erhöhung auf 20 Jahre.

Der Mann bittet um Entschuldigung

Der Beschuldigte wollte keine Angaben machen und verwies auf die Ausführungen seines Anwalts. Nur ganz am Schluss erklärte er, er wolle sich nicht mehr an diesen Tag erinnern, er schäme sich und bat um Entschuldigung. Der Verteidiger erklärte, sein Mandant befasse sich mit seiner Tat, habe aber nach wie vor keine Erklärung, wie es dazu gekommen sei.

„Er ist erschüttert, was er seiner Tochter angetan hat, und nicht in der Lage, die Tat einzuordnen.“ Es sei aber nicht erstellt, dass er den Vorsatz hatte, seine Tochter zu töten.

Aber das Obergericht bleibt hart

Das Obergericht folgte der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren, bei einer vollzugsbegleitenden stationären Maßnahme. Er wird für 15 Jahre des Landes verwiesen.

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So begründet es das Urteil

Das Obergericht hatte keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Tat um einen versuchten Mord handelte. „Sie haben besonders skrupellos gehandelt, ihre Tochter unvermittelt gepackt und aus zwei Metern Höhe kopfvoran auf den Steinboden geschleudert – wer so etwas macht, nimmt den Tod des Kindes in Kauf“, so der Richter. Dass das Mädchen mit leichten Verletzungen davongekommen ist, sei einzig dem Zufall zu verdanken.

Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.