Im Gerrix ist die Baustelle erneut eröffnet. Während der Club zwischenzeitlich für seine große Eröffnung bereit war, befindet er sich nun wieder in einer Art Zwischenzustand. „Wir machen aktuell den Feinschliff, also alles, was wir im März letztes Jahr noch nicht geschafft haben“, erläutert Geschäftsführer Bruno Miguel Goncalves. Mitbetreiber Markus Eberle ergänzt: „Wir testen aktuell auch eine abwaschbare Wandfarbe, da man bei der aktuellen jede kleine Schramme sieht.“

Zwischen baurechtlicher Freigabe und Tanzstopp lagen zwei Stunden

Ein Jahr ist er nun schon her, der Termin für das große Eröffnungswochenende. Der Tag, der alles verändert hat, hat sich den beiden eingeprägt. Die Verordnung dazu war noch nicht veröffentlicht, bereits am Donnerstag vor jenem Wochenende klar: Tanzen ist verboten.

Markus Eberle (links) und Bruno Miguel Goncalves in dem Club in Friedrichshafen, den sie eigentlich vor fast genau einem Jahr mit einem ...
Markus Eberle (links) und Bruno Miguel Goncalves in dem Club in Friedrichshafen, den sie eigentlich vor fast genau einem Jahr mit einem großen Partywochenende eröffnen wollten. | Bild: Lena Reiner

„Es ist schon extrem, wie sich etwas innerhalb von zwei Stunden ändern kann“, schildert Bruno Eberle. Um 11 Uhr hätten sie an jenem Tag erfahren, dass baulich mit dem Club alles in Ordnung sei. „Wir hatten immer damit gerechnet, dass das die größte Hürde wird. Wir mussten ja brandschutzrechtlich einiges machen“, erläutert er. Etwa zwei Stunden nach der Freude über die erfolgreiche baurechtliche Freigabe hätten sie dann einen Anruf vom Ordnungsamt erhalten mit der mündlichen Anordnung, auf Tanzveranstaltungen zu verzichten.

Inzwischen fehlt den Club-Betreibern komplett die Perspektive

Ob es nicht sowieso seltsam gewesen wäre, groß mit Tanz und Musik zu öffnen und dann direkt wieder zu schließen? Die Betreiber zögern kurz, Goncalvez meint dann: „Es hätte uns wahrscheinlich den Arsch gerettet. Bei all dem, was wir allein wegschmeißen mussten.“ Auf die Frage, um wie viele Kisten Getränke es sich gehandelt habe, müssen beide lachen. „Wir müssen von Paletten reden“, betont Eberle. Zwei Paletten Cola seien das allein gewesen. „Das Problem ist, dass unser Lieferant auch nicht weiß, wohin damit. Dem geht es selbst schlecht“, ergänzt Goncalves.

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Mehr noch als die Getränke, die aktuell nach und nach alle ihr Mindesthaltbarkeitsdatum überschreiten, belastet die beiden jedoch die fehlende Perspektive: „Im März dachten wir, wir können im Mai wieder öffnen. Dann hieß es auf einmal Juni, dann September. Es wurde immer später.“ Inzwischen fehle komplett die Perspektive. Obendrein hätten sie keinen Cent der staatlichen Hilfen bisher erhalten, da sie schlichtweg nicht antragsberechtigt gewesen seien: „Wir haben für den Club am 1. Januar 2020 eine neue GmbH gegründet“, erklärt Eberle.

Es sei nicht einfach, sich zum Weitermachen zu motivieren, wenn die Perspektive fehle, geben die beiden zu. Optimistisch stimmt die beiden, dass bei der Wiedereröffnung eine neue Generation da sein werde. Eberle meint: „Die kennen den Club dann auch gar nicht, der war ja seit dem letzten Betreiber inzwischen vier Jahre geschlossen.“

Im Douala gab es am vorerst letzten Abend nur noch Bar-Betrieb

Ganz anders und doch vergleichbar ist die Situation im Ravensburger Traditionsclub Douala, der mehr als 36 Jahre Betriebszeit vorzuweisen hat. Betreiber Johnny Sturm erinnert sich ebenfalls noch genau an die letzten Tage vor der pandemiebedingten Zwangsschließung. Direkt zum Saisonstart vor einem Jahr habe noch eine Drum‘n‘Bass-Veranstaltung stattgefunden: „Und eine Woche später herrschte dann die große Verunsicherung.“

Johnny Sturm im Club Douala, der seit fast einem Jahr geschlossen bleiben musste. Zeitweise finden hier Videostreams statt, Tanzen ist ...
Johnny Sturm im Club Douala, der seit fast einem Jahr geschlossen bleiben musste. Zeitweise finden hier Videostreams statt, Tanzen ist verboten. | Bild: Lena Reiner

Am Donnerstag sei er noch beim Ordnungsamt gewesen um nachzufragen: „Die meinten, ich solle besser keine Veranstaltung machen, auch wenn andere noch weiter Programm machten. Am Freitag habe ich daher komplett abgesagt.“ Sie hätten dann einen Bar-Abend ohne Musik und Tanz veranstaltet, der kaum besucht gewesen sei.

„Anfangs dachte ich ja: Ach, das wird schon recht schnell vorbei sein. Dann hat sich das viel länger gezogen, dann kam diese vorsichtige Öffnung, Veranstaltungen noch nicht und dann im Winter sowieso nicht“, so Sturm. Ein halbes Jahr hätten sie beim Douala gar nichts gemacht: „Du hängst halt irgendwie rum und weißt nicht, was passiert. Die Perspektiven sind immer dunkler geworden. Da war es schwer, die Motivation am Leben zu halten und irgendwie kreativ zu sein.“

Der Außenbereich des Clubs Douala in Ravensburg.
Der Außenbereich des Clubs Douala in Ravensburg. | Bild: Lena Reiner

Über eine Spendenaktion sollen nun anfallende Kosten gedeckt werden

Er bezeichnet diese Zeit als Dehnübungen für die Nerven. Außerdem seien da die finanziellen Herausforderungen gewesen. „Viele andere Clubs haben ja direkt im April mit Crowdfundings gestartet, aber ich wollte nicht betteln, sondern kreativ sein.“ So habe er ein Album mit Doualatracks produziert und online verkauft. Das habe dann allerdings nur die eigenen Kosten decken können. Und schließlich sei es schwierig geworden: „Es gab überall offene Rechnungen, gestundet wurde bis Juni und dann kam sofort das Inkasso volle Breitseite.“ Mit einem Crownfunding – Informationen auf der Webseite des Clubs – versuche er nun, die anfallenden Kosten zu decken. Die staatlichen Hilfen kämen verzögert, dazwischen entstehe immer wieder ein Vakuum.

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Doch nicht nur die Lage des Clubs mache ihm die Zeit schwer. „Die Ausgangssperre war auch schlimm für mich, ich hoffe, das kommt keine mehr“, schildert er. Er sei ein Nachtmensch: „Ich stehe spät auf und gehe vielleicht um fünf Uhr ins Bett.“ Während der Ausgangssperre habe er sich daher eingesperrt gefühlt, aber auch dafür eine Lösung gefunden: „Ich bin dann morgens um Fünf spazieren gegangen und danach ins Bett.“ Den Club belebe er durch Videostreams von DJs und habe dafür auf der Tanzfläche ein kleines Studio eingerichtet.

Die Tanzfläche des Clubs Douala in Ravensburg ist aktuell ein kleines Studio für Videostreams geworden.
Die Tanzfläche des Clubs Douala in Ravensburg ist aktuell ein kleines Studio für Videostreams geworden. | Bild: Lena Reiner

Im Club Metropol geht es aktuell auch um brandschutzrechtliche Belange

Ulf Braig, Pächter des Kulturclubs Metropol am Fallenbrunnen in Friedrichshafen findet keine Zeit für ein persönliches Treffen, da er mit gleich mehreren gastronomischen Betrieben die coronabedingte Krise stemmen muss. Zur Situation des Metropol gibt er schriftlich Auskunft: „Dem geht es so wie allen in der Branche. Wir versuchen, diese Pandemie zu bewältigen und hoffen auf Öffnungsperspektiven, wenn es die Zahlen zulassen.“ Aktuell gehe er aber davon aus, dass der Club die Krise meistern werde. Ein Überleben sei allerdings nur durch und dank der staatlichen Hilfen möglich.

Der Club Metropol im Kulturhaus Caserne in Friedrichshafen.
Der Club Metropol im Kulturhaus Caserne in Friedrichshafen. | Bild: Lena Reiner

Der Club, der aktuell aufgrund brandschutzrechtlicher Belange einen weiteren Schließungsgrund hat, sei auch sonst auf einem guten Weg: „Da muss ich der Stadt Friedrichshafen danken“, so Braig. „Diese geht aktuell schon den Brandschutz an und arbeitet an Lösungen.“

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