Es gibt Momente, die einem im Gedächtnis bleiben. Das Pfingsthochwasser 1999 ist für die Betroffenen sicherlich einer dieser Momente. Heftiger Regen und schmelzender Schnee ließen den Bodensee damals auf 5,65 Meter ansteigen.
In den Städten und Gemeinden am See wurden Straßen, Wege und Plätze überflutet. Feuerwehr, THW, Polizei und andere Hilfskräfte waren im Dauereinsatz. Auch an Überlingen und den benachbarten Gemeinden ging das Ereignis nicht spurlos vorbei.

Erinnerungen einer Überlingerin
Erika Endres blieb das Hochwasser ganz genau im Gedächtnis. Sie lebte damals mit ihrer Familie am Burgbergring – weit entfernt vom Bodensee und dem steigenden Wasserpegel. „Spaßeshalber sind wir ans Wasser“, sagt die Überlingerin. „Wir sind fast täglich unten gewesen.“ Selbst Verwandtschaft aus Heiligenberg sei gekommen, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen.

Es sei interessant gewesen, eine wirklich angespannte Atmosphäre habe sie nicht empfunden. Stattdessen erfreuten sich die Menschen an den vielen Enten und Schwänen. „Es ist erst aktuell geworden, als das passiert ist“, sagt sie und klopft auf die erste Seite ihres Fotoalbums. Dort hat sie einen Artikel des SÜDKURIER eingeklebt. Der Titel: „Drei Reihenhäuser im Burgbergring geflutet.“ Eines dieser Häuser war das von Erika Endres.


„Zwei Tage vorher sagte ich noch, bis zu uns kommt das Wasser nicht“, erinnert sie sich. Unrecht hatte sie nicht, denn das Wasser kam nicht vom See, sondern von den Maisäckern hinter dem Haus. Durch den starken Regen seien diese voll gewesen, sagt Erika Endres. Dann kam der nächste Wolkenbruch, der das Spielzimmer der Kinder unter Wasser setzte. „Der Lego-Zug ist geschwommen.“ Dennoch seien ihr die positiven Momente – die Zeit mit den Kindern am See – stärker in Erinnerung geblieben.
Alarm im Pfahlbaumuseum
Für damatische Bilder sorgte das Hochwasser im Pfahlbaumuseum in Uhldingen-Mühlhofen. Dort reichte das Wasser bis an die Holzbauten. „Es war eine spannende Zeit“, erinnert sich Museumsdirektor Gunter Schöbel.
Heute sei das Museum – auch dank der gesammelten Erfahrung – besser für ein Hochwasser gerüstet, meint Museumsleiter Schöbel. „Unsere Pfahlbauten wurden leicht erhöht und auch am Ufer könnten wir jetzt schneller agieren. Die Eisenbahnschienen haben wir noch und Fußbrücken und Sandsäcke liegen immer bereit.“

Glanzstunden der Überlinger
Das Erste, was Günter Hornstein, Leiter des Polizeireviers Überlingen, beim Begriff „Pfingsthochwasser“ einfällt? „Sorge.“ Sorge um die Gebäude und Einrichtungen. Die Stimmung sei angespannt gewesen und „die Dimension war relativ überraschend“, sagt er. „Mir ist die Macht des Wassers deutlich geworden. Das muss ich ehrlich sagen.“ Vorher sei ihm nicht bewusst gewesen, welche Gefahrensituationen eintreten können.

Günter Hornstein war damals Kommissar vom Dienst bei der Schutzpolizei und in Überlingen und im Katastrophenstab des Landratsamts Bodenseekreis im Einsatz.

„Es hat mich beeindruckt, wie schnell der Katastrophenstab handlungsfähig war“, erinnert er sich. Und er erinnert sich daran, wie sich die Überlinger verhalten haben: „Es haben sehr viele Leute beim Aufbauen von Sandsäcken geholfen.“


Hinweis der Redaktion:
Dieser Artikel erschien erstmals im Mai 2019 auf SÜDKURIER online.
Was das Pfingsthochwasser für Überlingen bedeutete:
- Kosten: Rund 404.000 D-Mark hat Überlingen laut städtischer Pressestelle im Jahr 1999 für die Bekämpfung der Wassermassen ausgegeben. 294.000 D-Mark erhielt sie als Zuschuss aus einem Sofortprogramm des Landes. Für die Reparatur der Folgeschäden wurden Mittel in Höhe von 361.000 D-Mark verwendet. 150.000 D-Mark erhielt die Stadt als Zuschuss aus dem Ausgleichstock.
- Feuerwehr: Während dem Pfingsthochwasser waren laut Feuerwehr Überlingen 220 Feuerwehrleute im Einsatz. Hinzu kamen 40 THW-Helfer. Sie stapelten rund 35.000 Sandsäcke und errichteten auf der Uferpromenade eine 1,5 Kilometer lange Wand, die das Wasser aufhalten sollte.
- Lehren aus dem Ernstfall: Heute sieht Günter Hornstein, Leiter des Polizeireviers Überlingen, die Behörden besser vorbereitet, denn die Grundstrukturen können nach einem konkreten Fall mit Erfahrungen weiterentwickelt werden. Laut städtischer Pressestelle wurde 2013 ein Hochwasserschutz für Überlingen entworfen, dessen Hauptteile 2014 hergestellt wurden. „Die für den Hochwasserschutz erforderlichen Holzplatten und weiteres Zubehör sind binnen zwei Tagen lieferbar.“ In Kooperation zwischen Kommunen und dem Land wurden Gefahrenkarten erstellt, die auf der Internetseite der Landesanstalt für Umwelt einsehbar sind. „Jeder kann und sollte sich informieren, ob er betroffen ist.“