Jürgen Scharf

Sie hält sich für eine „demokratische liberale Feministin“. Aber vor allem ist die bayerische Top-Kabarettistin Lisa Fitz eine streitbare, streitlustige, freigeistige Frau, die Haltung zeigt und Rückgrat hat. Zudem hat sie Mut, ist furchtlos und gern mal respektlos. So auch in ihrem aktuellen Programm „Flüsterwitz“, mit dem sie im Bad Säckinger Gloria-Theater ein volles Haus hatte. Hausherr und Intendant Jochen Frank Schmidt konnte seinen Star zum Saisonabschluss als „die oft kopierte, nie erreichte und einzigartige Lisa Fitz“ ankündigen.

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Flüsterwitze, das sind doch Witze, die man hinter vorgehaltener Hand erzählt, Herrenwitze oder Sauereien. Eigentlich kommt der Begriff aus Diktaturen und autoritären Staaten, wo man nichts sagen durfte. Aber Lisa Fitz sagt, was sie denkt, und das ist oft genug bitter-sarkastisch. Und sie teilt nach allen Seiten aus. Zielrichtung ihrer Politikschelte ist der Populismus, gegen den sie die Meinungs- und Gedankenfreiheit und die Diskussionskultur setzt – ganz deutlich zum Schluss ihres Programms mit ihrem Lieblingslied zur Gitarre „Die Gedanken sind frei“. Da leuchtet das Bühnenbild mit dem Soldaten und der Friedenstaube grell auf.

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Wissen ist Macht, versucht Fitz den Menschen klar zu machen. Und dass man nicht mehr sagen dürfe: „Das habe ich nicht gewusst“. Bildung sei der Schlüssel dazu. Vielleicht hilft es, die Trägheit des Geistes zu überwinden, wenn man wie von dieser bayerischen Powerfrau als Zuschauer „genötigt“ wird, aufzustehen, mit den Armen zu wedeln und „Hi-ha-ho!“ zu rufen. Das macht den Kopf frei. Und schützt womöglich davor, Denkschwäche für Ich-Stärke auszugeben.

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„Das Gehirn ist keine Seife, es wird nicht weniger, wenn man es benutzt“, sagt die Fitz frech, frank und frei heraus. Ihr ist klar: Denken hilft, schafft geistige Erneuerung. Das ist gutes politisches Kabarett, wie man es liebt und heute so oft vermisst – ein Kabarett, wie es der große Dieter Hildebrandt so unnachahmlich konnte, den nicht nur Lisa Fitz schmerzlich vermisst. Eine ihre tollsten Nummern ist „Tittitainment“, ein Begriff, den es seit 1995 gibt, und triviale Fernsehunterhaltung meint. Trash-TV von Reality- und Casting-Shows und platte Entertainment-Konzepte nach dem Motto „Germany‘s Next Top Trottel“. Denn „der fröhliche Depp“ muss bei Laune gehalten und sediert werden. In einer Pointe über diese fragwürdigen Shows spitzt sie das drastisch zu. Am liebsten würde Lisa Fitz unsere Politiker nackt im Glaskäfig sehen, „damit man weiß, welchen Arsch man überhaupt wählt“.

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Ja, deftig kann sie sein, die Bayerin, und manchen Treppenwitz der Geschichte hat sie parat. Ihr Rap im Kapuzenshirt über die Unwissenheit passt ebenso gut wie der Song über „Revolution liegt in der Luft“, mit dem sie das Gloria rockt, in ihr „Nur Mut“- Programm. Und bis auf Kalauer wie den über Fidel Castro, der nach einer Heirat mit ihr „Fidel Fitz“ geheißen hätte, macht sie oft nachdenklich. Sie ist halt wirklich eine der ganz Großen im deutschen Kabarett.