Das Problem ist weit größer, als es auf den ersten Blick scheint: Dass die hausärztliche Notfallpraxis in Bad Säckingen ab sofort geschlossen wird, ist eine Hiobsbotschaft für die medizinische Versorgung in der Region. Der Laufenburg Arzt Olaf Boettcher, der die hausärztlichen Notdienste organisiert, ist sich sicher: „Das machen nicht alle Kollegen mit. Ich habe von älteren Ärzten schon gehört, dass sie ihre Zulassung zurückgeben wollen.“ Das würde die ohnehin angespannte Lage bei der Gesundheitsversorgung am Hochrhein weiter schwächen.
Um was geht es eigentlich? Wie berichtet, hat das Bundessozialgericht den Einsatz von freiberuflichen Ärzten für den hausärztlichen Notdienst in ganz Baden-Württemberg gestoppt. Grund: Das höchste deutsche Sozialgericht sieht darin eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit. Damit wird das landesweite System ausgehebelt. Denn das System der hausärztlichen Notdienste nachts und an Wochenende baut auf freiberufliche, nicht angestellte Mediziner, auf sogenannte Pool-Ärzte.
Der aktuelle Hausarzt-Notdienst ist komplett ausgehebelt
Warum ist der hausärztliche Notdienst mit freiberuflichen Kräften organisiert? Eigentlich haben in den einzelnen Dienstbezirken jeweils die niedergelassenen Ärzten den Versorgungsauftrag für den Notdienst nachts und an Wochenende. So sollten an sich immer im Wechsel die einzelnen Hausärzte oder Fachärzte in einem Dienstbezirk nachts oder wochenends Bereitschaft schieben.
Das war früher auch mal so. Doch mittlerweile haben sich über 90 Prozent der Fachärzte im Landkreis Waldshut von diesem Dienst freigekauft, berichtet Olaf Boettcher unserer Zeitung. Auch immer mehr Hausärzte nutzen heute diese Möglichkeit. Keine Wunder, meint Boettcher, die Zahl der Ärzte nehme ab, und deren Belastung nehme zu. Aus diesem Grund sei es verständlich, dass die Kollegen das Wochenende auch gerne frei hätten.
Niedergelassene Ärzte müssen wieder selber ran
Somit war es nun in den vergangenen Jahren Praxis geworden, dass gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg ein landesweites System aufgebaut wurde, in dem die Pool-Ärzte für die niedergelassenen Kollegen vor Ort ihre hausärztliche Bereitschaft übernehmen.
Dass dies nun wegfalle, führt laut Boettcher zurück zu einer Überlastung der Arztpraxen auch im Landkreis Waldshut. Denn die niedergelassenen Landärzte und Fachärzte müssten diese Aufgabe jetzt wieder selber schultern. Die KV suche aktuell nach Lösungen, so Boettcher. Er fragt sich jedoch: „Ist das noch zu managen?“ Er ist jedenfalls skeptisch, denn die Situation sei „eine Katastrophe“ für die notärztliche Versorgung wie für seine Kollegen. Im Landkreis Waldshut gibt es 86 Hausärzte und 74 Fachärzte.
So sieht der Notfallplan aus
Aktuell sei fürs erste ein Notfallplan aufgebaut: Die KV-Notfallpraxis in Bad Säckingen (Container beim ehemaligen Spital) ist jetzt dicht. Die KV-Notfallpraxis im Krankenhaus Waldshut bleibt bestehen. Das heißt: Waldshut muss die Fälle aus Bad Säckingen übernehmen. Was das bedeutet, zeigen die Zahlen vom letzten Jahr: 2022 versorgte die KV-Notfallpraxis in Bad Säckingen 2300 Patienten, Waldshut 2700. Künftig werden dann in Waldshut bis zu 5000 Fälle im Jahr auflaufen. Allerdings ist auch ein Ausweichen auf den Landkreis Lörrach möglich. Dort gibt es weiterhin eine KV-Notfallpraxis. Die in Schopfheim wurde allerdings auch geschlossen.
Neben den Hausarzt-Notfallpraxen an Wochenende gibt es für werktags den nächtliche Fahrdienst (Notfall-Hausbesuche). Aufgeteilt ist dieser in drei Dienstbezirke: WT-West, WT-Ost und WT-Nord. Der Fahrdienst im Bezirk WT-Nord, also St. Blasien und Umgebung, wird gekürzt. Die Bereitschaft des Kollegen endet um 24 Uhr. In den beiden anderen Bezirken endet der Dienst erst morgens, also wenn die Hausarztpraxen wieder öffnen.