Für Fastnächtler war es keine Überraschung, dass die meisten Zünfte und Verbände ihre Veranstaltungen abgesagt oder versucht haben, die Fastnacht auf eine coronakonforme Weise zu reduzieren. Mit einem Rückblick auf wundervolle, längst vergangene Narrentreffen, mit Episoden, Ereignissen und Erzählungen drum herum, möchten wir interessierte Leser dazu animieren, in alten Erinnerung zu schwelgen, anstatt Trübsal zu blasen.

Er sorgt – egal wo er auftaucht – für Stimmung: Karl-Egbert Jost.
Er sorgt – egal wo er auftaucht – für Stimmung: Karl-Egbert Jost. | Bild: Martha Weishaar

Die Fastnacht als solche lässt sich ebenso wenig wie Ostern oder Weihnachten aus dem Jahreskalender streichen oder auch nur zeitweise verbieten. Fastnacht und Karneval sind seit rund 800 Jahren als kulturelles und inzwischen Unesco-Kulturerbe im Kalender und im Gedächtnis von Millionen Menschen verankert, schreibt beispielsweise auch Werner Mezger im aktuellen Narrenboten 2021, dem „Amtsblatt“ der Schwäbisch-Alemannischen Fastnacht.

Narrentreffen 2006

Weisch no, damals 2006 beim Narrentreffen Weingarten? Wir waren zu Gast bei der Blätzlerzunft Altdorf-Weingarten 1348, ein wunderschönes, zweitägiges Narrenfest. Im „Rössle“ versuchten wir dem als „Große Sauerei“ beschriebenen Speiseangebot auf die Spur zu kommen. Auf unsere Bestellung wurden uns zwei Ohren, zwei Füße, der Schwanz und der Kopf eines Spanferkels, siedend heiß direkt aus dem Kochkessel (mit Brot, Salz und Senf), serviert. Wir ließen keinen Zweifel, selten etwas Besseres gegessen zu haben. Mir sind die ungläubig dreinblickenden Augen unserer Pflumeschluckermädels noch in lebhafter Erinnerung.

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Als durchgängige Fastnachtsdeko war Weingarten mit meterlangen Fahnen im Stile von Spielkarten ausstaffiert. Anstatt „Ravensburger“, wie die bekannten Spielkarten aus der Nachbarstadt bedruckt sind, hatten die „Blätzler“ ihre Fahnen mit dem Schriftzug „Weingartner“ bemalt. Obwohl Weingarten und Ravensburg baulich eng verzahnt sind, scheint die Liebe nicht sehr groß zu sein. Dies ließ sich damals auch daran ablesen, dass keiner der angereisten Narren aus ganz Süddeutschland und der Schweiz in Ravensburg einquartiert worden war. Wir, die Pflumeschlucker kamen im 20 Kilometer entfernten Bad Waldsee, im „Sonnenhof“, unter und fühlten uns dort pudelwohl.

Narrentreffen 2008

Weisch no, zwei Jahre später, im Jahr 2008? Wir hatten uns für das Narrentreffen in Bad Waldsee entschieden und bekamen für unsere 100 Übernachtungswünsche wie üblich die entsprechenden Betten in irgendeinem Hotel zugewiesen. Unser damaliger „Außenminister“ und Säckelmeister im Narrenrat, Michael Kech, erinnert sich noch sehr genau an die kurze Zeit später eingehende Nachricht, nach der wir umständehalber nun plötzlich im Hotel „Sonnenhof“ zu übernachten hätten.

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Den Grund für die erfreuliche Umdisponierung – schließlich war uns das Haus bereits bekannt – erfuhren wir erst hinterher. Die Wirtsleute des „Sonnenhofes“ hatten dem Rat der Narrenzunft ultimativ eröffnet, dass das Hotel zum Narrentreffen nur geöffnet werde, wenn man die Pflumeschlucker aus Bonndorf zugeteilt bekommen würde. Für uns war‘s ein Glücksfall, denn damit waren wir auf keinen Shuttlebus angewiesen und konnten den Weg von der Freinacht ins Bett zu Fuß und zu jeder Zeit antreten. Nebenbei kam das Ganze als ein kleines Lob für unser offensichtlich gutes närrisches Benehmen zwei Jahre zuvor an.

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Ein Pflumeschlucker schaffte es nach dem Abendessen dann tatsächlich, die Freinacht gänzlich im Hotel zu verschlafen. Erst am Folgetag stürzte der sich, gut ausgeschlafen, ins Getümmel der Narrenhochburg. Mir sind von dieser Freinacht gute „Wirtschaften“ und eine vielfältige Livemusik auf Straßen und Plätzen in bester Erinnerung. Das Jahr für Jahr überhandnehmende rhythmische Dröhnen aus leblosen Boxen hatte um jene Zeit seine Geburtsstunde. Heute ist es längst Realität, der sich auch die Narren nicht verschließen können.

Narrentreffen Waldshut

Weisch no, sellemol in Waldshut? Wir fuhren am Samstag zu einem der Hochrheinnarrentreffen in Waldshut. Abfahrt wie üblich vom Latschariplatz, mit zwei Bussen, Bombenstimmung unterwegs, so visierten wir unser Übernachtungsquartier, den „Hirschen“ in Dogern an. Dieses Wirtshaus war ganz auf unserer Wellenlänge. Die Wirtsleute nett und freundlich, waren für so viele durstige und hungrige Narren und Musiker aber nicht vorbereitet. Unsere Gelassenheit und der großzügige Umgang der Hirschen-Mannschaft führten ad hoc zu einem Eröffnungsfest der Extraklasse. Wir saßen auf dem Boden, im Flur, durften die Küche und die Ausgänge in Beschlag nehmen. Die rustikalen Vesperteller mundeten und waren ebenso lecker wie preiswert.

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Die Freinacht in Waldshut verlief anfänglich ganz ordentlich. Doch die Umtriebe, die wir wie üblich mit Musik, Pflumeschlucker im Schlepptau, inszenierten, kamen bei den feineren Gästen reserviert an. Diese Reaktion war für uns ungewohnt und ließ sich durch närrisch geschmückten Häuser nicht wettmachen. Schließlich entschieden sich die meisten von uns, frühzeitig nach Dogern zurückzukehren und den dortigen Kappenabend aufzusuchen. Gesagt, getan. Doch in der Gemeindehalle wurden vor unseren Augen die Stühle bereits hochgestellt, weit vor Mitternacht. Was blieb uns anderes übrig, als die Bettruhe im „Hirschen“ zu suchen? Nach einer Weile klopfte es an die Wand: „War‘s das jetzt? Oder gäb‘s da noch einen Plan B?“ Kurz danach befanden sich Günter Hany und ich wieder im Häs auf dem Weg zurück nach Waldshut. Zu zweit streiften wir durch die Altstadt und gingen einer besonders lauten Disco-Musik in einem Lokal eines Obergeschosses nach. Auf dem Gang stießen wir auf Karl-Egbert Jost, der unermüdlich mit seiner Ziehorgel versuchte, Narrenlieder, alte Schlager und Narrenverse beizusteuern.

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Der verbale Schlagabtausch mit Gästen und dem Betreiber des Clubs drohte, zu eskalieren. Schließlich gelang es uns, die Situation zu besänftigen. Wir landeten alsbald in einer närrischen Feierbude der Feuerwehr auf dem Johannisplatz. Dort war es dann so sensationell, dass wir vom Sonntagmorgen nichts mitbekamen. Und als es dann zeitlich eng wurde, fuhren zwei Pflumeschlucker im „Feuerwehrtaxi“ heimwärts in Richtung Dogern. Glücklicherweise hatten unsere Ehefrauen unsere Sachen verstaut und die Zimmer geräumt, sodass wir die Busse zurück zum Umzug nach Waldshut erreichten.

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Beim Treffpunkt mit der Rosslergruppe und dem Stammen in der Nähe des Chilbiplatzes fehlte anfänglich unser Narrenratskollege Karl Egbert. Kurz vor dem Start zur Umzugsaufstellung entstieg er einem Taxi, rückte seine Narrenkappe zurecht und reichte seine Ziehorgel an den Narrendiener weiter, so als wäre nichts gewesen. Dass der sonntägliche Umzug mit der Narrenpolizei, unserer Narrenmusik, dem Narrensamen, den Pflumeschluckern und dem Fuhrwerk samt Narrenrat und Schwigger zu einem gigantischen Erlebnis wurde, lag an den dicht gedrängten Zuschauermassen, die den Umzugsweg in Waldshut säumten, ein unbeschreibliches Bild an Lebensfreude, das sich uns dabei offenbarte.

Über weitere Erinnerungen an große Narrentreffen werden wir noch berichten.