Eine Drohne als Lebensretter?
Zwei Schüler des Technischen Gymnasiums an den Gewerblichen Schulen in Waldshut machen‘s möglich. Im Rahmen eines Seminarkurses haben Tristan Menzel (Oberwihl/Görwihl) und Felix Südland (Baden/Schweiz), beide 18, eine Methode entwickelt, wie im Landkreis Waldshut die Lebensrettung optimiert werden kann.
„Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, die kardiologische Notfallrettung im Landkreis Waldshut zu verbessern“, erklären Menzel und Südland im Gespräch. Ihr Ausgangspunkt war die Überlegung, dass sich aufgrund von topografischen Unebenheiten sowie breit besiedelten Dörfern ein Rettungsweg vom Rettungsdienst sich in die Länge ziehen kann. „Daher war unsere Idee, mit einer Drohne, in die ein Automatischer Externer Defibrillator, kurz AED, integriert ist, bei Herzinfarkten schnelle Erste Hilfe zu bieten“, sagen sie.
Jede Minute zählt
Die Überlebenschance der Betroffenen sinkt mit jeder Minute, die ohne Frühdefibrillation verstreicht, um circa zehn Prozent. Diese Lücke wollen Menzel und Südland mit der von ihnen entwickelten „First Responder Drohne“ schließen. Sie bietet in schwer zugänglichen Gebieten schnelle Hilfe für den Ersthelfer.
Die Eigenschaften ihres Geräts beschreiben die Schüler so: 15 Minuten Flugdauer, Kamera für den Piloten, GPS-gesteuert, Geschwindigkeit von zwischen 50 und 90 Stundenkilometern, klappbare Flügel für den Tragekomfort, vier Rotoren, Flugdauer von 15 bis 30 Minuten. In drei Minuten schafft die Drohne 2,5 Kilometer, in zehn Minuten fünf Kilometer. Ein Sicherheitssystem verhindert Kollisionen mit anderen Fluggeräten. Für Nachtflüge müsste sie zusätzlich mit Infrarot- oder Wärmebildkamera ausgestattet werden.
Jeder Ort lässt sich anfliegen
Da es sich bei ihrer Drohne um einen Prototyp handelt, sehen sie Erweiterungspotenzial. „Wir können per GPS jeden Ort im Landkreis Waldshut anfliegen – ohne Stau und Umweg“, erklären die Schüler.
Die Drohne wird mit GPS-Daten versorgt und ist immer einsatzbereit. Ein Operator steht im Kontakt mit ihr. Mit Hilfe von Kamera, Mikrofon und Lautsprecher kann er mit dem Ersthelfer vor Ort kommunizieren und diesen unterstützen.
Eine von vielen Herausforderungen bestand für Tristan Menzel und Felix Südland aus der Leistung ihrer Drohne. Denn diese muss in der Lage sein, einen 1,2 Kilogramm schweren AED zu transportieren – wobei auch das Eigengewicht bei der Konstruktion eine wichtige Rolle spielt. „Die Drohne wiegt maximal zehn Kilo inklusive AED“, berichten sie.
Schüler suchen Sponsoren
Menzel und Südland haben im Sommer 2019 mit dem Entwickeln des Fluggeräts begonnen. Am Ende, so ihr Ziel, „steht eine betriebsfertige Drohne“. Auf dem Weg dahin haben sie noch ganz andere Herausforderungen als die Finanzierung angepackt. Ihre Drohne, die es derzeit nur als Modell gibt, kostet rund 4800 Euro mit AED. Um die Mittel zu beschaffen, haben sie bei diversen Einrichtungen, Firmen und Personen angeklopft – unter anderem beim Landkreis Waldshut und bei der Gemeinde Görwihl. Sie und weitere regionale Firmen sowie Privatpersonen haben sich zu Partnern der Schüler gemacht.

Außerdem konnten sie Karsten Jung, Religionslehrer an den Gewerblichen Schulen Waldshut, als Mentor gewinnen. „Im Landkreis Waldshut besteht im Rettungsdienst Verbesserungspotenzial“, sagt Jung, „deshalb macht das Projekt für mich absolut Sinn – von ethischer sowohl technischer Seite.“
Einen markanten Namen für ihr Projekt haben Menzel und Südland auch: „Trilix“, benannt nach ihren Vornamen. „Wir benötigen aber noch weitere finanzielle Unterstützung“, sagen sie. Beiträge werden als Spenden über den Förderverein der Gewerblichen Schulen Waldshut abgewickelt.
Hilfsfristen seit Jahren Thema im Kreis
Mit ihrem Projekt treffen die beiden Schüler einen Nerv. Denn seit Jahren wird über den Zustand des Rettungswesens auch im Landkreis Waldshut diskutiert, weil nicht immer und überall die gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfristen eingehalten werden können – was mit der Sofortverf
ügbarkeit der Rettungsfahrzeuge zu tun hat. „Unser Ziel ist, dass wir die Hilfsfrist unter zehn bis 15 Minuten zu 95 Prozent erreichen“, erklärt Patrick Frey, Vorsitzender der Leitstelle vom Kreisverband Deutsches Rotes Kreuz (DRK) Waldshut.
Unterstützung vom Klinikum Hochrhein
Die AED-Drohne könnte beim Erreichen dieses Ziels hilfreich sein, zumal ein Defibrillator „eines der wichtigsten Geräte der Animation vor Eintreffen des Notfalldienstes ist“, so Frey. Außerdem kann die Leitstelle die Position, wo sich ein Notfall ereignet, exakt bestimmen und in die Drohne eingeben. Noch gebe es zwar offene Fragen wie die nach einem Drohnenoperator. Aber, so Frey: „Das ist keine Spinnerei der jungen Männer, sondern eine fundierte Arbeit. Eine solche Drohne macht für uns Sinn. Das wäre natürlich ein Traum.“
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