Wegen Corona ist der Einkaufstourismus seit dem 23. Dezember von der Schweiz nach Deutschland nicht mehr erlaubt. Bei Verstößen droht Quarantäne und Bußgelder bis zu 3000 Euro. Eine Einreise unter 24 Stunden ist in Baden-Württemberg nur noch gestattet, wenn sie „nicht überwiegend aus touristischen Gründen oder zu Zwecken des Einkaufs erfolgt“. Was seit 11. Januar erlaubt ist und was nicht, ist in dieser Übersicht zusammengestellt. Diese vage Formulierung in der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg lässt allerdings Spielraum für Interpretationen zu. Beispielsweise könnte ein Reisender erklären, dass er nach einem Verwandtenbesuch noch einkaufen war. Die Hintergründe dazu haben wir hier für Sie aufgeschrieben.
Der Ausfuhrschein wird beim Zoll jedenfalls weiterhin ausgestellt, erklärt das Hauptzollamt in Singen auf Nachfrage. Die zuständigen Stellen beim Landesministeriums, von Bundespolizei, Zoll und Kommunen entlang der Schweizer Grenze am Hochrhein informieren.
Unterdessen behalten die Ordnungsämter in der Region die Parkplätze im Blick.
Nicht jedes Auto mit Schweizer Kennzeichen ist zu Unrecht da
Jürgen Wiener, stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes Waldshut-Tiengen, hält den Einkaufstourismus in Waldshut und Tiengen im Moment für sehr überschaubar. „Auch bei den großen Supermärkten sind nur noch einige wenige Schweizer Fahrzeuge festzustellen“, erklärt er auf Anfrage. Zuletzt wurden auf dem Parkplatz eines der größten Supermärkte in Waldshut beispielsweise zwölf Schweizer Fahrzeuge registriert. Wiener macht auf einen besonderen Aspekt bei der Überprüfung von geparkten Fahrzeugen aufmerksam.
Wenn niemand im Auto sitze, sei der Grund des Aufenthalts nicht eindeutig zu klären. „Es könnte sich auch um Personen handeln, die sich eben nicht aus überwiegend touristischen Zwecken oder zu Zwecken des Einkaufs bei uns aufhalten.“ Manchmal sei es der Geschäftswagen eines Grenzgängers.

Aufgabe des Vollzugsdienstes oder der Stadtpolizei sei es, den Grund des Aufenthalts vor Ort zu klären, was in der Praxis nicht immer einfach sei. Sind die Einreisenden aus der Schweiz aus touristischen Gründen oder zum Einkaufen gekommen, müssen sie sich für zehn Tage in Quarantäne zu begeben.
Um den „Einkaufstourismus„ vollständig zu stoppen, wäre eine Grenzschließung nötig, so Wiener: „Die brächte andere Probleme im Grenzverkehr mit sich, die nicht im Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen würden.“ Er plädiert für verstärkt Kontrollen an den Grenzen, was jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kreisstadt falle.
In Bad Säckingen werden Anhörungsbögen verschickt
„Der Einkaufstourismus blüht, aber in geringem Umfang“, sagt Markus Haag, Leiter des Bad Säckinger Ordnungsamts. Dabei weist er auf die von ihm und seinen Kollegen festgestellten Fahrzeuge mit Schweizer Nummernschildern auf den größeren Parkplätzen der Stadt hin. In den zurückliegenden drei Wochen wurden 46 Fahrzeuge notiert. „Das waren sicher nicht alles Dienstfahrzeuge von Grenzgängern„, sagt er. Ob alles Einkaufstouristen seien, müsse nun geklärt werden, da die Insassen nicht vor Ort befragt wurden.
Der Gemeindevollzugsdienst überprüft vor Ort, ob Einkaufstouristik vorliegt, die Corona-Streife ermittelt den Halter über das Owi-Programm und sendet einen Anhörungsbogen zu. Die Software unterstützt die Bearbeitung aller Vorgänge allgemeiner Ordnungswidrigkeiten. Wer gegen die Corona-Verordnung verstößt, dem drohen jedenfalls Bußgelder, sagt Haag. Die Kennzeichen sind notiert. „Wir werden dagegen vorgehen, die Ermittlungen laufen“, sagt Haag. Nach Auffassung von Markus Haag kann nur eine Schließung der Grenze, den Einkaufstourismus im Lockdown stoppen.
Nur noch wenige Schweizer Fahrzeuge in Jestetten
Bürgermeisterin Ira Sattler erklärt: „Der Einkaufstourismus aus der Schweiz ist relativ zum Erliegen gekommen. Aus meiner Sicht spielt er derzeit keine Rolle!“ Auf den Parkplätzen der Supermärkte und Discounter, die in Zeiten ohne Pandemie immer voll sind, werden nur noch vereinzelt Fahrzeuge mit Schweizer Kennzeichen festgestellt, sagt die Bürgermeisterin. „Und da wissen wir nicht, ob es nicht Geschäftsautos von deutschen Grenzgängern sind.“
Vom Gemeindevollzugsdienst würden die Corona-Regeln kontrolliert, es würden aber nur wenige Verstöße im öffentlichen Raum registriert. Die Sieben-Tage-Inzidenzwerte (Stand 8. Januar) der angrenzenden Kantone Schaffhausen (183) und Zürich (280) lassen den Blick jedenfalls sorgenvoll über die Grenze schweifen. „Wir müssen den Ball flach halten, aber ich bin froh, dass die Grenzen offen sind. Für Grenzgänger wäre eine erneute Schließung katastrophal“, sagt Ira Sattler.
Lottstettens Bürgermeister geht von bis zu 80 Prozent weniger Schweizer Kunden aus
Bürgermeister Andreas Morasch stellt fest, dass in seiner Gemeinde, direkt an der Grenze zur Schweiz, der Einkaufstourismus aus der Schweiz deutlich abgenommen habe. Nur vereinzelt würden Fahrzeuge mit Schweizer Kennzeichen auf den Parkplätzen der Discounter stehen. Hier müsse man differenzieren, ob es Personen sind, die ausschließlich zum Einkaufen über die Grenze kommen oder ob es sich um einen erlaubten Aufenthalt handle, bei dem im Nachgang eingekauft werde. „Nach meiner Auffassung ist der Einkaufstourismus gefühlt um 70 bis 80 Prozent zurückgegangen“, sagt Morasch.
Der Bürgermeister ist der Auffassung, dass mit der aktuell gültigen Verordnung für Ein- und Rückreisende vom Land Baden-Württemberg eine gute Grundlage geschaffen wurde, um den Einkaufstourismus auch von Deutschen, die in die Schweiz zum Einkaufen ausweichen, in den Griff zu bekommen. „Dies ist gut für den Gesundheitsschutz und somit aktuell die richtige Maßnahme.“ Wichtig sei jedoch, die Beschränkungen wieder aufzuheben, sobald es die epidemische Lage zulasse: „Denn wirtschaftlich ist es für viele Geschäftsinhaber eine Katastrophe!“