Als schweren Rückschlag für die Stadt Stühlingen aber auch die gesamte Raumschaft im Nordosten des Landkreises Waldshut bezeichnet Stühlingens Bürgermeister Joachim Burger die mögliche Schließung des dortigen Krankenhauses. Diese wird in einem Strukturgutachten nahegelegt, das der wirtschaftlich angeschlagene Klinik-Träger Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) in Auftrag gegeben hat.
Kritik seitens des Stadtoberhauptes gibt es vor allem an der Kommunikations-Strategie des Krankenhausträgers, der die betroffene Kommune bislang noch nicht direkt informiert und den politischen Vertretern noch nicht einma das Gutachten an die Hand gegeben hat.
Keinen Zweifel lässt Burger daran, dass die Akteure vor Ort um den Erhalt des Krankenhauses kämpfen werden.
Eine Einrichtung mit großer Bedeutung und hohem Identifikationsgrad
Das Krankenhaus Loreto sei seit Jahrzehnten ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt Stühlingen und deren Ortsteile aber auch die Raumschaft. Dessen ist sich Joachim Burger sehr bewusst. Viele Menschen in der Region seien dort geboren, bei Krankheit und Unfällen sei die Einrichtung zentrale Anlaufstelle: „Das Krankenhaus wird in Stühlingen in einem Atemzug mit dem Schloss Hohenlupfen und dem Kapuzinerkloster genannt und verbunden“, so Burger.
Dass die Stadt und die Akteure vor Ort nun nicht einmal vom Krankenhausträger persönlich über die Pläne mit dem Standort informiert werden, sondern dies der Berichterstattung des SÜDKURIER entnehmen müssen, irritiere ihn sehr: „Wir hätten uns hier eine andere Kommunikation des Gesundheitsverbundes des Landkreis Konstanz und ihrer Akteure erhofft und eigentlich aufgrund bisheriger Erfahrungen und Gepflogenheiten erwartet.“
Klar sei aber: Sollten die Pläne in der bislang dargestellten Form umgesetzt werden, „dann ist das ein schwarzer Tag für Stühlingen und die medizinische Versorgung vor Ort.“
Medizinische Versorgung in einem strukturell nicht einfachen Gebiet würde verschlechtert
Die Folgen für Menschen in der Stadt und der Umgebung liegen auf der Hand: Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sei ohnehin ein großes Problem. Nun gehe es darum die stationäre und ambulante Versorgung durch die Krankenhausschließung von einem guten Niveau auf ein unbefriedigendes zurückzustufen, so Burger. Diese Aussicht bezeichnet er als „das Schlimmste, was uns im Moment passieren könnte.“
Derartige Szenarien hätten mithin bei den Bürgern für sehr viele Emotionen gesorgt: „In der Stadt verspürt man bei Gesprächen Entsetzen, Überraschung bis hin zu Fassungslosigkeit“, so Burgers Beobachtung.
Mitarbeiter sehr eng mit dem Standort verbunden
Das knapp 100 Personen umfassende Mitarbeiter-Team, das in verschiedensten Funktionen im Krankenhaus und dem angeschlossenen MVZ tätig ist, habe seit jeher eine tolle Arbeit geleistet und sei eine verlässliche Stütze für die Einrichtung. Burger weiter: „Gerade auch in Zeiten von Corona konnte der Verbund den einen oder anderen Patienten in Stühlingen versorgen lassen. Auch hier hat sich die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gezeigt.“
Mit den Mitarbeitern seien die Stadtverwaltung und der Freundeskreis Loreto im Austausch. Traditionell pflegen Mitarbeiter, Kommune und Freundeskreis „ein gutes, sachliches und auf gegenseitige Unterstützung aufbauendes Miteinander“, so Burger. Daran solle sich auch nichts ändern. „Wir haben auch Unterstützung im Rahmen unserer Möglichkeiten angeboten und möchten unser Handeln auch eng mit den Betroffenen vor Ort abstimmen.“ Das setze aber freilich voraus, dass der jetzige Eigentümer dies möchte.
Stadt hat kein Mitspracherecht in Sachen Krankenhaus
Zwar wurde das Krankenhaus Stühlingen vor über 90 Jahren von der Stadt gebaut. Was den Betrieb des Hauses heutzutage betrifft, habe die Kommune keinerlei Mitsprache- und Stimmrechte in den Gremien des Gesundheitsverbundes mehr, so Burger. Das hänge mit der wechselvollen Geschichte des Hauses zusammen, dessen Betrieb zunächst an den Landkreis Waldshut, dann das Hochrhein-Bodensee Klinikum und schließlich an den GLKN überging.
Von den Verantwortlichen des Gesundheitsverbundes sei derweil „seit Januar bis heute“ niemand mehr an die Stadt herangetreten. Zuletzt habe die Stadt auf Nachfrage als Auskunft erhalten, dass von dem Gutachten, dessen Ergebnisse nun veröffentlicht wurden alle weiteren Entscheidungen abhängig seien, schildert Burger weiter: „Weder zur Vorstellung in den Gremien noch der Pressekonferenz hat die Stadt Stühlingen eine Einladung erhalten.“
Reaktionen der Abgeordneten
„Landkreis und Stadt müssen am Diskussionsprozess beteiligt werden“
Bevor keine Details vorliegen, möchte sich Joachim Burger noch nicht über Chancen oder Möglichkeiten der Krankenhaus-Rettung äußern, wie er auf Nachfrage erklärt. Klare Forderung sei allerdings, dass der Landkreis Waldshut und die Stadt Stühlingen in den Diskussionsprozess um die Erkenntnisse aus dem Gutachten einbezogen werden. „Wir möchten uns gerne aktiv einbringen und bieten dies auch an.“ Voraussetzung für mögliche Handlungsoptionen sei aber auch, dass die Akteure vor Ort Einblicke in das Strukturgutachten erhielten.
Klar sei aber auch dass der GLKN als Eigentümer und Betreiber die akutuelle Situation zu verantworten habe, sich den Herausforderungen stellen müsse und auch gegenüber den Mitarbeitern in der Verantwortung stehe.
„Ich bin mir sicher, dass sich unsere politischen Vertreter aller Parteien im Kreistag, dem Landtag und dem Bundestag einer guten nachhaltigen und auch langfristigen Lösung für die Stadt Stühlingen und den umliegenden Gemeinden im Landkreis und somit der Menschen nicht verschließen werden“, konstatiert Burger. Ebenso gehe er davon aus, dass auch der GLKN an Gesprächen interessiert sei. Denn: „Gute Lösungen können am besten im gemeinsamen Austausch gefunden werden“.