Nach etwa zehn Minuten ist der Beutel gefüllt – mit einem halben Liter Blut, der einem Frischoperierten, einem Krebspatienten oder einem Unfallopfer das Leben retten kann. Die Blutentnahme ist eine der wenigen Stationen bei den Blutspenden des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), wie zuletzt in Gurtweil, an denen sich der Ablauf im Vergleich zu den Terminen vor der Corona-Pandemie nicht verändert hat – abgesehen davon, dass Blutspender und Mitarbeiter des Blutspendediensts einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
„Es ist schon vieles anders im Vergleich zu früher“, erzählt eine Angestellte des DRK-Blutspendediensts Baden-Württemberg-Hessen, der für diesen Tag zur Blutspende in die Gemeindehalle des Waldshut-Tiengener Ortsteils aufgerufen hatte. Rund 150 Spendenwillige haben sich daraufhin im Internet über das Terminreservierungsportal des DRK angemeldet. „Es ist dadurch wesentlich entspannter“, sagt Heinz Grosse-Vollmer über die Reservierungspflicht.

Der frühere Urologe ist im Ruhestand und arbeitet gegen eine Aufwandsentschädigung als Arzt für den Blutspendedienst. Grosse-Vollmer, der aus Nordrhein-Westfalen stammt und seit einem Jahr in Singen lebt, kontrolliert vor jeder Spende den medizinischen Fragebogen, den jeder Teilnehmer vorab ausfüllen muss. Sind alle Kriterien erfüllt, gibt der Mediziner grünes Licht zum Spenden.
„Früher haben wir in einem Zeitraum von drei bis vier Stunden 400 bis 500 Spender durchgeschleust“, berichtet Grosse-Vollmer. „Das hat sich entstaut, weil Sie einen Termin vereinbaren müssen“, erklärt er, während er in einem Umkleideraum der Gemeindehalle Gurtweil auf den nächsten Spender zum obligatorischen Arztgespräch wartet. Nun könne er sich mehr Zeit für jeden Blutspender nehmen, antwortet er auf die Frage, was sich für ihn persönlich am Ablauf der Blutspende durch Corona verändert hat.
So hat Heinz Grosse-Vollmer beispielsweise Zeit, zu erklären, warum das gespendete Blut zwar auf Viruserkrankungen wie HIV und Hepatitis, nicht aber auf Covid-19 untersucht wird. „Das Coronavirus kann man nur im Abstrich feststellen“, sagte er. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand erfolge eine Übertragung durch Tröpfcheninfektion in der Luft bei Husten oder Niesen des Erkrankten sowie eventuell durch eine Schmierinfektion auf Oberflächen.
Obwohl sich das Coronavirus nicht übers Blut übertrage, bringt der Arzt einen Schnelltest vor der Blutspende ins Gespräch. „Man sollte durchaus überdenken, einen Abstrich bei den Spendern zu machen“, findet er. „Um die Mitarbeiter des Blutspendediensts, die Ehrenamtlichen des DRK und die anderen Spender zu schützen“, fügt der grauhaarige Mann mit der Brille hinzu.

Damit die Wahrscheinlichkeit, sich bei einer Blutspende mit Covid-19 zu infizieren, auf ein Minimum reduziert wird, gibt es für jede Veranstaltung ein strenges Hygienekonzept. Beim Termin in Gurtweil signalisiert ein junger DRK-Helfer des Ortsvereins Tiengen den Wartenden vor der Gemeindehalle mit einem Kopfnicken durch die Glasscheibe neben der Eingangstür, einzeln einzutreten.
„Waren Sie in den vergangenen 14 Tagen im Ausland? Fühlen Sie sich gesund? Hatten Sie in den vergangenen Tagen Kontakt zu einem Corona-Infizierten? Zeigt Ihre Corona-Warn-App grün an?“, lauten die Fragen, die Blutspendewillige im Foyer der Halle zunächst beantworten müssen.
Vier Fragen an Alexander Sieber, Pressereferent beim DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg/Hessen
Bevor die potentiellen Blutspender sich mit ihrem Personalausweis anmelden und den medizinischen Fragebogen erhalten, müssen sie ihre Körpertemperatur messen lassen, sich die Hände desinfizieren und eine neue Schutzmaske aufsetzen, die das DRK zur Verfügung stellt.
Gerade einmal 40 Minuten dauert das Prozedere bei einem solchen Blutspendetermin unter Corona-Bedingungen – angefangen mit der Anmeldung, gefolgt von Blutdruckmessen und der Bestimmung des Hämoglobin-Werts, dem Arztgespräch, der Blutentnahme und dem anschließenden Ausruhen auf einer Liege, bis der Kreislauf wieder in Schwung kommt.
„Die einen finden es gut, dass man jetzt so schnell fertig ist. Den anderen fehlt das gesellige Beisammensein nach der Spende“, weiß eine Mitarbeiterin des DRK-Blutspendediensts. Vor Corona saßen viele Teilnehmer nach der Blutspende noch zusammen, um bei Wurstsalat oder Kaffee und Kuchen miteinander zu plaudern.
Statt eines Buffets zum Verweilen gibt es für die Blutspender eine Papiertüte zum Mitnehmen – vollgepackt mit einem belegten Brötchen, einem Müsliriegel, einem Apfel und einem Getränk. Mit der Tüte in der Hand verlassen die Blutspender die Gemeindehalle einzeln durch den Hintereingang. Denn um die Abstände beim Blutspendetermin einhalten zu können, gilt ein Einbahnstraßensystem.