Mit dem Wetter- und Temperaturumschwung vor einigen Wochen sind Atemwegserkrankungen und Grippe mit Wucht zurückgekehrt – landesweit sogar deutlich massiver, als man es in den Vorjahren erlebt hat. Dass gleichzeitig auch die Zahl der Corona-Fälle seit Mitte des Jahres wieder deutlich ansteigt, macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Doch wie ist aktuell die Lage in der Region? Wir haben uns umgehört.
Krankenkasse AOK: Höhepunkt der Herbst-Erkältungswelle überschritten
„Der aktuelle Krankenstand ist sehr hoch“, bilanziert Cordelia Steffek, Sprecherin der AOK Hochrhein-Bodensee, mit 225.000 Kunden die größte Krankenversicherung in der Region. Jedoch scheine der Höhepunkt der Welle für dieses Jahr bereits überschritten zu sein.
Baden-Württemberg weit verzeichnete die AOK demnach seit Anfang September einen bis weilen sprunghaften Anstieg an Atemwegserkrankungen, die bei 14.000 Patienten startete und sich bis Mitte Oktober mehr als verdreifachte – auf über 44.000. Seither gehen die Zahlen allmählich wieder zurück. Die jüngsten Zahlen der AOK liegen bei 30.000 Krankheitsfällen landesweit.
Im Kreis Waldshut wurde der Spitzenwert in der Kalenderwoche 42 erreicht. Damals waren 481 AOK-Kunden erkrankt. Zuletzt waren es noch 371.
„Wir scheinen für diese Welle über den Berg zu sein – unsere Zahlen gehen wieder nach unten“, so Steffek. Generell bezeichnet sie die Lage auch als weniger dramatisch als vergangenes Jahr. Dort hatte die Welle deutlich früher eingesetzt. Es gab damals auch deutlich höhere Infektionswerte – zumindest mit Blick auf die gegenwärtigen Daten.
Die Situation in den Arzt-Praxen ist angespannt
Die Hausarztpraxen seien mittlerweile trotz allem an ihrer Belastungsgrenze angelangt – und das schon seit Langem. So schätzt der Allgemeinmediziner und Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Olaf Boettcher die aktuelle Lage ein.
An seinen Standorten in Laufenburg und Rickenbach habe das Praxispersonal jeweils täglich wieder bis zu 300 Patientenkontakte. Und wie in vielen anderen Bereichen auch, fehlt ein entscheidender Faktor: ausreichend Personal.
Doch nicht nur der Fachkräftemangel spiele hierbei eine Rolle, sondern eben auch die aktuelle Krankheitswelle, die auch vor dem Personal nicht haltmacht und Mitarbeiterengpässe verschärfe – was Patienten wiederum in Form von verlängerten Wartezeiten zu spüren bekommen, bedauert Boettcher.
Grippale Infekte deutlich in der Überzahl

Boettcher verzeichnet in seinen beiden Hausarztpraxen in Laufenburg und Rickenbach momentan vor allem grippale Infekte. „Die meisten Patienten kommen mit Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen, Gelenkschmerzen und Bronchitis.“ Den Anteil der Infekte beziffert
Das Corona-Virus gehöre inzwischen ebenso zum alltäglichen Krankheitsportfolio, wobei es derzeit eine eher untergeordnete Rolle spiele. „Positive Corona-Tests gibt es aktuell kaum“, so Boettcher. Ganz im Gegensatz zum Jahresanfang. „Am Anfang des Jahres 2023 ging die Corona-Welle erst langsam dem Ende zu. Viele meiner Patienten waren zu dieser Zeit auch noch infiziert, virale Infekte gab es kaum. Das ist jetzt anders“, so der Arzt.
Das habe auch einen Grund: Auch Patienten, die nicht mit Coron infiziert seien, tragen in den Praxen eine Atemschutzmaske, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Zudem würden sich 80 Prozent seiner Patienten vor dem Arztbesuch nun selbstständig auf Corona testen.
Die Kassenärztliche Vereinigung und das Sozialministerium
Dass sich die Erkältungswelle in den Praxen bemerkbar mache, sei unbestreitbar feststellbar, konstatiert auch Kai Sonntag, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass es sich um eine außergewöhnliche Lage handle: „Kapazitätsengpässe gibt es, das hat aber weniger etwas mit der Erkältungswelle zu tun als vielmehr mit den Problemen in der haus- und kinderärztlichen Versorgung“, so Sonntag. Bekanntlich mangelt es nämlich vor allem an Fachkräften.
Erschwerend zur Erkältungswelle und zu den aktuell grassierenden Atemwegserkrankungen komme hinzu, dass Corona-Infektionen seit etwa Anfang Juli Bade-Württemberg weit kontinuierlich ansteigen. Das bestätigt auch das Sozialministerium. Die Zahl der Corona-Fälle sei allerdings deutlich niedriger als die anderer Erkrankungen. Im Übrigen gebe es auch keine Hinweise, dass es häufiger zu schweren Verläufen komme.
Noch ist die Zahl der Fälle so überschaubar, dass die Registrierung nicht im Gesundheitsamt des Landkreises sondern beim Sozialministerium in Stuttgart erfolgt.
Klinikum Hochrhein richtet wieder Corona-Station ein
Während Corona in den allgemeinmedizinischen Praxen demnach keine gravierenden Auswirkungen hat, hat das Klinikum Hochrhein sehr wohl wieder deutlich stärker damit zu tun und auch bereits Maßnahmen ergriffen: „Durch die steigenden Corona-Zahlen haben wir eine Station nun wieder zur Isolierstation erklärt“, schildert die Sprecherin des Klinikums Hochrhein, Luisa Denz, auf Nachfrage unserer Zeitung.
Zuvor seien Covid-Patienten direkt auf der Station isoliert worden, auf der sie lagen. Aufgrund der hohen Infektionszahlen sei dies aber nicht mehr möglich. „Weiterhin haben wir auch in den eigenen Reihen Krankheitsfälle, was die Ressourcen darüber hinaus verknappt“, so Denz weiter.
Die Zahl der stationär betreuten Patienten mit Corona schwankt aktuell drastisch. An einigen Tagen seien keine vorhanden, der jüngste Spitzenwert liege laut Denz bei 26. Unterm Strich sei ein starker Zuwachs an Corona-Fällen zu verzeichnen, der sich auch in bis zu fünf Fällen in der ambulanten Behandlung ausdrückt. „Allerdings sind die Verläufe bislang mild“, so Denz. Zugangsbeschränkungen stehen daher zumindest im Moment nicht zur Debatte.
Andere Atemwegserkrankungen seien derweil nicht stärker vertreten als sonst zu dieser Jahreszeit.