Es war ein Mammutprozess, der gegen einen 46-jährigen Angeklagten vor dem Amtsgericht in Waldshut-Tiengen geführt worden war. Nach fast sieben Stunden und sieben Zeugenaussagen war das Urteil gefallen.
Richter Raphael Kania verurteilte den Mann aus dem östlichen Landkreis, der sich wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen vor Gericht verantworten musste, zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten.
Verteidiger plädiert auf Freispruch
Damit war er dem Antrag von Staatsanwältin Rahel Diers gefolgt, die ebenfalls für eine Bewährungsstrafe von acht Monaten plädiert hatte. Der Verteidiger, Florian Wille, forderte hingegen einen Freispruch. Auch der Strafbefehl, gegen den der 46-Jährige damals Widerspruch eingelegt hatte, hatte sich auf acht Monate auf Bewährung belaufen.
Der Angeklagte hatte über seinen Verteidiger zunächst um den Ausschluss der Öffentlichkeit und die Nicht-Anhörung einer Audio-Datei im Gerichtssaal gebeten. Beides lehnte Richter Kania ab.
Audio-Datei belastet Angeklagten
„Diese Audio-Datei ist nicht zufällig entstanden, sie ist gezielt angefertigt worden, weil klar war, dass sich eine Straftat anbahnte. Die Verfolgung von Straftaten ist ein rechtliches Gut“, hatte der Richter erklärt. Die Annahme, dass es sich um ein „Schauspiel“ handle, wie im Verlauf der Verhandlung erwähnt, teile er nicht.
Die Vernehmung von zei minderjährigen Kinder des 46-Jährigen und die abschließenden Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Vorwurf: Gruppenbestrafung der fünf Kinder
Der Angeklagte wollte weder zur Person noch zur Sache Angaben machen und folgte dem Prozess fast regungslos. Ihm wurde vorgeworfen seine fünf Kinder im August 2017 im gemeinsamen Haus einer Gruppenbestrafung unterworfen zu haben.
Dabei soll er die Kinder mit einem Gürtel mehrfach auf den Oberkörper geschlagen haben und sie dabei „gequält und misshandelt“ haben.
Die erste Zeugin, eine ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten, die drei Jahre mit der Familie verbracht hatte und mit ihm drei gemeinsame Kinder hat, hatte damals die Audio-Datei mit dem Handy aufgenommen.
Angeklagter kündigt Tat im Auto an
Damals seien sie zu Besuch bei den Eltern des Angeklagten gewesen und schon auf der Rückfahrt im Auto habe der Angeklagte angekündigt, die Kinder zu bestrafen. Sie habe ihn gebeten das nicht zu tun.
Er habe sie immer wieder bedroht, habe gesagt wenn sie jemandem etwas sage, werde er sagen sie sei psychisch krank. Sie habe Angst vor ihm gehabt, sei am Ende ins Frauenhaus geflüchtet. Inzwischen laufe ein familienrechtliches Verfahren. Die Zeugin habe die Datei, von der der Angeklagte mutmaßlich ein Teil gelöscht haben soll, dem Verfahrensbeistand ihrer Kinder gegeben.
Freundin übergibt Datei der Polizei
Diese war ebenfalls als Zeugin erschienen und erklärte, sie habe die Datei der Polizei vorgelegt und gefragt, wie man vorgehen solle. Die Bestrafungen habe sie nur aus Erzählungen der damaligen Lebensgefährtin mitbekommen, erklärte eine andere Zeugin.
Sie seien damals befreundet gewesen. Nur einmal habe ein Kind zum Vater in ihrer Gegenwart gesagt: „Dann bekomme ich wieder den A voll und damit ist die Sache erledigt.“
Die Kriminalhauptkommissarin, die damals den Fall bearbeitet hatte, bestätigte die Aussagen der Zeuginnen.
„Die Datei anhören zu müssen, war ziemlich hart.“Kriminalhauptkommissarin
Mutter verteidigt den Angeklagten
Die Mutter des Angeklagten, die auf Wunsch des Verteidigers angehört worden war, beschrieb ihren Sohn dagegen als liebevollen Vater, seine Kinder liebten ihn, erklärte sie. In der Familie sei immer alles harmonisch gewesen. An einen Vorfall an jenem Tag könne sie sich nicht erinnern.
„Ich bin sehr stolz auf ihn“, sagte sie. Es sei die Lebensgefährtin gewesen, welche die Kinder immer wieder verprügelt habe, weil sie zu „Wutanfällen neigte und eifersüchtig war“. Ihr Sohn sei erschüttert gewesen, habe nichts von den Vorfällen gewusst.
Das sagt Richter Raphael Kania
„Ich habe keine Zweifel daran, was die erste Zeugin gesagt hat. Die Aufnahme ist im Einklang mit dem was sie gesagt hat“, erklärte der Richter. Er gehe dagegen von Falschaussagen beider Söhne aus. „Da haben Sie gute Arbeit geleistet“, wandte sich Raphael Kania an den Angeklagten.
Das Quälen und rohe Misshandeln sei eindrucksvoll zu Tage getreten. Eine Bewährungsstrafe sei nur möglich gewesen, weil seit dem Tatzeitpunkt nichts mehr bekannt geworden sei, schloss der Richter die Verhandlung.