Täglich rollen tausende Fahrzeuge über die Bundesstraße 34 zwischen der Liedermatte und dem Ochsenbuckel in Waldshut. Darunter befindet sich ein von den meisten Außenstehenden unbemerkter Tunnel. Er führt quer zum Straßenverlauf zum sogenannten Drosselklappenhaus des Pumpspeicherkraftwerks Waldshut. Das braune Backsteingebäude steht auf der rechten Seite der B34 in Fahrtrichtung Dogern.
Seit 1951 in Betrieb
„Wir gehen jetzt in die Katakomben“, sagt Nicolaus Römer, technischer Vorstand der Schluchseewerke, bevor Ingenieurin Nadine Zumkeller die Tür zum unterirdischen Stollen auf der Südseite der Straße öffnet. Gemeinsam führen die beiden an diesem heißen Hochsommertag die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter durch das Kraftwerk, das 1951 in Waldshut den Betrieb aufnahm.

Die Politikerin hatte um den Austausch mit dem Energieunternehmen gebeten. „In meiner Laufzeit habe ich gelernt, auf bestimmte Dinge mit der Lupe zu gucken. Das kann man nicht vom Schreibtisch aus“, erklärt Schwarzelühr-Sutter. In Zeiten der Energiewende sei es wichtig, dass die Industrie und die Bevölkerung sich auf eine zukunftsfähige Infrastruktur wie der Stromversorgung verlassen können.
Erweiterung in Häusern und Witznau
Umgekehrt erhofft sich das Unternehmen Unterstützung von der Politik, damit beispielsweise „Genehmigungsverfahren schlanker und händelbarer sind“, erklärt Nicolaus Römer. Genehmigungen brauchen die Schluchseewerke beispielsweise für zwei aktuelle Projekte: „Wir wollen die alten Anlagen in Häusern und Witznau aufrüsten und erweitern“, verrät Pressesprecher Peter Steinbeck.
Ausgestattet mit Helm, Sicherheitsweste und festen Schuhen steigen die Teilnehmer der Führung die Treppe zum unterirdischen Stollen hinab. Dort empfängt sie an diesem Hitzetag eine angenehme Kühle. „Arbeitssicherheit ist bei uns extrem wichtig“, betont Nicolaus Römer. „Früher hatten wir bis zu 20 Arbeitsunfälle im Jahr. Heute sind wir bei null“, fügt er hinzu.
Sechs Meter Durchmesser
Wie nützlich ein Helm ist, bemerken die Besucher schnell. Auf dem schmalen Gang im Tunnel müssen sie immer wieder den Kopf einziehen. „Die Rohre haben einen Durchmesser von sechs Metern“, erklärt Nadine Zumkeller und zeigt auf die beiden riesigen Leitungen.

Durch die Rohre fließt Wasser aus dem Schluchsee, das auf dem Weg nach Waldshut die Kraftwerke in Häusern und Witznau passiert und dabei eine Fallhöhe von 600 Metern überwindet. Im Tal angekommen, treibt es die vier Turbinen im Maschinenhaus an und produziert auf diese Weise Strom.
Wasser wird zurück gepumpt
„Wir erzeugen nicht nur Strom, wir können ihn auch speichern“, sagt Peter Steinbeck. Denn umgekehrt wird vom Kraftwerk Waldshut Wasser aus dem Hochrhein zu den höher gelegenen Kraftwerken Witznau und Häusern bis zum Schluchsee befördert, wenn die Speicherpumpen das Hochspannungsnetz entlasten müssen.
Dieter Flügel, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Tiengen, der die Bundestagsabgeordnete begleitet, will wissen, ob die Fische die nicht ganz freiwillige Reise vom Rhein zum Schluchsee überleben. „Ja, unsere Laufräder und Rechen sind fischfreundlich“, antwortet Peter Steinbeck.

Die 1928 gegründeten Schluchseewerke gehören zu den Pionieren auf dem Gebiet der erneuerbaren Energie. Jahrzehnte bevor Schlagwörter wie Klimawandel, Energiekrise und Fridays for Future in aller Munde kamen, produzierte das Unternehmen bereits sauberen Strom.
Wasserkraft hier, Atomkraft dort
Während nur wenige Meter entfernt, am gegenüberliegenden Rheinufer, die Dampfwolke des Schweizer Atomkraftwerks Leibstadt in den blauen Himmel steigt, betreten die Besucher das Herzstück des Pumpspeicherwerks.
„Das sind mal Schraubenschlüssel“, staunt Rita Schwarzelühr-Sutter im Maschinenhaus über die Werkzeuge, die teilweise bis zu einem halben Meter lang sind. Nicolaus Römer erklärt, dass von den 20 Maschinen der Schluchseewerke an fünf Standorten sich pro Jahr ein bis zwei in Revision befinden.

Bis zu einem Jahr könne so eine Generalüberholung dauern. „Das ist nicht wie bei einem kurzen Boxenstopp mit dem Auto“, sagt der Unternehmensvorstand. In der Regel werden die Maschinen für die Revision komplett zerlegt.
„Ich finde es beeindruckend“, sagt Rita Schwarzelühr-Sutter am Ende des Rundgangs. „Ich bin dankbar, dass wir die Pumpspeicherwerke hier haben. Wir sollten sie behalten“, betont die Abgeordnete.