Der zweite Lockdown hat das öffentliche Leben erneut stark eingeschränkt: Um die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, bleiben Hotels, Restaurants und Kulturbetriebe vorerst bis Ende November geschlossen, und Kontakte müssen auf ein Minimum reduziert werden.

Das bedeutet unter anderem für Bands, Chöre und Musikvereine, dass ihre Mitglieder derzeit nicht proben und zu Präsenzsitzungen zusammenkommen dürfen. Der Gemeinderat jedoch, das nächste Mal am kommenden Montag, darf öffentlich und mit Besuchern tagen.

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Gerhard Hentzel aus dem Ortsteil Gurtweil hat Verständnis für die behördliche Corona-Verordnung, die am 2. November in Kraft getreten ist. „Ich bin selbst Vorsitzender eines Vereins und muss die Vorschriften akzeptieren“, sagt er in einem Telefongespräch mit dieser Zeitung. Dies falle ihm nicht schwer, „denn die Gesundheit meiner Mitglieder ist mir wichtig, und außerdem gehöre ich mit meinen 67 Jahren zur Risikogruppe“.

Gerhard Hentzel.
Gerhard Hentzel. | Bild: Alfred Scheuble

Unverständlich findet Hentzel hingegen, dass kommunalpolitische Gremien weiterhin öffentlich, also im Beisein von Bürgern, in Waldshut-Tiengen tagen. „Dass die Sitzungen öffentlich sind, damit habe ich Mühe“, erklärt Hentzel, der mehrere Jahre Mitglied des Ortschaftsrats Gurtweil war.

„Ich muss als Zuhörer zwar nicht hingehen, aber wenn es angeboten wird, schafft dies Begehrlichkeiten“, findet er und gibt außerdem zu bedenken, dass an den Sitzungen mehr als zehn nicht miteinander verwandte Personen, die aus mehr als zwei verschiedenen Haushalten stammen, zusammenkommen, wie es aktuell für sonstige Treffen in privatem und öffentlichem Raum untersagt ist.

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Warum tagen Ortschaftsrat und Gemeinderat angesichts der aktuellen Lage nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit? Mit dieser Frage hat sich Gerhard Hentzel an die Redaktion gewandt. „Nein, dies ist nicht zulässig und würde den Grundsatz der Öffentlichkeit (nach Paragraf 35 der Gemeindeordnung) verletzen“, heißt es dazu auf Nachfrage aus dem Rathaus. „Nur wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern, dürfen beziehungsweise müssen Sitzungen nichtöffentlich abgehalten werden“, erläutert Oberbürgermeister Philipp Frank in einer schriftlichen Stellungnahme.

Allenfalls könnten Tagesordnungspunkte im sogenannten schriftlichen Verfahren dem zuständigen Gremium zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Von dieser Möglichkeit habe die Stadtverwaltung nach der am 16. März während des ersten Lockdowns kurzfristig abgesagten Sitzung bei zwei Grundstücksangelegenheiten einfacher Art Gebrauch gemacht.

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Während die Gemeinde Murg ihre für Anfang November vorgesehene Gemeinderatssitzung abgesagt hatte, „um uns an die Vorgabe zu halten, Kontakte zu reduzieren“, wie Bürgermeister Adrian Schmidle in einem Bericht dieser Zeitung sagte, hält die Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen an den kommenden Präsenzsitzungen des Gemeinderats und der Ortschaftsräte fest.

„Weil unaufschiebbare Themen anstehen“, begründet Frank die Entscheidung und zählt Personalentscheidungen, die Erschließungsbeitragssatzung für das Baugebiet Homburg und die Haushaltssatzung 2021 auf. „Ohne einen rechtskräftigen Haushaltsplan wäre die Kommune praktisch handlungsunfähig“, betont der Oberbürgermeister.

Überlegungen, die Gremien per Videokonferenz tagen zu lassen, habe es zwar gegeben, teilt Frank auf Nachfrage mit. Jedoch: „In Waldshut-Tiengen haben wir zwei große Stadthallen, die es uns sowohl von den Abständen als auch in Bezug auf Be- und Entlüftung ermöglichen, Präsenzsitzungen unter Einhaltung der geltenden Corona- und Hygieneschutzbestimmungen abzuhalten“, erklärt der OB, warum sich die Stadtverwaltung dazu entschlossen habe, die bisherige Form der Gemeinderatssitzungen beizubehalten.

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