Bis zu den großen Korrekturen des Wehralaufs in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Wehra ein Flüsschen, das in Schlingen und Schleifen durch das Tal mäanderte. Mitunter wurde sie zum reißenden Strom. Auf alle Fälle war sie, wie alte Fotografien belegen, von einem Auwaldstreifen umgeben. Bei den verschiedenen Begradigungen – auch im Zuge des Eisenbahnbaus – wurden die Ufer jedoch von der Eisenbahnbrücke bis oberhalb der ehemaligen Färberei Hummel komplett abgeholzt.

Wehr um 1905: Die Spuren der zwei Jahrzehnte zuvor erfolgten Korrektion des Flussbetts der Wehra sind deutlich erkennbar (Archiv Valenta).
Wehr um 1905: Die Spuren der zwei Jahrzehnte zuvor erfolgten Korrektion des Flussbetts der Wehra sind deutlich erkennbar (Archiv Valenta). | Bild: Reinhard Valenta

Im Laufe der Jahre wuchsen wieder – teils mächtige – Bäume heran und bildeten einen Auwaldstreifen entlang der Wehra. Durch Schädlinge und Krankheiten wurden in letzter Zeit besonders die Eschen und Erlen so geschwächt, dass sie umstürzten oder präventiv umgesägt werden mussten. Die technischen Dienste der Stadt Wehr können ein Lied davon singen. Ihre Sägekünste kommen zur Vermeidung von Gefahren vermehrt zum Einsatz. Immerhin sind die idyllischen Pfade und Wege entlang der Wehra beliebte Strecken für Spaziergänger oder Jogger.

Gibt es hier bald eine Biberburg zu bestaunen?

Nun ist aber ein anderer Säger, oder genauer gesagt: Baumeister am Werk. Er übernimmt das Fällen der Bäume sogar freiwillig beziehungsweise aus angeborenem Trieb. Bereits im September wurde am Auslauf des Stausees ein Biber gesichtet. Für ihn war hier Endstation. Damals waren die Erneuerungsarbeiten am Kleinwasserkraftwerk noch im vollen Gange. Außerdem verhinderte die mächtige Stauanlage den Erkundungstrip des Bibers hinauf zum Oberlauf der Wehra. Die etwa 200 Treppen zur Dammkrone, auf denen einst Wehrs Weitspringerass Rainer Wenk Kraft für seine Rekorde aufbaute, wollte sich der Nager offenbar nicht zumuten.

Am Auslauf des Stausees, direkt unterhalb des Betonwerks des Notauslaufs bei der Brücke: Ein Biber hat über´s Wochenende einen Baum gefällt.
Am Auslauf des Stausees, direkt unterhalb des Betonwerks des Notauslaufs bei der Brücke: Ein Biber hat über´s Wochenende einen Baum gefällt. | Bild: Reinhard Valenta

Seit einigen Wochen herrscht jedoch Ruhe am kleinen Kraftwerk. Die Arbeiten sind beendet, die Arbeiter sind weitergezogen. Das scheint auch der Biber bemerkt zu haben und nutzte die Chance. Husch, kehrte er zurück und fällte den ersten Baum für seine geplante Biberburg. Schade, dass sich der tüchtige Baumeister die falsche Stelle für seine Existenzgründung ausgesucht hat. So nah am erneuerten Kleinkraftwerk, das bald Strom produzieren soll, wird die Biberburg wohl nicht von Dauer sein.

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