Viele Kommunen führen einen Lärmaktionsplan durch. Laut EU-Richtlinie von 2002 sind sie dazu verpflichtet, denn in bestimmten Gebieten – vor allem in Bereichen von Schulen, Kirchen und Wohnsiedlungen – sollen Menschen vor Lärm geschützt werden. Denn: Lärm wirkt sich negativ auf das vegetative Nervensystem aus und beeinflusst laut Studien sogar unser Herz-Kreislauf-System.
Ausweitung bestehender Tempo-70-Zonen
Nun wurde jüngst im Wehrer Gemeinderat abgestimmt, diesen Lärmaktionsplan auch die nächsten Jahre fortzuschreiben. Alle fünf Jahre wird der Plan aktualisiert, was an diesem Abend nicht im Sinne aller Stadträte war. Früher habe man über einen lärmoptimierten Fahrbahnbelag diskutiert, war zu hören. Diesmal ging es um eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Kilometer pro Stunde im gesamten Bereich der B¦34 in Wehr-Brennet. Außerdem soll die 70 auf der B518 von Brennet kommend in Richtung Wehr fahrend, ab Höhe der Schule in Öflingen bis zur schon bestehenden Temporeduzierung auf Höhe der Firma Kownatzki eingeführt werden. (Hinweis d. Redaktion: Hier stand zuvor, dass die 70 hm/h ab Kreisel bis zum Kindergarten kommen sollen.)

Wenn die gemessenen Werte oft nur zwei bis drei Dezibelpunkte über dem Richtwert von 70 lagen, so sei dennoch der Wert überschritten, unterrichtete Wolfgang Wahl vom Freiburger Büro Rapp. Jedoch dürfe man nicht außer Acht lassen, dass seit 2022 neue EU-weit geltende Lärmkarten erstellt wurden, um innerhalb der EU eine Vergleichbarkeit zu schaffen. „Vielerorts werden jetzt deutlich mehr lärmbelastete Menschen ausgewiesen, obwohl sich die Lärmsituation nicht wesentlich geändert habe oder sogar Lärmschutzmaßnahmen ergriffen wurden“, lautet es aus einer offiziellen Stellungnahme des Landesumweltministeriums Baden-Württemberg.
In Wohngebieten wurden hier Lärmwerte gemessen, die laut Angaben den zumutbaren gesetzlichen Grenzwert von 70 dB (Dezibel) überschritten haben und auf Dauer so nicht mehr tragbar seien.
Es besteht Handlungsbedarf
„Der Lärmaktionsplan ist nur ein Zwischenschritt“, sagte Experte Wahl. Gegenstand seines Vortrages waren die Ergebnisse von Untersuchungen der großen Bundesstraßen. 130 Personen würden demnach im Ortsteil Brennet mit dem Messwert von 73 dB im lärmkritischen Bereich leben. „Nachts steigt die Zahl der betroffenen Personen sogar auf 500 mit etwa 76 dB (a)“, informierte Wahl.
Es sei nicht trivial und es bestehe Handlungsbedarf, hob Bürgermeister Michael Thater hervor. Auch verwies er darauf, dass das Tempolimit von 70 Kilometern pro Stunde auf der B34 bisher nur ein kleiner Bereich sei. Es gebe nicht überall Lärmschutzwände. Der Austausch des Fahrbahnbelags sowie die Temporeduzierung seien effektive Maßnahmen, die Lärmsituation vor Ort zu ändern.
Das Thema ist polarisierend. Das zeigte die Abstimmung über die Fortschreibung des Lärmaktionsplanes im Wehrer Gemeinderat. Letztlich haben von 14 anwesenden Stadträten nur 10 zugestimmt, bei vier Nein-Stimmen. Demnach beantragt die Stadt bei der Straßenverkehrsbehörde die Geschwindigkeitsreduzierungen.
Das sagen die Räte
Bei Stadtrat Stefan Tussing (CDU) brodelte es. Tussing ärgerte es, dass „immer irgendwelche Planungsbüros hier vor Ort sind, die viel Geld kosten“ und gab zu bekennen, dass er diese Form von Lärmplanung ablehne. Das ganze Prozedere sollte seiner Meinung nach vereinfacht werden. „Wir können doch nicht alle vier Wochen ein neues Büro beauftragen“, sagte er. Stefan Engel (Grüne) führte aus, er verstehe Tussings Standpunkt für Autofahrer nicht: „Lärm muss reduziert werden.“ Auch Kurt Wenk (SPD) sprach im Namen seiner Fraktion und begrüßte die Absenkung der Geschwindigkeit. Stadträtin Claudia Arnold (Grüne) war es wichtig zu fragen, ob die topografische Lage bei der Berechnung berücksichtigt und die Fahrbahnbeläge Teil des Lärmaktionsplanes seien.
Paul Erhart (CDU) interessierte sich dafür, ob Tempo 70 eine Zwischenlösung sei, oder ob da noch weitere Limits kämen. Eine generelle Drosselung auf Tempo 70 auf der B518 bei Öflingen bis zur Schule sehe Matthias Jehle (AfD) nicht. An einzelnen Stellen auf der B518 könne man ohnehin nicht schneller fahren.
Für Bürgermeister Thater sei das Ganze eher eine Abwägungsfrage, und für ihn letztlich eine kluge Entscheidung, wie er ausführte: „Wären wir im Landkreis Lörrach, würden wir hier sicher über 50 km/h diskutieren.“