Es ist sein Abend – und doch wirkt Jürgen Weih nicht wie ein strahlender Sieger, sondern wie ein Mensch, dem Ehre zuteil wird und der nicht so recht weiß, in welche Westentasche er diese stecken soll. Seit 1974 steht Jürgen Weih auf der Bühne der Giraffen. Und auch an diesem Abend singt er, zusammen mit seiner Tochter Angela Weih, Hans Peter Hummel und Dieter Roge, als „abgesoffenes Quartett“ – alle im Bademantel und passend zum Motto des Bunten Abends: Wollmatinger Wasserwelten.
„Das erste Mal bin ich 1974 bei einem bunten Abend aufgetreten, damals mit dem Akkordeon“, erinnert sich Jürgen Weih. Der „Maurer-Karle“, damaliger Giraffenpräsident, habe ihn angesprochen. „Ich bin damals aber schon ständig mit den Giraffen mitgezogen“, sagt Weih. Erst zwei Jahre nach seinem Debüt durfte Jürgen Weih auf der Bühne singen – die eigentliche Leidenschaft des Giraffenmitglieds, der sogar eine Gesangsausbildung absolvierte. Unnötig zu erwähnen, dass Weih kurze Zeit später seine Frau bei einem gemeinsamen Ausflug zu den Fürstenberglern kennenlernt.
Die Ehre wird Jürgen Weih von den Giraffen liebevoll zugetragen: Nach seinem Auftritt steht sie neben ihm, die Torte in Form einer großen 50. Die Mitglieder seines Quartetts singen auf der Bühne ein Dankeslied: für viele Jahre Treue, für die Ideen, für seinen Einsatz. „Wir sind deine größten Fans.“

70 Jahre Garde
Doch noch ein zweites Ereignis macht diesen Bunten Abend 2024 ungewöhnlich: 70 Jahre hat die Garde der Giraffen in den Beinen. Das sieht man ihr nicht an, schon gar nicht ihrer Leiterin Franziska Roge, seit 15 Jahren bei der Garde, seit fünf Jahren Trainerin. „Die Garde ist ein Teil meines Lebens, wir erleben dabei Freundschaft und einen extremen Zusammenhalt“, sagt sie. Und da das auch früher schon so war, holt Roge die Personen auf die Bühne, die vor vielen Jahren vor den Augen der Zuschauer tanzten. Zum Beispiel Marlies Degen mit ihren 85 Jahren.

„Ich war vor etwa 70 Jahren Gardemädchen, 1955 habe ich zum ersten Mal bei einem Bunten Abend getanzt“, sagt sie. Der Stolz, dabei zu sein, der Spaß am Tanzen, all dies ist gleich geblieben. Aber Unterschiede gebe es durchaus. „Wir mussten unsere Kostüme selbst aus Leintüchern nähen.“ Die Stiefel hätten sie oft selber angestrichen. Marlies Degen hat die Leidenschaft fürs Tanzen und die Fasnacht weiter gegeben: Tochter und Enkelin sind bei der Garde und sie alle wollen die Gemeinschaft nicht missen.

Müde? Nicht mehr so gelenkig? Davon kann bei den Giraffen auch 2024 nicht die Rede sein. Im Gegenteil, sie sorgen für Gemeinsinn und -wohl, mindestens der anwesenden Zuschauer, aber auch der Gesellschaft. So kümmern sich Leon Okle und Dario Gehweiler um die Fitness der Zuschauer, Sebi Späth und Sebi Pöhlmann gar um den Personalmangel bei den Fährbetrieben.

Narrenpräsident Krischa Malow hilft als Guru und mit dem Wunderwasser Aqua Omega, (alle, aber wirklich alle) Probleme zu lösen. Fabienne Streibert und Angela Weih sorgen sich – mühevoll – um den Klimawandel. In einem witzigen Finale nimmt sich fast die ganze Bühnen-Crew auf dem Traumschiff ihrer Gäste beim traditionellen Kapitänsdinner an.

Wenn sich auch Themen, Choreografien, digitale Möglichkeiten, der Publikumsgeschmack und die Texthänger ändern: Es bleiben die Dynamik, das Spontane und Freude über die gemeinsam liebevoll geschaffene Bühnenshow. Oder, wie Marlies Degen es ganz bescheiden sagt: „Es war schön, dass man dazugehört hat.“ Und einer lebenserfahrenen 85-Jährigen kann man das gern glauben.