Es kann nur einen geben! So könnte der Titel für das diesjährige Jakobiner-Tribunal lauten. Die Revoluzzertruppe hatte zwei Jahre lang an der Fallbeiltechnik gearbeitet. „Wir hatten überlegt, wie wir drei Delinquenten gleichzeitig guillotinieren können“, so Ekkehard Greis, schließlich galt es, zwei verlorene Jahre wieder aufzuholen. Die Versuche scheiterten jedoch, so dass am Schmotzigen Dunschtig, 16. Februar, um 13 Uhr nur ein Angeklagter vor das hohe Gericht auf dem Obermarkt gezerrt wird.

Wer wird vorgeladen?

„Ein Abtrünniger“, stellt Richter Ekkehard Greis rundheraus fest. „Ein Stockacher, der auf die Reichenau gezogen ist und behauptet, er wäre ein Konstanzer: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung, seines Zeichens Stellvertretender Vorsitzender der CDU und Sprecher für Klimaschutz und Energie.“

Dieses pikante Detail ist allerdings nicht Bestandteil der Vorwürfe, die in der Vorladung niedergeschrieben sind. Hierin heißt es nämlich nur: „Anklage wegen wiederholten Anrennens gegen Energiewände am Bodensee und akuter Gefährdung des gedeihlichen Zusammenlebens durch eine vierspurige Straße von der Schweiz durch Konstanz nach Singen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Wie lauten die Vorwürfe?

„Es sind die Wände, die die Energiewende blockieren“, erläutert Vize-Präsident Axel Ibich und Ekkehard Greis ergänzt: „Jung ist klimapolitischer Sprecher und schafft es nicht, die Wände einzureißen.“ Die Jakobiner werfen dem Bundespolitiker also Totalversagen vor. Er solle sich ein Beispiel an dem vorbildlichen Agieren der Jakobiner nehmen, findet deren Präsident Harry Wölfle.

Wölfle dazu: „Wir setzen Zeichen! Unsere Guillotine ist jetzt mit Photovoltaik ausgestattet.“ Mit funkelnden Augen fügt er an: „Da bekommt der Satz ‚Du wirst hingerichtet beim ersten Sonnenstrahl‘ doch gleich eine ganz andere Bedeutung.“ Der Jakobiner-Präsident ist äußerst zufrieden mit der PV-Guillotine. „Sie geht auf und ab wie ein Reichenauer Radiesleschneider“, schildert Wölfle mit mordlüsternem Blick.

Das könnte Sie auch interessieren

Frevel: Schnellstraße nach Singen!

Noch schwerer aber wiegt für die Jakobiner der zweite Vorwurf: Die vierspurige Straße. Per se wäre an einer solchen Schnellstraße nichts einzuwenden. „Nach Konstanz wäre etwas anderes. Aber nach Singen? Das ist eine bodenlose Frechheit!“, ist der unvoreingenommene Richter Greis erbost. Er weist auf die Ausgrabung der Richtstätte bei Allensbach hin und merkt an: „Schon im Mittelalter war klar: Man hat sich eher am Galgen aufhängen lassen, bevor man nach Singen musste.“

Mehr als nur niederträchtig sei die Brücke von der Insel Reichenau über die B33 auf das Festland, respektive deren Verkehrsführung. „Das ist eine moderne Abschussanlage“, poltert Jakobiner-Präsident Harry Wölfle. „Die ist nur dazu da, dass die Reichenauer Fremde abschießen können.“ Und er unterstellt Andreas Jung damit bodenlose Absicht.

Das könnte Sie auch interessieren

Was sagt der Angeklagte?

Was sagt Andreas Jung zu den haltlosen Anschuldigungen? „Ich habe die freundliche Einladung zum Jakobiner-Weinfest auf dem Obermarkt bekommen“, bestätigt Andreas Jung gegenüber der weltbesten Konstanzer Tageszeitung. Er fühle sich keineswegs als Anklagter. „Erstens bin ich Einwohner des Freistaats Insel Reichenau, zweitens Burgherr der Niederburg und drittens Stockacher Laufnarr. Das sind drei Gründe, warum ich Immunität habe.“

„Ich genieße Immunität“, glaubt der Angeklagte Andreas Jung.
„Ich genieße Immunität“, glaubt der Angeklagte Andreas Jung. | Bild: Hanser, Oliver

Zudem vermutet Andreas Jung, dass die Jakobiner möglicherweise unter Größenwahn leiden könnten, da das Jakobinergericht mitnichten zuständig sei, ihn als Bürger des Freistaats aburteilen zu können.

„Ich erwarte einen freundlichen, netten Plausch. Es wird ein kleines Konstanzer Weinfest auf dem Obermarkt, denn die Revoluzzer fressen nicht ihre Kinder, sondern trinken lieber mit ihnen einen Beaujolais“, erklärt Andreas Jung, der sich überdies sehr geschmeichelt fühlt, denn schließlich würden seine Verdienste in der Vorladung gewürdigt.

Das könnte Sie auch interessieren

„Die Jakobiner sehen meine Leistung, wie ich unermüdlich für die Energiewende eintrete. Und die vierspurige Straße dient nicht nur der Völkerverständigung. Vielmehr ist der Weg frei, so dass die Jakobiner noch schneller zu ihrem geschätzten Beaujolais gelangen.“

Die Jakobiner könnten zudem ihrer eigenen Fehleinschätzung erliegen, denn im Jahr 1999 hatten sie Erz-Fasnachter Helmut Faßnacht zu Unrecht angeklagt, was einen Freispruch zur Folge hatte. Hier sieht Jung eine offenkundige Parallele, denn: „Wir beide werden unserem Nachnamen in vollem Umfang gerecht.“

Freies Geleit in Konstanz?

Wohlwissend, dass freies Geleit in Konstanz nicht unbedingt etwas heißen mag, hat Andreas Jung schon vorgebaut. Vorsichthalber werde er mit einer Abordnung der wehrhaften Reichenauer Bürgerwehr beim Tribunal erscheinen. „Als Schutz vor Willkür“, wie Jung formuliert. „Die Reichenauer sind schon mit ganz anderen Haudegen fertig geworden und haben selbst Hecker von der Insel geworfen. Die jakobinischen Rotkäppchen hingegen sind allenfalls Greisklasse.“

Das könnte Sie auch interessieren

Sollten die Jakobiner widererwarten weitere haltlose Vorwürfe aus der Jakobiner-Mütze zaubern, „werde ich mich mit Händen und Füßen und mit allen rechtsstaatlichen und linksrheinischen Mitteln wehren und alle Register ziehen“, kündigt Andreas Jung an. Schließlich wisse er nicht, welche Personen als Zeugen geladen werden und ob diese nicht vom Gericht bestochen würden.

Die Namen der Zeugen geben die Jakobiner auch nicht dieser Gazette preis. „Die Personen haben noch nie vor dem Tribunal ausgesagt“, erklärt Harry Wölfle. Kennen die Konstanzer diese Personen? Darauf meint der Präsident lediglich: „Es sind alles stadtbekannte Großschwätzer.“

Er hat einen Plan B(erufung)

Wenngleich Andreas Jung optimistisch dem jakobinischen Umtrunk entgegensieht, so hat er gleichwohl einen Plan B in der Tasche. „Wenn alle Stricke reißen sollten, werde ich noch am selben Tag Berufung beim Stockacher Narrengericht einreichen“, sagt er. Da wähnt sich Jung als Stockacher Laufnarr auf der sicheren Seite. Sollte selbst das nichts helfen, sagt Jung: „Auf einen Ehrenplatz im Paradies werde ich bestehen!“