Zur Landtagswahl 2016 leuchtete jeder einzelne Konstanzer Stadtteil auf den Grafiken: grün. Genau fünf Jahre später leuchten sie alle: noch grüner. Die Freie Grüne Liste Konstanz ist im Freudenrausch. „Über 46 Prozent hat Nese Erikli in Konstanz geholt, das ist der Wahnsinn!“, sagt Gisela Kusche, eine von zwei Fraktionssprechern.

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Für die FGL sei es ein Signal, dass sie das Richtige tun im Gemeinderat und auf der richtigen Linie sind. „Auch, wenn wir streiten und man manchmal über uns schimpft.“ Ihre ganz persönliche Hoffnung, sagt sie, liegt nun auf einem Regierungsbündnis „ohne Bremsfunktion“, sprich CDU. Damit es bei Klima und Mobilitätswende weitergehe.

Der Konstanzer Gemeinderat hat sich jüngst 2035 als ambitioniertes Klimaziel gesetzt. Mit der CDU. Konstanz hat einen Oberbürgermeister, der CDU-Mitglied ist, und im Kreistag dominieren die Schwarzen. Machen die Christdemokraten in Konstanz etwas richtig, das der Fraktion in Stuttgart fehlt?

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OB: Diskussion über zukünftige Ausrichtung der CDU

Für den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt ist klar: „Ich erwarte, dass dieses schlechte Ergebnis zum Anlass für eine sehr grundsätzliche Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der CDU in Baden-Württemberg genommen wird.“ Er würde eine Fortsetzung von schwarz-grün begrüßen.

Die Stadt Konstanz braucht für ihre ehrgeizigen Klimaziele die Unterstützung vom Land. Förderprogramme, neue Gesetz, die den Klimaschutz in den Vordergrund stellen, sind zwingend, um 2035 auf kommunaler Ebene zu erreichen.

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Jannis Krüßmann von Fridays for Future Konstanz ist verhalten-optimistisch: „Die Grünen hatten schon in der Vergangenheit Probleme, ihr Wahlprogramm durchzusetzen und sagten, es läge an der CDU. Ich erwarte von der neuen Landesregierung, dass sie Konstanz die rechtlichen Möglichkeiten und finanziellen Mittel für Klimaziele bereitstellen.“

Erstwählerin Josephine Vietor ist voller Hoffnung: „Dass die Regierenden den Klimaschutz vorantreiben. Trotzdem muss man kritisch beurteilen, ob sie es auch tun.“

Corona gibt es ja auch noch

Die Erwartungen an Nese Erikli sind groß. Einer, der weiß, wie sich das anfühlt, ist Andreas Hoffmann. Er war lange das Konstanzer Gesicht der CDU im Landtag und 2011 das erste Opfer einer erstarkenden Grünen, an die er sein Direktmandat verlor. „Ein guter Abgeordneter ist der Außenminister seiner Gemeinden in Stuttgart“, sagt er.

Erikli werde in der Landeshauptstadt für die Konstanzer Klimaziele kämpfen müssen. Das schlechte Abschneiden der CDU in der Konzilstadt liege, da ist er sicher, nicht an Levin Eisenmann. „Sondern an der allgemeinen Stimmung.“

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Der Punkt Klimarettung mag für einige wahlentscheidend gewesen sein. Doch da ist ja auch noch Corona. Hoffmann: „In einer Krise macht der Wähler ungern Experimente.“ Daniel Groß von der CDU-Fraktion im Gemeinderat wünscht sich, dass Erikli „endlich Einsatz für ein zweites Impfzentrum in Konstanz“ zeigt. Begeistert ist er nicht vom Ergebnis: „Es ist sehr schade für Konstanz!“, sagt er. Immerhin: „Mich freut, dass die AfD viele Stimmen verloren hat.“

SPD frustriert, Linke freut sich

Viel verloren hat auch die SPD. Schon bei der Oberbürgermeisterwahl schnitten die Sozialdemokraten mäßig ab – und nun holen die Roten in Konstanz weniger als auf Landesebene. Trotz Petra Rietzler, einer Sympathieträgerin mit Kompetenz in Sachen Bildungspolitik.

Dazu SPD-Stadtrat Jürgen Ruff: „Es ist frustrierend. Nese Erikli kommt offenbar gut an, obwohl ich als Stadtrat von ihr gar nicht viel mitbekommen habe, da habe ich von Jürgen Keck (FDP) mehr mitbekommen, der sehr rührig war.“ Dass Rietzler trotz einer Unzufriedenheit mit Kultusministerin Eisenmann nicht mehr Stimmen geholt habe, sei schade.

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Wegen Eisenmann haben viele Eltern Frust geschoben, bestätigt auch Johanna Vogt vom Gesamtelternbeirat Konstanz: „Wenn man da irrsinnig viele Briefe schreibt und es kommt nichts. Wir hoffen, dass endlich jemand mit Kontinuität kommt und an den Konstanzer Schulen Ruhe einkehrt.“

Eine kleine Überraschung war das Ergebnis der Linken: Die Konstanzerin Antje Behler holte in Konstanz fast sieben Prozent. „Es freut mich sehr, dass wir so zulegen konnten“, sagte sie. Als Grund macht sie unter anderem die „sehr klimabewusste Stadtgesellschaft“ aus.