Hier lernt womöglich bald kein Konstanzer Schulkind mehr das Schwimmen und keine künftige DLRG-Ehrenamtliche die lebensrettenden Fähigkeiten. Es wird immer deutlicher, dass die Türen des Hallenbads am Seerhein für immer geschlossen werden könnten.

Schon jetzt wird es nur auf Widerruf betrieben, weil die Stadt und ihre Bädergesellschaft im Fall einer Gasmangellage das Bad sperren. Künftig allerdings könnte es geschlossen bleiben, weil es der Stadt schlicht an Geld fehlt oder andere Aufgaben für wichtiger gehalten werden.

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Wird Kritik an den Sparplänen am Ende bestraft?

Während die Verwaltung beschwichtigt, es sei noch nichts entschieden, sind die Vereine in höchstem Maß alarmiert. Das zeigen Recherchen des SÜDKURIER. Viele Betroffene wollten sich auf Anfrage gar nicht äußern, weil sie befürchten, dass ihnen daraus Nachteile erwachsen.

Doch Martin Müller vom Stadtsportverband, Ursula Klaußner vom Schwimmklub Sparta und Clemens Menge von der DLRG kämpfen nun öffentlich für den Erhalt des Bades. Und sie fragen auch: Warum will die Stadt Konstanz ausgerechnet an dieser Stelle sparen?

Sie setzen sich öffentlich ein: Sparta-Chefin Ursula Klaußner (links), Clemens Menge (Mitte), der Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe ...
Sie setzen sich öffentlich ein: Sparta-Chefin Ursula Klaußner (links), Clemens Menge (Mitte), der Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe Konstanz, sowie Martin Müller (rechts), Vorsitzender des Stadtsportverbands. | Bild: SK-Archiv

Martin Müller, der Vorsitzende der Stadtsportverbands und damit oberster Interessenvertreter von rund 30.000 Mitgliedern, bestätigte dem SÜDKURIER, dass hinter den Kulissen über eine mögliche Schließung des Bades diskutiert wird. Dort heiße es, die Schulen und Vereine könnten doch ins neue, gegenüber früher deutlich vergrößerte, Schwaketenbad umziehen.

Müller weist dies zurück: „Die Wasserfläche im Hallenbad am Seerhein ist permanent gebucht von Schulen, Vereinen und DLRG.“ Werde all dieser Unterricht, das Training sowie die Aus- und Weiterbildung ins Schwaketenbad verlagert, „dann steht dieses faktisch der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung.“

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Die Stadtverwaltung will zu diesen Szenarien derzeit keine Stellungnahme abgeben. Einen Fragenkatalog des SÜDKURIER zu den Perspektiven für das Hallenbad am Seerhein beantwortete die Pressestelle mit drei knappen Sätzen: „Es liegt ein Prüfauftrag an die Verwaltung für das Hallenbad am Seerhein vor, inwieweit hier Einsparungen vorgenommen werden können. Dieser wird auch bei der ganztägigen öffentlichen HFA-Sitzung am 1.12. thematisiert werden. Aus diesem Grund kann vor Abschluss des Prüfauftrages zu den nachfolgenden Fragen auch noch keine Aussage getroffen werden.“

Am 1. Dezember stellt der Haupt- und Finanzausschuss die wesentlichen Weichen für das Budget der Stadt im kommenden Jahr. Beobachter erwarten ein massives Streichkonzert.

Vor „Abschluss des Prüfauftrags“ bleibt laut Verwaltung auch offen, welche Einsparungen die Bad-Schließung bringen und welche Kosten an anderer Stelle sie auslösen würde. Denn im Moment nutzen vor allem die linksrheinischen, aber auch Petershauser Schulen das Hallenbad für den im Lehrplan verankerten Schwimmunterricht. Zu möglichen Mehrkosten für Bus-Transfers zum Schwaketenbad macht das Rathaus keine Angaben. Auch bleibt die Frage offen, wie teuer der Gebäudeunterhalt auch für ein stillgelegtes Bad wäre.

Durch dieser Tür sind zahlreiche Schulkinder und Vereinsmitglieder getreten und haben im Kur- und Hallenbad das Schwimmen gelernt oder ...
Durch dieser Tür sind zahlreiche Schulkinder und Vereinsmitglieder getreten und haben im Kur- und Hallenbad das Schwimmen gelernt oder perfektioniert. | Bild: Hanser, Oliver

Die DLRG macht sich Sorgen um das Bad

Für Clemens Menge von der DRLG kommt das Rumoren hinter den Kulissen nicht überraschend. Auch er bestätigt, wie immer wieder hochrangige Vertreter der Verwaltung versuchen, Verständnis für einen künftigen harten Sparkurs zu wecken.

Meist fällt in diesem Zusammenhang die Summe von 15 Millionen Euro – so hoch ist auch laut Oberbürgermeister Uli Burchardt die Lücke zwischen dem, was sich Konstanz eigentlich leisten kann, und dem, was die Stadt tatsächlich ausgibt.

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Dass nun ausgerechnet das Hallenbad auf eine Streichliste kommt, findet Clemens Menge empörend. „Hier findet unsere gesamte Ausbildung statt“, sagt er, vom Anfänger-Schwimmkurs bis zu Einsatztrainings, an denen unter anderem auch Feuerwehrleute teilnehmen.

Ein Umzug ins Schwaketenbad würde ihm zufolge genau die Folgen haben, die auch Martin Müller vom Stadtsportverband benennt: Die Öffentlichkeit hätte kaum noch Schwimmzeiten. Und, weil es nur ein flaches Lehrbecken gibt, es müssten Anfänger-Schwimmkurse und Schulunterricht für Nichtschwimmer ausfallen. „Eine Katastrophe in einer Stadt am See, wo es lebenswichtig sein kann, schwimmen zu können“, so Menge auch aus der Erfahrung unzähliger Rettungseinsätze.

Sparta-Vorsitzende spricht von „Trugschluss“

Auch Ursula Klaußner, Vorsitzende des rund 1000 Mitglieder starken Schwimmvereins Sparta, hat gehört, dass das Hallenbad am Rhein bei der Diskussion von möglichen Einsparungen „auf der Liste ganz oben“ stehe. Dass alle Sportler, Schulen und sonstigen Nutzer nun einfach ins Schwaketenbad umziehen könnten, sei „ein völliger Trugschluss“, sagt sie auf Anfrage des SÜDKURIER.

Allein bei Sparta lernten 600 Kinder im Jahr das Schwimmen. Wenn weniger Wasserzeiten zur Verfügung stünden, müsste auch dieses Angebot eingeschränkt werden. Ihr Appell: „Es sollen nicht die Kleinsten und die Jüngsten zuerst die Folgen der Streichungen ertragen müssen.“

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Das verweist auf eine Auseinandersetzung, die weit über das Hallenbad am Rhein hinausgeht. Martin Müller sagt, der Sport genieße im Vergleich zur Kultur viel zu wenig Aufmerksamkeit. Während sich Theater und Philharmonie längst und mit professionellem, steuerfinanziertem Marketing für den Erhalt aller Angebote positioniert hätten, blieben für die zumeist ehrenamtliche Arbeit der Sportvereine zumeist nur warme Worte übrig. Denn es, so der Vorsitzende des Stadtsportverbandes, „es geht nicht nur um das Hallenbad. Auch Miet- und Pachtzuschüsse, die Jugendförderung und sogar Geld für die Sportlerehrung soll gekürzt werden.“